Pinnacle Systems will verlorenen Kontakt zu Miro-Händlern wiederfinden

24.10.1997
BRAUNSCHWEIG: Mit einem stringenten Vertriebspartnerkonzept plant Pinnacle Systems, die im August dieses Jahres den Geschäftsbereich Digital Video von der ehemaligen Miro Computer Products AG übernommen hat, die Händler wieder für sich zu begeistern.Der Nebel in Braunschweig hat sich inzwischen soweit verzogen, daß die Nachfolgegesellschaften der ehemaligen Miro Computer Products AG ihre Antennen wieder nach außen richten. So reisen dieser Tage nicht nur Claus Eßmann, Vertriebs- und Marketingchef bei der Miro Media GmbH und der Miro Displays GmbH, sondern auch Serge Bussart, European Sales and Marketing Manager bei Miro-Teilaufkäufer Pinnacle Systems GmbH, durch die Lande, um die Firmen wieder in Erinnerung zu rufen (zu Miro Media vergleiche auch den Beitrag auf Seite 24 dieser Ausgabe).

BRAUNSCHWEIG: Mit einem stringenten Vertriebspartnerkonzept plant Pinnacle Systems, die im August dieses Jahres den Geschäftsbereich Digital Video von der ehemaligen Miro Computer Products AG übernommen hat, die Händler wieder für sich zu begeistern.Der Nebel in Braunschweig hat sich inzwischen soweit verzogen, daß die Nachfolgegesellschaften der ehemaligen Miro Computer Products AG ihre Antennen wieder nach außen richten. So reisen dieser Tage nicht nur Claus Eßmann, Vertriebs- und Marketingchef bei der Miro Media GmbH und der Miro Displays GmbH, sondern auch Serge Bussart, European Sales and Marketing Manager bei Miro-Teilaufkäufer Pinnacle Systems GmbH, durch die Lande, um die Firmen wieder in Erinnerung zu rufen (zu Miro Media vergleiche auch den Beitrag auf Seite 24 dieser Ausgabe).

Im Gegensatz zu seinem Kollegen Eßmann kann Pinnacle-Manager Bussart, der in den letzten Jahren das Miro-Geschäft in Frankreich leitete, bereits ein fertiges Partner-Konzept aus dem Aktenkoffer ziehen. Der Grund für die Eile: "Wir haben in den letzten Jahren den Kontakt zu den Händlern verloren. Sie sind für unseren Erfolg aber sehr wichtig, denn sonst verlieren wir den Kontakt zum Markt. Jetzt müssen wir erst einmal wieder neue Partner kennenlernen", erklärt Bussart. Das ist bekanntlich leichter gesagt als getan. Zumal es nicht allzu viele Händler geben dürfte, die im Bereich der digitalen Videobearbeitung, dem Kerngeschäft von Pinnacle, über ein nennenswertes Know-how verfügen. Darüber ist sich auch Bussart im klaren. Lediglich 20 Prozent der deutschen Computerhändler, so seine Einschätzung, sind mit dieser Thematik einigermaßen vertraut. "Immer wieder beschweren sich Endkunden bei uns darüber, daß sie keinen Händler finden, der ihnen ihre Fragen beantwortet", ärgert er sich. Ein unhaltbarer Zustand.

Daher liegt ein Großteil seiner Überzeugungsarbeit derzeit darin, den Händlern den Einstieg in dieses Marktsegment schmackhaft zu machen. "Videoediting ist ein sehr schnell wachsender Markt mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum in Europa von 20 Prozent bis zum Jahr 2000", rührt er die Werbetrommel. Die bisherige Kaufzurückhaltung der deutschen Verbraucher wird, das ist seine feste Überzeugung, sehr schnell umschlagen. Und: mit dem Verkauf der digitalen Kameras und Karten ist es nicht getan. Die Händler können, wenn sie es vernünftig anstellen, auch ihren PC-Absatz mit dieser Zielgruppe der Hobbyfilmer kräftig ausweiten. "50 Prozent der Leute, die sich für Videoediting interessieren, haben noch keinen Computer", weiß der Pinnacle-Manager zu berichten.

Auch auf die Befürchtungen der Händler, daß sich ihre Investitionen in dieses neue Geschäftsfeld durch den schnellen Preisverfall der Geräte nicht auszahlen werden, hat der Franzose eine Antwort: "Sicher werden die Low-end-Geräte in den Retail-Kanal gehen, aber dann wird es mit Sicherheit wieder etwas Neues geben mit guter Marge, das nur der Spezialist aus dem Fachhandel vermarkten kann", versucht er eine dauerhafte Perspektive aufzuzeigen.

Im Vergleich mit den Foto-Fachhändlern haben die PC-Fachhändler, so Bussart, bei der Vermarktung der digitalen Videotechnik alle Trümpfe in der Hand. "Die PC-Händler tun sich leichter, Video-Kompetenz aufzubauen", so seine Einschätzung, "als die Foto-Händler, PC-Kompetenz aufzubauen."

Schulung steht demnach im Partnerprogramm von Pinnacle an erster Stelle. Alle sechs Monate können die autorisierten "Miro-Video-Partner" (auch unter Pinnacle bleibt die Marke "Miro" bestehen) in fünf deutschen Städten kostenlose Schulungen besuchen. Dazu zählen auch permanente Informationen, nicht nur über neue Produkte, sondern auch in bezug auf Verkaufsargumentation, Wettbewerbsbeobachtung etc. Nach seinen Angaben haben Erfahrungen in Frankreich und Großbritannien gezeigt, daß sich Schulungen unmittelbar absatzfördernd auswirken.

Interessant für die Händler sind sicher auch die kostengünstigen Demo-Geräte, die Einbindung ihrer Adressen in Anzeigen sowie die Weiterleitung der Kundenanfragen (Leads). Auch das Versprechen einer eigenen Service-Telefonnummer beim Pinnacle-Produktspezialisten sowie der Vorabaustausch sind Leistungen, die gut klingen. Und nicht zuletzt der in Aussicht gestellte Bonus, der bei Zielerreichung an die Händler rückvergütet werden soll (wobei die Höhe noch nicht feststeht), dürfte auf Interesse bei den Händlern stoßen. Dies alles aber muß, natürlich, erst einmal eingehalten werden.

Im Partnerprogramm steht Schulung an erster Stelle

Der Händler, über den sich dieses Füllhorn ergießen soll, bekommt aber nichts geschenkt. Vor allem muß er, wie bereits angedeutet, ein permanentes Reporting mit den Braunschweigern pflegen. Dazu zählen unter anderem Berichte über die erzielten Umsätze (denn ohne einen Mindestumsatz, über dessen Höhe Pinnacle-Manager Bussart indes noch keine Angaben machen konnte, verliert er die höheren Weihen eines Top-Partners). Zudem werden die Braunschweiger in jedem Quartal ein bestimmtes Produkt als strategisches Produkt definieren, das auch im Werbeauftritt besonders gepuscht wird.

Von diesem Produkt muß der Händler jeden Monat mindestens drei Pakete einkaufen. Auch werden die Braunschweiger kontrollieren, ob die von ihnen weitergereichten Leads wirklich abgearbeitet worden sind. Kurzum: Jedes Quartal ist ein ausführlicher Bericht der Händler nach Braunschweig fällig.

Maximal 100 Miro-Video-Partner sollen in Deutschland flächendeckend autorisiert werden. Selbstverständlich können und sollen auch andere Händler die Miro-Produkte von Pinnacle vermarkten, sie bekommen aber nicht die Unterstützung wie die Top-Partner.

In bezug auf die Neuordnung der alten Miro AG zeigt sich Bussart sicher, aus dem Gröbsten herauszusein. "Aufgrund verschiedener Presseberichte haben zwar einige Händler fälschlicherweise geglaubt, daß wir aus dem Geschäft sind, aber die Endkunden haben von diesem ganzen Prozeß gar keine Notiz genommen. Die Geschäftsentwicklung ist positiv", versichert er. Zwar mag er unter Hinweis auf die börsennotierte Muttergesellschaft in den USA keine konkreten Zahlen über Umsatz und Ertrag nennen, aber im ersten Quartal des Geschäftsjahres 1997/98 (30.6.) "haben wir zum ersten Mal seit langer Zeit unsere Ziele wieder erreicht", freut er sich.

Auszug aus dem alten Miro-Gebäude

Obwohl Pinnacle einen Großteil der Energie jetzt wieder verstärkt nach außen richten will, ist die interne Reorganisation noch nicht abgeschlossen. Dazu zählt unter anderem der noch für dieses Jahr geplante Auszug aus dem alten Miro-Gebäude in der Braunschweiger Carl-Miele-Straße 4. "Das Gebäude ist für eine 1-Milliarde-Umsatz-Company und etwa 500 Angestellte ausgelegt und daher für uns viel zu groß", erläutert Bussart. Dennoch bleibt der Firmensitz Braunschweig erhalten. Aber zukünftig werden nur noch die rund 90 bis 100 Mitarbeiter der Forschungs- und Logistik-Abteilung in der niedersächsischen Provinzstadt bleiben. Die Vertriebs- und Marketingabteilung zieht mit ihren etwa zehn Leuten nach Frankfurt.

Für diese Abteilung suchen die Braunschweiger übrigens noch einen Leiter. In diesem Bereich kann Miro zweifelsohne eine kreative Leitfigur gut gebrauchen. Denn das gesteht Bussart selbstkritisch ein: "Eine der Schwächen von Miro in Deutschland war ganz klar das Marketing." (sic)

Miro-Gebäude in der Braunschweiger Carl-Miele-Straße: "Das Gebäude ist für eine 1-Milliarde-Umsatz-Company und etwa 500 Angestellte ausgelegt und daher für uns viel zu groß."

Pinnacle-Systems-Manager Serge Bussart: "Immer wieder beschweren sich Endkunden bei uns darüber, daß sie keinen Händler finden, der ihnen ihre Fragen beantwortet."

CP-ZOOM

- Pinnacle will 100 sogenannte "Miro-Video-Partner" aufbauen. Dazu haben die Braunschweiger ein neues Partnerprogramm mit detaillierten Rechten und Pflichten für beide Seiten aufgelegt.

- Das Know-how der deutschen PC-Händler in bezug auf digitale Videobearbeitung schätzt Pinnacle noch als sehr gering ein.

- Der Markt für digitale Videobearbeitung wird sich trotz der bisherigen Zurückhaltung der Verbraucher öffnen.

- Pinnacle wird aus dem alten Miro-Gebäude ausziehen. Die Marketing- und Vertriebsabteilung siedelt nach Frankfurt über.

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