PC-Markt: Auguren machen Hoffnung für das nächste Jahr

11.02.2000
In einer so schlechten Verfassung, wie man nach einigen Aussagen von USHerstellern meinen könnte, ist der PC-Markt nicht. Die Nachfrage ist da, in dem einen Land mehr, im anderen weniger. Im nächsten Jahr soll es aber einen kräftigen Schub geben: ein Wachstum um 25 Prozent und mehr.

Die Marktforscher von Dataquest und IDC legten jetzt die Zahlen für das dritte Quartal im PC-Markt vor. Das wichtigste Ergebnis: Der PC-Markt ist nicht auf ganzer Fläche zusammengebrochen. Auch in Europa nicht, wie man es in den vergangenen Wochen von verschiedenen Herstellern immer wieder hören konnte, die ihre schlechten Ergebnisse mit einem flauen Europageschäft zu erklären versuchten. Die Wahrheit ist, dass das Wachstum in Westeuropa mit einem Plus um 11,7 Prozent fast auf USA-Niveau lag (IDC beziffert den Anstieg in den USA sogar nur auf 9,5 Prozent). Im ganzen Bereich Emea (Europa, Mittlerer Osten und Afrika) lag die Steigerungsrate sogar über der in den USA.

Das dritte Quartal in Europa war nach Angaben von IDC geprägt von einer starken Nachfrage im Consumer-Segment und bei Notebooks. Dagegen beobachten die Auguren eine unveränderte Investitionszurückhaltung bei Firmenkunden. Desktops und Server blieben oftmals in den Lagerhäusern. Am stärksten betroffen war der französische Markt, wo die Serverzahlen sogar rückläufig waren. Auch in Deutschland setzte die Branche weniger Desktop-PCs als im vergleichbaren Vorjahresquartal ab, berichtet IDC. Gut dagegen die Stimmung auf der britischen Insel: Hier steigt die Nachfrage wieder an.

25 Prozent Plus - aber erst 2001

IDC und Dataquest erwarten erst im kommenden Jahr eine substanzielle Verbesserung der Nachfrage im Firmenkundensegment. Dann aber rechnen die Auguren mit Wachstumsraten von 25 Prozent und mehr, sowohl in den USA als auch in Europa. Der Grund: Hoher Austauschbedarf und Umrüstung auf Windows 2000. Das vierte Quartal dieses Jahres, in dem Dataquest ein weltweites Absatzvolumen von etwa 40 Millionen Einheiten erwartet (Q3: 34 Millionen), wird in erster Linie vom Consumer-Geschäft (Weihnachten) und von steigenden Notebook-Verkäufen geprägt sein. Das jährliche Wachstum im Notebook-Bereich beziffern die Experten von Dataquest auf ein Plus von 40 Prozent.

HPs Absatz explodiert

Wirft man einen Blick auf das Auf und Ab bei den Herstellern, so zeigt sich schnell, in welcher Form sich die unterschiedlichen Anbieter derzeit befinden. Der Top-Athlet derzeit ist ohne jeden Zweifel HP. In allen Regionen konnte HP stark zulegen, in den USA sogar um 46 Prozent (Dataquest). Vor allem im Consumer-Geschäft preschte HP in den USA nach vorn, begünstigt vom Verschwinden des ehemals starken Players Packard Bell. Das starke Wachstum auch im Raum Emea hat die Amerikaner offenkundig mutig gemacht, einen neuen Versuch mit den Consumer-PCs "Pavillion" in Deutschland zu starten.

Bemerkenswert ist, dass vier der sechs größten PC-Hersteller ihre PC-Verkäufe im dritten Quartal auf einer weltweiten Basis nur unterhalb des allgemeinen Durchschnitts steigern konnte (siehe Tabelle "PC-Markt weltweit ..."). Dass es IBM nicht noch stärker erwischte, haben die Amerikaner vor allem der überraschend guten Entwicklung in Emea zu verdanken. Ein Absatzplus um 22 Prozent konnten diese Region schon lange nicht mehr ausweisen. Vor allem Frankreich konnte mit einem starken Consumer-Geschäft und Deutschland mit sehr guten Zuwächsen im Notebook-Segment glänzen. Klar, dass den Europa-Managern von Big Blue angesichts dieser Zahlen bei ihrem Besuch im amerikanischen Headquarter der rote Teppich ausgerollt wird. Zumal ihre Kollegen in den USA einen ganz lausigen Quartalsbericht abliefern mussten: ein Einbruch um 19 Prozent (171.000 Einheiten weniger verkauft). Das sind bad News.Dell ist Gewinner und Verlierer zugleich. Dataquest sagt, dass die Texaner im Vergleich zu anderen Herstellern zwar ein gutes Quartal hatten, vor dem Hintergrund der eigenen Vorgaben aber nicht. Noch immer hat Dell Probleme in Europa. Der Zuwachs lag im dritten Quartal deutlich unter dem Marktdurchschnitt, eine Verschlechterung beim Marktanteil war die Folge. Nach Angaben von IDC musste Dell in Frankreich und Deutschland Absatzrückgänge in die Zentrale nach Texas reporten. Das ist schlecht für den erst seit wenigen Monaten im Amt befindlichen Deutschland-Geschäftsführer Mathias Schädel. Denn Firmenchef Michael Dell hat schon oft bewiesen, dass Geduld nicht gerade seine Stärke ist. Die Verweildauer der Geschäftsführer auf dem Chefsessel bei Dell in Lagen war nie sehr lang. Eben auch unterdurchschnittlich.

Dell mit bekannten Problemen

Muss man sich Sorgen um Fujitsu Siemens machen? Ja, man muss. Dass das japanisch-deutsche Joint Venture im dritten Quartal eine deutlich schlechtere Absatzleistung zeigte als im Vorjahresquartal, hat sicher mit der schwierigen Situation auf dem Markt zu tun. Aber im Wesentlichen liegen die Gründe im Unternehmen selbst. Fujitsu Siemens beschäftigt sich noch viel zu sehr mit sich selbst, zu viel Energie verpufft damit, interne Kämpfe auszutragen, anstatt sie auf den Markt zu bringen. Vor allem das Firmenkundengeschäft soll, wie man hört, leiden. Unternehmenskenner berichten, dass dies von einigen Mitarbeitern auf Direktorenebene in Kauf genommen wird, um neue Ansätze aus der Geschäftsführung zu blockieren. Dazu kommt, natürlich, noch immer die Baustelle Europa. Fujitsu Siemens’ Abhängigkeit vom deutschen Markt ist noch zu groß.

Bemerkenswert ist, dass von den Top-Fünf in Emea die ersten drei (Compaq, Fujitsu Siemens und Dell) nur unterdurchschnittlich zulegen konnten und daher Marktanteile abgeben mussten. Somit stieg der Anteil der sonstigen Anbieter um immerhin zwei Prozentpunkte auf 47,5 Prozent. Stark zulegen konnten laut IDC unter anderem Toshiba, Acer, NEC und Apple. Europa ist hier anders als der US- und der Weltmarkt. Denn sowohl in den USA als auch weltweit konnten die führenden Hersteller ihre Position ausbauen, der Marktanteil der sonstigen Anbieter ging zurück. (sic)

www.dataquest.com/dq/static/about/press/pr-b10232000a.html

www.idc.com/Hardware/press/PR/PS/GPS102300pr.stm

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