PC-Markt im Jammertal

18.05.2000

Die wachstumsverwöhnte PC-Branche hat allen Grund zum Jammern. Denn ein von Dataquest konstatiertes Absatzplus von 5,3 Prozent im ersten 2000-Quartal ist im Vergleich zu den 34,7 Prozent vom ersten Quartal 1999 wahrlich nicht rühmlich. Von den sinkenden Margen ganz zu schweigen. Die Gründe kennt man zur Genüge: Das Y2K-Problem und Windows 2000 haben der Kauflust der Unternehmen einen gehörigen Dämpfer verpasst. Zu allem Übel kommt noch hinzu, dass sich im Hinblick auf neue Prozessoren auch die sonst so Replacement-freudigen Spieler eher abwartend verhalten.

Dennoch ist es gerade der einst so viel verachtete Consumer-Markt, der den PC-Karren vorantreibt. Es kann also nur besser werden. Und es wird auch besser werden. So lauten jedenfalls die Prognosen von Marktforscher IDC. Demnach wird der Corporate-Sektor zwar nicht vor der zweiten Jahreshälfte wieder in Fahrt kommen, der europäische PC-Markt im Gesamtjahr 2000 aber dennoch um 16 Prozent wachsen. Die Frage ist nur, ob alle Hersteller davon in gleichem Maße profitieren werden.

Denn manche Probleme der Hersteller sind auch selbst verschuldet. So schadet der ständige Wechsel von Personal auf allen Führungsebenen nicht nur dem Image, sondern mitunter auch dem Umsatz. Denn kaum hat sich der Händler an einen Ansprechpartner gewöhnt, wird ihm schon ein anderer vor die Nase gesetzt. Da hält man es doch lieber mit einem Anbieter, wo man seine Pappenheimer kennt.

Bei IBM zum Beispiel dreht sich das Personalkarussell schon chronisch. Wen wundert es, dass Big Blues Absatzzahlen im ersten Quartal um ganze 22,5 Prozent eingebrochen sind. Aber das ist nicht der einzige Grund. Hinzu kommt ein veraltetes Supply-Chain-Management, das den einstigen Inbegriff der Computerwelt schon zum Gespött der IT-Branche werden lässt. Auch der Versuch, mit Channel-Assembly sein Glück zu probieren, ist aufgrund von zu strengen Auflagen und Lieferengpässen bei den Komponenten kläglich gescheitert. Nachdem es mit dem PC-Geschäft bei IBM trotz gesunder Absatzzahlen bei Notebooks immer mehr den Bach hinuntergeht, ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann man sich von ihm trennen wird. Spekulationen über den Verkauf oder die Fusionierung mit einem starken Partner gibt es schon lange. Nachdem Acer bei Siemens Nixdorf schon leer ausgegangen ist, gieren die Asiaten nur so darauf, in Europa einen Fuß in den von IBM stark beherrschten Unternehmensmarkt zu setzen und so zu den fünf größten Markenanbietern aufzusteigen. Im Gespräch ist aber auch Dell. Beide Unternehmen assemblieren bereits seit geraumer Zeit in großen Stückzahlen für den verhinderten PC-Riesen, und es wäre es keine Überraschung, wenn einer das Hardware-Geschäft komplett übernähme.

Auch Compaq und Fujitsu Siemens mussten aufgrund des einbrechenden Unternehmenssektors und eines härteren Wettbewerbs im Bereich Small- and Medium-Businesses (SMB) Marktanteile einbüßen. Doch während der Verlust von Fujitsu Siemens fusionsbedingt gewissermaßen vorprogrammiert war, hat Compaq mit plus 9,9 Prozent in Deutschland wesentlich besser abgeschnitten als im europäischen Vergleich, wo Big Qs Absatzzahlen im ersten Quartal 2000 mit 0,9 Prozent leicht ins Minus gerutscht sind. Das Beispiel Compaq versus IBM zeigt aber, dass im PC-Markt Flexibilität gefragt ist, eine Flexibilität, die Compaq Deutschland mit dem erfolgreichen Einstieg ins Channel-Assembly-Business wohl eindeutig unter Beweis gestellt hat.

Klaus Hauptfleisch

khauptfleisch@computerpartner.de

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