PC-Markt: Hoffen auf den Aufschwung im nächsten Jahr - 2001 ist gegessen

15.11.2001
Am Erfolg der Unternehmensstrategien hängen auch die Aktienkurse. Direktanbieter Dell konnte im derzeit rückläufigen PC-Geschäft Marktanteile hinzugewinnen. Die Konkurrenz schläft nicht und möchte mit serviceorientierten Konzepten langfristig mehr Geld verdienen.

Trotz des schwachen ökonomischen Umfeldes konnte Dell den Marktanteil ausbauen und dabei weiter Profite einfahren. Aber der Gewinn aus den zusätzlich ausgelieferten Einheiten ist fast vollständig von den Kampfpreisen aufgefressen worden. Das Ziel der Marktführerschaft belastet den Ertrag erheblich. Im Jahresvergleich schaffte es der führende PC-Fabrikant schon im ersten Halbjahr, 19 Prozent mehr Einheiten zu verkaufen. Dagegen setzte die gesamte Branche zusammen drei Prozent weniger ab, was erstmals seit 15 Jahren einen Rückgang bedeutete.

Ein Teil des Erfolges bei Dell beruht auf dem günstigen Einkauf von Komponenten. Doch auch hier scheint kaum mehr Spielraum zu bestehen. Ende August haben sämtliche großen Hersteller eine neue Runde im Preiskrieg eröffnet. Dies geht wieder zu Lasten der Rentabilität.

Warten auf den Aufschwung

Doch es spielen noch andere Aspekte eine wichtige Rolle. Der Servicebereich wird zu den Wachstumsmärkten gehören, sobald ein ökonomischer Aufschwung die IT-Ausgaben auf ein vernünftiges Niveau hebt und die Kundschaft mehr Systeme um ihre PCs und Server herum einrichten lässt, glauben die Aktienanalysten bei den Investmentbanken. Die Konkurrenten IBM und Compaq bauen hauptsächlich ihr Servicebusiness aus, ein Gebiet, auf dem Dell keine großen Eisen im Feuer hat.

Der Test wird im zweiten oder dritten Quartal 2002 kommen. Da steht bei jenen PCs, die vorwiegend von Unternehmen in der ers-ten Hälfte 1999 gekauft wurden, das Upgrade an. Dell glaubt nicht, dass sich dieser typische Zyklus in die Länge zieht - trotz der aktuellen ökonomischen Probleme. Mitte nächsten Jahres, so die Hoffnung, werden die IT-Verantwortlichen bei den Unternehmen die vorhandenen Schwachstellen in ihren Systemen mit der Installation preiswerter Geräte und Peripherie beheben.

Aber langfristige Computerinves-titionen hängen noch von anderen Dingen ab, in erster Linie dem Service und Support. Dell ist hier nicht so stark wie Compaq, IBM und Hewlett-Packard, erklärte beispielsweise das US-Investmenthaus A.G. Edwards kürzlich. Obwohl Dell den größten USMarktanteil und Verkaufszuwachs an Servern hat, erscheint die Position nicht völlig ungetrübt. Verkauft wurden meist Lowend-Server und entsprechende Speichersysteme.

IBM und Compaq bieten dagegen End-to-End-Lösungen an, die sie international ausliefern können. Dell könne das in diesem Umfang bislang nicht, meinte das USInvestmenthaus Robertson Stephens. Das Segment Enterprise Systems kommt auf höheres Wachstum und bessere Verdienstspannen. Jedoch hat Dell bisher immer den richtigen Dreh gefunden, Umsatz- und Gewinnwachstum zu generieren. Die jüngste Allianz mit Speicherfabrikant EMC könnte dazugehören. Die Analys-tenmeinung läuft darauf hinaus, dass die Dell-Aktie über die nächs-ten zwölf Monate rund 30 Dollar wert sei. Ein großer Teil davon ge-he aber auf das Konto des zu erwartenden Konjunkturaufschwungs. Andere warnen, das Kursziel liege nur bei 23 Dollar, also auf dem gegenwärtigen Niveau.

Distanz gegenüber der Apple-Aktie

Mehr Distanz ist gegenüber der Apple-Aktie zu spüren. Dass der Rückgang nicht noch schlimmer ausgefallen ist, verdankt Apple vor allem dem I-Book, einer der jüngeren Neueinführungen, die im US-Bildungswesen sehr gut ankam (Schulen, Universitäten). Gut ein Fünftel der verkauften Produkte entfiel auf den tragbaren Computer.

Gateway hat Ende August eine umfassende Restrukturierung angekündigt. Nach den herben Enttäuschungen und Querelen im Management erscheint im Laufe des Jahres 2002 eine Erholung möglich. Derzeit ist das Papier aber recht spekulativ, es notiert nur mehr bei fünf Dollar und kommt von 65 Dollar. Vielleicht wird Gateway irgendwann übernommen. Mit rund neun Milliarden Dollar Jahresumsatz ist die Firma kein allzu großer Brocken. Apple mit rund sechs Milliarden Dollar stand schon öfters auf der Übernahmeliste.

Compaq hatte bereits vor den Fusionsplänen mit HP den Strategiewechsel zum ertragsstärkeren Servicegeschäft umgesetzt. Der Sektor trägt bereits 23 Prozent zum Konzernumsatz bei und soll auf einen Anteil von 33 Prozent hochgefahren werden. Im gesamten Dienstleistungsbereich wird ein Wachstum von zehn bis zwölf Prozent jährlich angestrebt. Hewlett-Pa-ckard will seit langem den Servicebereich ausbauen, die komplette Übernahme der Beratungsgesellschaft Price Waterhouse scheiterte indessen.

Beide Aktien haben nach dem starken Kursverfall mittelfristig gute Kurschancen, auch wenn die Analysten der Liaison zurzeit nicht viel Gutes abgewinnen können. Eine große Werbekampagne soll die Megafusion stützen. Die Kombinati- on HP/Compaq wird es gegenüber Dell schwer haben, obwohl beide zusammen so viele PCs wie der jetzige Weltmarktführer verkaufen. Im Servicegeschäft ist Big Blue der große Konkurrent.

Konträre Prognosen

Dell wird das laufende Jahr mit einem Gewinn abschließen, Compaq vor Sonderaufwendungen eventuell auch. Gateway und Apple rechnen mit einem Verlust. Im nächs-ten Jahr sollen die Resultate wieder besser sein. Auch der größte europäische PC-Hersteller Fujitsu Siemens kalkuliert nach der Neuorganisation mit einem Turnaround. Inwieweit die optimistischen Branchenprognosen eintreten, bleibt aber unsicher.

Intel-Geschäftsführer Jürgen Thiel (Deutschland) meinte auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin: "Der PC war in der Vergangenheit schon öfter mal tot, danach stiegen die Absatzzahlen wieder." Intel-Chef Craig Barrett sagte der PC-Branche als Folge der Einführung von Windows XP demnächst eine "Belebung" voraus.

In den Monaten Juli bis Ende September gingen die PC-Auslieferungen laut Gartner Dataquest im Jahresvergleich weltweit um 11,6 Prozent zurück. Nur Dell verkaufte elf Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Compaq musste ein Minus von 31 und HP von 25 Prozent hinnehmen. Rückgänge gab es auch bei IBM und NEC. Das Weihnachtsgeschäft wird dieses Jahr vermutlich nicht an die guten Ergebnisse von früher heranreichen. (kk)

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