Praxistips für das Finanzmanagement im Fachhandel

10.08.1998

LILIENTHAL: Wer die betriebswirtschaftlichen Grundkenntnisse einer Unternehmensführung nicht beherrscht, wird sich mittelfristig zu den fast 20.000 Unternehmensinsolvenzen des laufenden Jahres zählen müssen. Wolfgang Kück* gibt im folgenden praktische Tips für das alltägliche Finanzmanagement im IT-Fachhandel.Ob Sie in Ihrem Unternehmen aus dem technisch-serviceorientierten Bereich oder aus der dienstleistungsorientierten Consulting-Sparte kommen - Sie sind in erster Linie einmal Kaufmann. Das Grundprinzip im Alltagsgeschäft ist einfach. Fachhändler, zahle deine Rechnungen pünktlich, genauso wie du es auch von deinen Kunden erwartest! Daß jedoch zwischen Theorie und Praxis ein breiter Graben klafft, liegt in der Natur unseres Wirtschaftssystems. Hier hilft nur noch weitsichtige, projektorientierte Planungsarbeit, betriebswirtschaftlicher Hintergrund und - man glaubt es kaum - Menschenkenntnis und Feingefühl im Umgang mit Kunden, Lieferanten und Behörden.

Buchhaltung

Das A und O eines jeden Handelsunternehmens, egal ob es um die sogenannte Weiterreichung von Handelsprodukten oder die Bereitstellung von Dienstleistungaktivitäten geht, ist die funktionierende Buchhaltung. Nicht selten und mit gutem Grund findet man hier in leitenden Positionen "Fachfrauen". Auch in kleineren Unternehmen ist die Einrichtung einer Buchhaltungsabteilung erforderlich. In der Regel erübrigt sich diese Frage sowieso, wenn eine bestimmte Umsatzgröße erreicht wird. Keine Buchhaltungsabteilung zu führen, frei nach dem Motto: "Ach, das mach ich mal so nebenbei mit", kommt im Prinzip einem Unternehmensselbstmord auf Raten gleich.

Sinnvoll ist es auf jeden Fall, einen Mitarbeiter abzustellen, der in Eigenkompetenz die Verantwortung für diese wichtige Funktion übernimmt. Sicherlich muß es nicht immer gleich der qualifizierte Bilanzbuchhalter mit dem entsprechenden Studium sein, hier ist in der Anfangsphase durchaus auch eine Fachaushilfskraft auf 620-Mark-Basis denkbar. Jedoch sollte man sich bei dieser Lösung auf einen festen Wochentag konzentrieren, damit entsprechende Planungen eingehalten werden können.

Natürlich ist es auch möglich, den größten Teil der Buchhaltungsaktivitäten "outzusourcen". Diese Alternative hat aber viele Nachteile. Positiv zeichnet sich die professionelle Vorgehensweise nach außen ab, während die Aktualität, die in unserem schnellen Markt unbedingt erforderlich ist, fehlt. Hinzu kommt beim Outsourcing das Problem der nicht vorhandenen direkten Kommunikation.

Eine weitere Möglichkeit ist die vorbereitete Buchhaltung, was allerdings nicht bedeutet, daß der Laie die Vorarbeit macht und der Profi das Endprodukt abliefert. Hier gilt es, mit einem Steuerberatungsunternehmen im Vorfeld die Marschrichtung bis zur Vorlage der Bilanz festzulegen. Natürlich ist es dabei sinnvoll, daß unternehmerische Zahlen möglichst schnell nach Abschluß des Geschäftsjahres vorliegen. Sollte trotz aller Nachteile die Entscheidung für eine Auslagerung der Buchhaltung getroffen werden, stellt sich zunächst die Frage des Kostenaufwandes, die in den seltensten Fällen konkret beantwortet wird. In der Regel wird das Steuerberatungsbüro die Gebühren nach Aufwand berechnen. Vor Ablauf des ersten Jahres der Zusammenarbeit bietet sich dann der Abschluß eines Jahresvertrages an. Egal welche Form der Buchhaltungslösung im Unternehmen Anwendung findet, eine wesentliche Erleichterung und Entlastung zeichnet sich auf jeden Fall im Kreditorenbereich durch das Zentralregulierungsverfahren ab, das von den wichtigen Fachhandelskooperationen wie zum Beispiel Akcent-Computerparnter zur Verfügung gestellt wird. Hier muß die Buchhaltung nur noch zwei und nicht wie üblich 21 Zahlungstermine im Monat überwachen. Die Zahlungsziele sind mit 30 Tagen vordefiniert, dadurch wird Arbeit ohne Liquidationsdruck möglich.

Rechnungswesen

Das Rechnungswesen als Teil der Buchhaltung nimmt eine besondere Stellung im Unternehmen ein. Eine sofortige Fakturierung (und keine "Spickzettel"-Fakturierung) vorliegender Aufträge schließt Übermittlungsfehler aus. Im Vorfeld sauber erstellte Angebote können direkt fakturiert werden. Lagerbestände werden überschaubar und angeglichen. Der Rechnungsausgang muß automatisch eine Übergabe an die Buchhaltung beinhalten. Ebenfalls sollte das Mahnverfahren direkt angeschlossen sein, wobei von einer Auslagerung abzuraten ist. Das Mahnverfahren kann durchaus in der ersten Stufe automatisch erfolgen, sollte jedoch spätestens bei kleineren und mittelständischen Unternehmen in zweiter Stufe über den Schreibtisch der Geschäftsführung laufen. Von der dritten Mahnung bis hin zur Übergabe an ein Inkassobüro muß natürlich die Wichtigkeit und damit die Bedeutung des Kunden für das Unternehmen durch die Geschäftsleitung geprüft werden. Hier kommt auch der menschliche Aspekt zum Tragen. Wenn nur noch die Übergabe an das Inkassobüro bleibt, dürfen Außenstände auf keinen Fall in weitere positive Finanzierungsplanungen miteinbezogen werden, siehe zum Thema Factoring auch die Kästen "So funktioniert Factoring" und "Vor- und Nachteile").

Rückgrat jeder Firma

Der regelmäßige Angriff auf diese Resourcen erfolgt in Form von Umsatzsteuerzahlungen an das Finanzamt, in der Regel im monatlichen Rhythmus. Eine schlechte Marktlage durch umsatzschwache Monate muß ebenso berücksichtigt werden wie zum Beispiel Investitionen für neue Technologien.

Zur Lösung all dieser Probleme bieten sich dem qualifizierten Fachhändler heute auf der Vertriebsseite eine Vielzahl von Möglichkeiten. Ein Leasingpartner kann zum Beispiel das Angebotsportfolio nach außen abrunden und stellt gleichzeitig eine solide Absatzfinanzierung sicher. Dies gilt ebenso für eine Kundenkartenfinanzierung. In beiden Fällen wird der Zahlungseingang in der Regel binnen 24 Stunden garantiert. Solche und viele weitere Argumentationstools können Partner im Arbeitskreis Computerfachhandel bereitstellen. Darüber hinaus gewährleistet die zentrale Regulierungsabwicklung der Lieferantenrechnungen bei allen Lieferanten ein Zahlungsziel von durchschnittlich 30 Tagen, was eine wichtige Entlastung der eigenen Hausbankkreditlinie nach sich zieht. Auf Antrag sind sogar weitere Valutierungen möglich. Die Übernahme des Delkrederes (Bankgarantie) tut ein übriges: Bonitätsverbesserung, die Sicherheit einer großen Gruppe und professionelle Regulierungsabwicklung. In jedem Falle sollte man dem Wissensdurst klassischer Auskunfteien, wie Creditreform, nachkommen, damit Kreditversicher, wie Gehrling oder Hermes entsprechende Limits zeichnen können und der Warenbezug gesichert ist. Ob man sich in seinem Unternehmen eine Unternehmensberatung ins Haus holt oder auf die Beratungen bei den zuständigen IHKs, Finanzämtern oder der eigenen Hausbank zurückgreift: Sinnvoll ist in jedem Fall der Anschluß an eine Fachhandelskooperation, weil hier im Vorfeld viele Teile des Puzzles Finanzmanagement bereits zusammengesetzt sind.

*Wolfgang Kück ist Kooperationsbetreuer bei der Akzent Computerpartner in Lilienthal.

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