Nur dabei sein ist nichts!

10.05.2000
Olympische und biologische Weisheiten

Nun haben wir doch noch unseren Liebling der Spiele erkoren. Kurz vor Schluss hat eine 35-jährige Heike Drechsler dem olympischen Gedanken gezeigt, wo der Bartel den Most holt. Zwar ist sie zu alt, um sich erfolgreich für einen Arbeitsplatz in der IT zu bewerben, aber für Gold in Sydney reichte es bei der Neupfälzerin allemal. Ähnlich der Platzierung Deutschlands in Sydney sind auch zumeist die Vorgaben an Stellenbewerber im weltweiten Vergleich unter ferner liefen. In einer beispielhaften Aktion hatte ein Arbeitsamt in einer ganzseitigen Anzeige die anonymisierten Daten der EDV-Bewerber in ihrem Bezirk veröffentlicht. Mit süffisanten Seitenhieben auf die Inder-Aktion standen in der Anzeige mehr Jobsuchende zu Verfügung als offene Stellen in der seriösen Tageszeitung angeboten wurden. Nachteilig bei allen Bewerbern: Zumeist fand sich kein Doktortitel, oder das Alter hatte die Pubertät bereits deutlich überschritten. Im Klartext, alte Leute über vierzig mit der krankhaften Vorstellung, sie wären als Computerspezialisten noch brauchbar. Mal ehrlich, wollten Sie so einen Vatertyp in Ihrem jung-dynamischen, hoch motivierten und nach einer Mischung von Hugo Boss und Clerasil duftenden Team haben? Oder so eine Gold-Omi, die zwischen zweitem Kind und erstem Hund noch mal auf Maloche geht, der Selbstverwirklichung halber. Das Motto der jungen Generation "Schnell lernen, noch schneller vergessen", wäre für uns designierte Senioren normalerweise ein Vorteil, sind unsere Erkenntnisse doch auf Erfahrung aufgebaut. Doch erklären Sie das mal einem Personalchef, der Zweifel hinsichtlich seiner Volljährigkeit weckt. Dabei können die Alten noch so viel mehr. Hierzulande blockieren sich die IT-Unternehmen selbst. Anstatt offensiv und risikobereit zu werben, fordern sie Traumpersonal für ihre "Unter 30"-Mannschaften. Nutznießer sind die Personalagenturen, die ohne großes Risiko erfahrene Fachleute zu horrenden Summen an bedürftige Unternehmen verleihen. Aus den vorhandenen Beschäftigungsvarianten nur die Vorteile herauspicken und die Nachteile mit Geld auszugleichen, hat gerade in den neuen Berufen zu katastrophalen Zuständen geführt. Nirgendwo dreht sich das Personalkarussell schneller, ist Frust besser bezahlt. Die Folge: Kaum sind die Leute eingearbeitet, haben sie schon wieder die Schnauze voll. Dabei gewesen zu sein, ist eben nicht alles - aber wer fragt schon mit zwanzig nach dem Sinn des Lebens?

Mein Fazit: Früher, als die Erde noch rund war und nicht digital, kam die berufliche Karriere nach dem Sport, heute sind Ex-Manager im besten Fußballeralter.

Bis demnächst, Euer Querschläger!

Der ComputerPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz.

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