Notbremse nach katastrophalem zweiten Quartal

24.06.1999

HOUSTON/DORNACH: Im ersten Quartal 1999 schwächelte PC-König Compaq nur. Eine Katastrophe aber stellt das Ergebnis des zweiten Vierteljahres dar: Compaq-CEO Rosen geht von ein Minus von über 250 Millionen Dollar aus. Mit einer Roßkur will er den gewaltig strauchelnden PC-Riesen wieder zum Laufen bringen.Mit einer rabenschwarzen Bilanz für das zweite Quartal 1999 mußte Compaq-Interims-CEO Benjamin Rosen aufwarten: Rund 250 Millionen Dollar Verlust, randvolle Lager, eine "ineffiziente Kostenstruktur, mangelnde Wettbewerbsfähigkeit" (Rosen) und außerdem gewaltige Verdauungsprobleme in Sachen Digital plagen den PC-König.

Da der Compaq-Gründer an der Situation des PC-Marktes - anhaltend-massiver Margenverfall - nichts ändern kann, verordnet er Compaq "nach einem tiefen Blick in die Struktur" (Rosen) eine Radikalkur: Dreigeteilt - wie zu Digitals Zeiten -, aber schlank soll das Unternehmen künftig in Richtung Lösungsanbieter mit Fokus "E-Commerce" marschieren.

Wie ernst es ihm ist, zeigt der weltweite Fahrplan: Bereits bis 15 Juli müssen die drei Business- und Profiteinheiten "Enterprise Solution", "Personal Computer" und "Consumer" aufgestellt sein. Die darüber gespannte Sales- und Marketingorganisation soll den eindeutig zentra- listischen Neuauftritt Compaqs kräftig vorantreiben. Auch wenn sich Marktbeobachter fragen, wie Compaq das Programm mit einer weiteren Personalreduzierung stemmen will. Rosen möchte zirka zwei Milliarden Dollar einsparen. "Die Hälfte davon werden Personalkosten sein", rechnet ein Branchenkenner vor und kommt auf weltweit acht- bis neuntausend Entlassungen.

"Davon wird natürlich auch Europa betroffen sein", weiß er. Eine der Aufgaben, die auf Werner Köpf als neuer europäischer General Manager warten. Er löst Andreas Barth ab, der nach elf Jahren "auf eigenen Wunsch" (Barth) aufhört. Köpf war bisher verantwortlich für die General Business Group, die zirka 60 Prozent des europäischen Gesamtumsatzes einfuhr. "Meine Aufgabe ist, Compaq wieder profitabel machen", so Köpf.

Wie die deutsche Compaq-Filiale mit Geschäftsführerin Gerrit Huy reagiert, ist unklar. Dem derzeitigen Mitarbeiterexodus aus der hausintern als "Compaq-Classics" bezeichneten alten Compaq-Garde sei "wenig hinzuzufügen. Dünner geht es nicht mehr" glaubt ein Brancheninsider, "das Kistenpacken geht wohl weiter, solange die neuen Bürokraten das Sagen haben." "Für personelle Konsequenzen ist es noch zu früh", war dagegen von Compaq zu erfahren.

Daß die von Rosen ermittelten Probleme auch für Deutschland zutreffen, bestätigt ein Firmeninsider: "Sie müssen etwas tun." Er nennt als Hauptprobleme der Dornacher "mangelnde Kundenansprache, Qualitätsprobleme und die unklare Partnerausrichtung". Die offizielle Aussage Compaqs zu diesem Vorwurf hört sich so an: "Wir werden den Kanal weiterhin sehr hoch ansetzen." (wl)

Schwere Zeiten für Compaq-Geschäftsführerin Huy: Die alte Digital-Struktur soll Compaq beflügeln.

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