NT-Plus-Chef Elias: Händler sind oft zu passiv

04.09.2003
Kreative Vermarktungsstrategien und neue Kundenbindungskonzepte statt aggressiver Preispolitik mahnte Klaus Elias auf der Veranstaltung "NT Vision" an. Für aktive Händler sieht der Vorstandsvorsitzende der NT Plus AG gute Chancen, trotz Konjunkturflaute schnell wieder aus dem Jammertal herauszukommen.

Eins haben IT und TK gemeinsam: Die Branchen leiden unter Preisverfall und sinkenden Margen. Ansonsten kommt die Annäherung der beiden Bereiche nicht so recht voran.

"Die Konvergenz hat den Durchbruch nicht geschafft", sagte Klaus Elias, Vorstandsvorsitzender von NT Plus auf der Hausmesse des TK-Distributors. Auf der eintägigen Veranstaltung "NT Vision" hatten 1.500 Fachbesucher Gelegenheit, Produkte und Lösungen von über 50 Herstellern in Augenschein zu nehmen und sich auszutauschen.

Immerhin erste Anzeichen für eine Annäherung zwischen IT und TK sieht Uwe Schwellenberg, Geschäftsführer des Systemhauses Telefonbau Schneider. Vor allem Call-Center würden die Möglichkeit nutzen, Mitarbeiter über IP anzubinden. Für Dietmar Steinbrücker, Sales Director SMBS Germany bei Avaya, liegen die Probleme vor allem in den Unternehmen selbst: "IT- und TK-Verantwortliche wollen häufig nichts miteinander zu tun haben." Auch seien die Anforderungsprofile in beiden Bereichen sehr unterschiedlich: "Ein Sprachnetz muss 100 Prozent verfügbar sein, das leisten Datennetzen oft nicht."

Positive Entwicklung im Mobilfunkmarkt

Wenig Probleme haben dagegen die Partner der Mobilfunk-Provider. Das Geschäft wächst, und auch die Netzbetreiber sind mit der Entwicklung ausgesprochen zufrieden: "Die Strategie, über indirekte Kanäle zu gehen, ist voll aufgegangen", sagt Alp Zarifoglu, Key-Account-Manager Consumer Channels, Vertrieb Geschäftskunden bei O2. Der Multimedia-Messaging-Service MMS bringt den Netzbetreibern außerdem erfreuliche Zuwächse im Datengeschäft. "Mit etwas Glück wird das Jahresendgeschäft durch MMS für Netzbetreiber und deren Partner sehr erfreulich", glaubt auch Elias. Bereits jetzt lägen die Zahlen mit 40 Prozent über Plan. Wenig Hoffnung setzt der NT-Plus-Chef dagegen auf die nächste Mobilfunkgeneration UMTS: "Wir planen für 2004 keinen einzigen Euro UMTS-Umsatz in unserem Budget." Das Geschäft unterscheide sich außerdem stark vom herkömmlichen Mobilfunk-Business: "Wir erwarten eine völlig andere Klientel am Point of Sale (PoS)."

DSL-Boom findet ohne Fachhändler statt

Im Festnetzbereich stagniert jedoch das Geschäft. Der DSL-Markt boome zwar - aber ohne die Fachhändler, so Elias. Weil die Telekom die Marge reduziert habe, verzichteten viele Partner auf die Vermarktung der Angebote. "Das Rennen machen dann Internet-Serviceprovider wie 1&1 und verkaufen damit beispielsweise Webspace." Elias hält die Haltung der Händler für kurzsichtig: "Die Partner dürfen neue Vertriebskonzepte wie Cross Selling oder Kundenbindungsprogramme nicht vernachlässigen." Doch soweit sind die meisten noch nicht. "Im ITK-Bereich gibt es 50.000 bis 60.000 PoS in Deutschland, aber nur wenige nehmen Angebote wie beispielsweise NT Finance wahr", wundert sich Elias. Dieses Paket erleichtert das Alltagsgeschäft und erhöht die Kundenbindung. Es besteht aus Wirtschaftsinformationsdienst, Leasing, Factoring sowie Inkasso und wird von NT Plus seit Februar 2003 in Kooperation mit Partnern angeboten (siehe Kasten). In Kürze soll auch noch ein Modul für Ratenzahlung hinzukommen. Das Interesse der Fachhändler ist noch verhalten, und auch die auf der Hausmesse angebotenen Informationsveranstaltungen waren nicht überlaufen. Immerhin nahmen 60 Teilnehmer die Möglichkeit wahr, sich kostenlos für das Programm zu autorisieren.

Tragweite von Basel II nicht erkannt

Dabei hätten die Händler allen Grund, sich mit dem Thema auseinander zu setzen, meint Christian Vollert, TK-Experte bei der Deutschen Bank: "Im Rahmen von Basel II werden Finanzinstitute zukünftig bei der Kreditvergabe sehr viel stärker auf ihr Risiko achten und für die Bewertung Kriterien wie die Eigenkapitalquote heranziehen." Doch die meisten Händler hätten von buchhalterischen und betriebswirtschaftlichen Grundlagen nur wenig Ahnung, sagt Elias: "Viele Händler wissen nicht einmal, wie hoch ihre Eigenkapitalquote ist." Aber nicht nur, wenn es um Finanzservices geht, vermisst der NT-Plus-Chef Eigeninitiative bei seiner Zielgruppe: "Bei allen Angeboten, die nicht direkt mit Preis und Produkt zu tun haben, sind die Partner nur sehr schwer zur Teilnahme zu motivieren." Doch er will nicht alle über einen Kamm scheren: "Es gibt viele sehr aktive Händler mit cleve-ren Vermarktungskonzepten." Aber das Gros verharre eben vor sinkenden Preisen und verfallenden Margen wie das Kaninchen vor der Schlange - ein Fehler, wie Elias meint: "Vor allem Angst und Unsicherheit machen preisaggressiv."

Geiz ist zwar vielleicht geil, aber kein Allheilmittel, sagt auch Clemens Joos, President Cordless Phones bei Siemens ICM: Gerade die Firma, die mit dem bekannten Geiz-Slogan werbe, habe mit Ergebnisproblemen zu kämpfen. Doch so ganz kalt lässt der Preiskampf auch Joos nicht. Im Jahresendgeschäft wird sich Siemens mit Schnurlostelefonen für rund 40 Euro deutlich unter der bisherigen Preis-Range positionieren.

NT Plus will "durchstarten"

Während die Stimmung unter den Händlern verhalten ist, strotzt NT Plus vor Optimismus und Selbstbewusstsein: "Wir sind mit dem Geschäftsverlauf 2003 sehr zufrieden und werden noch sehr positive Nachrichten vermelden können", so Elias. Die Eigenkapitalquote liege bereits über Plan, das Rating sei exzellent.

Im kommenden Jahr wolle man endgültig durchstarten und massiv Marktanteile gewinnen. Das ist auch nötig, denn Pleiten, Pech und Pannen im vergangenen Jahr haben Umsatz und Kunden gekostet: "Wir konnten 2002 nicht die Zahlen des Jahres 2001 erreichen, haben aber in allen Unternehmensteilen schwarze Zahlen geschrieben", sagt Elias. Vor allem die Probleme mit dem neuen Logistikzentrum Staufenberg haben den Geschäftsverlauf belastet.

Statt wie geplant drei Monate, dauerte die Umstellung ein halbes Jahr und verursachte hohe Reibungsverluste. Schuld daran waren laut Elias vor allem Softwareprobleme: "Es hakte an den Schnittstellen, Lieferungen passten nicht zu den Bestellungen und die wieder nicht zu den Rechnungen."

Keine Probleme scheint dagegen die laufende Umstellung auf das Enterprise-Resource-Planning-Sys-tem (ERP) Navision zu machen. "Der Prozess verläuft absolut schmerzfrei", versichert Elias. Rund 40 Prozent der Systeme seien bereits umgestellt, bis Ende des Jahres werde der Prozess beendet sein. Dann greifen sämtliche Mitarbeiter auf eine einzige Datenbank zu. "Wir werden dann 30 bis 40 Prozent schneller und mindes-tens 20 Prozent kostengünstiger arbeiten können als vorher", glaubt der Vorstandsvorsitzende. Der NT-Plus-Chef ist nach wie vor überzeugt, dass die Wahl von Navision richtig war: "SAP wäre für ein Unternehmen unserer Größe tödlich."

ComputerPartner-Meinung

Auch wenn die Situation im TK-Markt weiter schwierig ist, sollten sich Händler nicht entmutigen lassen. Wie das Beispiel der DSL-Vermarkter zeigt, lassen sich mit cleveren Cross-Selling-Angeboten auch Produkte profitabel verkaufen, die allein wenig Marge versprechen. Im Jahresendgeschäft wird deshalb der gewinnen, der mit kreativen Lösungen den Kunden echten Mehrwert bieten kann. (haf)

Das Dienstleistungsangebot "NT Finance"

Das Serviceangebot von NT Plus besteht aus vier Bausteinen:

Wirtschaftsinformationen: Händler erhalten Auskunft unter anderem über Gesellschaftsform, Geschäftszweck und Zahlungsmoral eines Unternehmens, allerdings keinen Bonitäts-Index. Die Auskunft erfolgt per E-Mail innerhalb von 24 Stunden nach einer Anfrage. Sie kostet 20 Euro.

Leasing: Über das Partnerweb des Kooperationspartners Südleasing können Händler Leasingverträge abschließen. Das Angebot gilt für selbst genutztes Equipment und für die Ausrüstung gewerblicher Endkunden. Die Leasingdauer muss dabei 40 bis 90 Prozent der Nutzungsdauer betragen. Voraussetzung ist die Teilnahme an einer Autorisierungsschulung.

Factoring: Teilnehmer können Forderungen an den Partner Crefo-Factoring übergeben. Sie erhalten 80 Prozent der Brutto-Forderungssumme sofort, den Rest nach Zahlung durch den Endkunden oder spätestens nach 150 Tagen, wenn keine Zahlung erfolgte. Die Gebühren für den Service liegen ja nach Umsatz zwischen 0,7 und 5 Prozent der Rechnungssumme.

Inkasso: NT-Plus-Partner übernehmen Forderungseinzug und Mahnwesen. Titel werden über die gesamte Laufzeit überwacht. Der Händler erhält eine Bewertung ausstehender Forderungen für seine Bilanz.

Demnächst will NT Plus außerdem einen Finanzierungsservice für den Ratenkauf von Endkunden anbieten. (haf)

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