Partner-Echo zwischen Skepsis und Hoffen

16.12.2004
Big Blue will seinen Partnern den Verkauf seiner PC-Abteilung an Lenovo als neue Chance gegen Dell und Co. verkaufen. Doch dieser Botschaft begegnet der Channel mit verständlicher Skepsis. Von ComputerPartner-Redakteur Wolfgang Leierseder

Natürlich werden sich die IBM-Rivalen Hewlett-Packard (HP) und Dell die Hände reiben: Der 1,75 Milliarden Dollar teure Verkauf der PC-Abteilung IBMs an die chinesische IT-Größe Lenovo (siehe Kasten) wird ihnen Kunden zuspülen. Das ist nicht nur in dieser Branche normal. "Schon jetzt geben sich die Konkurrenten bei IBM-Partnern die Klinke in die Hand. Sie sollen abgeworben werden", weiß Haitec-Vorstand Jochen Furch. Denn der Verkauf bewirkt zwingend: Zuerst wird die Bindung der Kunden an Big Blue gekappt - "wenn IBM seine PCs so unwichtig findet, dann geht es mir genauso", beschreibt der Geschäftsführer eines bayerischen Business-Partners von IBM diese Reaktion.

Weitere geschäftskritische Zweifel von IBM-Partnern gefällig? Hier sind ein paar, alle gegenüber ComputerPartner geäußert: "Wie steht es mit dem Support? Wer ist mein Ansprechpartner? Was gilt meine Investition in die Think-PCs der Personal Desktop Division (PCD) in zwei Jahren? Erhalte ich Busi-ness-PCs bei Lenovo - das PCs auch im Consumer-Markt anbieten will? Oder bekomme ich nur mehr nur verwässerte PCs, ohne eigene Innovationen bei Ergonomie, Verwaltbarkeit und Verfügbarkeit?"

Diese Fragen kennt man bei IBM. Und die Distributoren stellen sich Fragen bezüglich Vertragstreue und kontinuierlicher Versorgung mit PCs, Roadmaps und weit reichenden Informationen.

Mehr noch: Nachdem sich bei Big Blue auch Fragen von Thinkpad-Centern und Express-Partnern, Systemhäusern und VARs stauen, hat sich IBM entschlossen, offensiv die Übergabe seines PC-Geschäftes an Lenovo zu vertreten.

Es werde sich in den "kommenden Monaten hinsichtlich ihrer Geschäftsbeziehungen mit IBM nichts ändern", beschwört Giuseppe Giuliani, verantwortlich für die europäischen Business-Partner, die Partner in einer Mail. Und er verspricht, dass Partner durch das "neue Lenovo-Unternehmen", an dem IBM mit 18,9 Prozent beteiligt ist, dessen Hauptsitz in New York liegt und dessen Forschung in Raleigh, also bei Big Blue, beheimatet ist, eine "neue Grundlage" bekommen würden. Damit will er dem Händlern mitteilen, dass Lenovo dem Konkurrenten Dell bei der Kostenstruktur gleichkommen, vielleicht sogar übertrumpfen könne.

Die Ausführung entscheidet

Entsprechend formuliert auch Marc Fischer, D-A-CH-Verantwortlicher der PC Divison, gegenüber ComputerPartner: Für Part-ner werde sich "so gut wie nichts ändern". Das "Partner-World"-Programm werde "1:1" in das neue Unternehmen eingebracht. "Es wird weitergelebt." Das Gleiche gelte für den Service: "Er wird sichergestellt." Langfristig? "Wir wissen, dass die ,Execution? entscheidend ist, ob es eine Erfolgsgeschichte wird", sagt Fischer.

Es werde mit Hochdruck an der Übernahme der rund 10.000 Mitarbeiter IBMs sowie den Management-Strukturen gearbeitet. Beide Unternehmen würden darauf achten, dass die Mitarbeiter bleiben.

"Verlässlichkeit", "Berechenbarkeit" - das sind die Begriffe, die Fischer immer wieder betont - welche auch sonst?

Skeptische Partner

Doch ob er damit die Zweifel der Partner zerstreuen kann, ist offen. "Mit dem Verkauf der PC-Abteilung ist bei IBM die Luft raus", wagt ADA-Vorsitzender Joachim Prinz seinen Blick in die Zukunft. Ihm zufolge werden als Erstes die hohen Service-Level IBMs fallen. "Das in den vergangenen Monaten zu bemerkende starke Engagement IBMs" werde leiden - weil den Mitarbeitern der neuen Firma die Motivation fehlen werde, sich für eine Abteilung zu engagieren, die nicht mehr zum Fokusbereich zähle.

Zweitens werde, auch wenn das IBM-Logo auf den Desktop-Rechnern und Notebooks stehen werde, der Brand, anders als bisher, nicht mehr selbstverständlich sein. "IBM musste den Brand nicht hochhalten - er war einfach da", sagt Prinz.

Ab sofort müssten Partner anders gegenüber "abwartenden Kunden" argumentieren. "Diese werden sich das Ganze anschauen" - was heißt, sie "werden bei Investitionen genau darauf achten, zu welchen Konditionen sie bei uns einkaufen, welchen Support bei Austausch von Teilen, Ersatz, Garantie und Wartung wir ihnen garantieren können". Der ADA-Chef gibt sich offensichtlich nicht der Illusion hin, dass IBM sein PC-Engagement wie bisher verfolgen werde. "Es wird anders werden."

Ähnlich, aber "schmerzfrei", sieht das Haitec-Chef Furch. Seine Zukunftsprognose zum PC-Umsatz IBMs lautet: "Er wird fallen."

Dagegen hat sich Ralph Klenk, Vorstand der Bechtle AG, dazu entschlossen, das Geschehen abwartend bis hoffnungsvoll zu betrachten. Einerseits erwartet er "schlankere Strukturen" und damit "mehr Zug im Markt" von dem neuen Eigentümer, andrerseits sei es nun an diesem, die Partner zu überzeugen. "Wir werden ihm die Chance geben." Das tut auch Andreas Pohlmann, Geschäftsführer der Sotec GmbH und First-Tier-Partner: "Die Lenovo-Leute sind alles andere als träge oder dumm. Die wollen ganz vorne im Markt mitspielen."

"Ich werde Sie weiterhin mit Informationen auf dem Laufenden halten", schreibt IBM-Manager Giuliani den Vertriebspartnern. Das muss er ganz sicher.

Meinung des Redakteurs

Der PC-Eiertanz IBMs ist zu Ende. Lenovo soll richten, was IBM nicht gelang: den langen Marsch zu Dell zu stoppen. Doch damit das gelingen kann, müssen IBM und Lenovo die vielen Partner durch Taten überzeugen. Ab sofort, ohne Atempause. Der Zeitplan ist sehr eng - besonders für die Channel-Verantwortlichen.

Was bedeutet der IBM-Lenovo-Deal?

Das chinesische Unternehmen Lenovo (früher Legend) wird durch den Kauf zum drittgrößten PC-Anbieter weltweit mit 7,7 Prozent Marktanteil - hinter Dell mit 16,7 und HP mit 15 Prozent.

Die künftig von Lenovo hergestellten Rechner werden noch fünf Jahre das IBM-Logo tragen. IBM wird Personalcomputer von Lenovo beziehen. Zugleich wird IBMs Kernmannschaft Global Services zum bevorzugten technischen Dienstleister für Lenovo und wird auch weiterhin Kundenfinanzierungen anbieten. Die 10.000 IBM-Beschäftigten im PC-Segment - mehr als 4.000 Mitarbeiter sind schon in China beschäftigt - sollen für Lenovo arbeiten. Die weltweite Lenovo-Zentrale für das PC-Geschäft wird in New York angesiedelt. Der Verkauf soll im zweiten Quartal 2005 abgeschlossen sein.

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