Querschläger

28.10.1999

Warum die Kunden beim PC-Kauf nicht rechnen können

Vor lauter Systems-Trubel habe ich einmal mehr den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen. Abgesehen von AOLs Vorstellungen eines "kostenlosen" Personal Computers will angeblich auch die Niederaichbacher IPC einen Internet-Computer für eine Mark verteilen. Mannesmann und Gigabell seien die Provider, heißt es. 15.000 der Rechenknechte sollen noch im Oktober trotz RAM-Knappheit und Branchenbeben für Elektromärkte und Kaufhäuser bereitstehen. Wie bei den Koppelverträgen bei Mogel, Viva oder Dödelcom wird ein leasingähnliches Miet-Kauf-Verhältnis mit rechenunfähigen Klienten vorausgesetzt, die gerne bereit sind, etwas mehr zu bezahlen, solange die monatliche Belastung scheinbar gering bleibt. Eine Statistik, wie viele Handybesitzer bereits das neue Insolvenzrecht nutzen, könnte darüber Aufschluß geben, daß die Folgekosten dieser Bauernfängerei eben nicht transparent und überschaubar für den normaldeutschen Supermarktkunden sind. Da diese Konzerne jedoch ebenso wie die Vertreiber des angeblichen Eine-Mark-PCs zu den geschützten Arten des Kartellrechts gezählt werden müssen (immerhin werden unter anderem Promarkt, Kaufhof, Interfunk, Globus und Expert als Verteiler genannt) und auch eine Art kaufmännische Immunität ihr eigen nennen dürfen, ist es wohl müßig bis sinnlos, dagegen vorzugehen. Die Bertelsmann-Connection mit der AOL-Version verfügt über reichhaltige Erfahrung mit der einschlägig bekannten "Club"-Methode. Vorsicht also, wenn es an Ihrer Haustür klingelt. Die Ankündigung, die Rechner mit Linux und Star Office auszustatten, klingt schon sehr bedrohlich, doch wer für eine Mark einen Computer kauft, dem ist auch dies egal. Wer nicht surft oder telefoniert, läßt auch keine Mark zurück ins Provider-Portemonnaie fließen, daher muß es auch eine monatliche Grundgebühr geben, die den Wertverlust der Einwegkisten in zwei Jahren mindestens egalisiert. Wer sich vor zwei Jahren an einen 69-Mark-Handytarif gebunden hat, weiß, was ich meine, und zählt die Tage. Obwohl ich der Ansicht bin, daß hier die Nachrichtenagentur einer Ente oder besser einem Werbegag zur besten Systems-Zeit aufgesessen ist, ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch hierzulande alles erlaubt sein darf, solange der Profit größer ist, als es die Gerichts- und Anwaltskosten sind. Der Verknüpfung aller möglichen Waren und Leistungen sind Tür und Tor geöffnet. Das Auto für eine Mark mit Versicherungs- und Tankstellenzwang, die kostenlose Homepage mit Bankkonto und Kreditvertrag, das TV-Gerät mit Porno-Abo und Arbeitsplätze mit werbefinanzierter Dauerberieselung - zum Teil noch Fiktion, zum Teil schon realisiert. Wir Fachhändler dürfen wieder die Erklärungen relativieren, Musterberechnungen vorlegen und jammern über unsere Unfähigkeit zur Anpassung. Sei es, wie es will, wir reparieren ja auch Aldi-Kisten und verdienen nicht schlecht daran.

Mein Fazit: Was sittenwidrig ist, entscheiden heutzutage die Banken, der Papst und Uli Hoeness. Eine verrückte Welt!

Bis demnächst, Euer Querschläger!

Der ComputerPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler

aus Rheinland-Pfalz.

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