Querschläger

06.04.1999

Nachdem im letzten Jahr der inzwischen zum Bundeskanzler aufgestiegene Gerhard Schröder bei einem Besuch in Redmond mit dem King höchstpersönlich parlierte, war damit zu rechnen, daß sich die beiden Industrievertreter nicht nur über den New Beetle und Windows 2000 unterhielten. Doch was jetzt erst sehr laut und dann wieder in aller Stille aufkam, ist ein bißchen mehr als nur ein PR-Gag für die neuen Telekom-Aktien. Nach der Beteiligung an AT&T gelüstet es den Herrn der Silberscheiben, sich in eines der fortschrittlichsten Telefonsysteme der Welt einzukaufen. Mit den paar Milliarden wird es kein großes Engagement sein, Auswirkungen auf die Mützenträger sehe ich dennoch. Auf der einen Seite besteht eine reelle Chance mit dem Know-how beider Unternehmen die Marktführerschaft jedes einzelnen weiter auszubauen, andererseits birgt eine Zusammenarbeit Gefahren, gegen die das Jahr-2000-Problem wie Kinderkram wirkt. Ein Abgleich der Kundendaten von T-Online- und Windows-Benutzern beispielsweise oder Internetzugang nur nach Registrierungsnachweis - beides sichert nicht nur Arbeitsplätze bei den Datenschützern, sondern kommt auch vorerst dem Handel zugute. Die Zukunft der Kommunikation von Bill Gates kontrolliert - die Vorstellung macht allerdings nicht nur mir Angst. Wie vertrauenswürdig ist Gates, wie geht er mit Macht um und vor allem: Wo soll das hinführen? Zum ersten Punkt können seine Kontrahenten ein paar subjektive Antworten geben, ob Sie Novell, IBM, Netscape oder kleiner Händler irgendwo heißen: Solange sich gegen Microsoft etwas regt, werden die Redmonder Strategen dies bekämpfen, die Methoden sind aus der Fachpresse hinlänglich bekannt. Einzelne Menschen mit so viel Macht haben selten einen verantwortungsvollen Umgang damit bewiesen. Die Geschichte zeigt dies. Allerdings lassen seine soziale Ader im Kampf gegen die Krankheiten unserer Zeit sowie die Kinderfreundlichkeit des Konzernchefs diesbezüglich hoffen. Wo es hinführen soll, hat Bill in seinem 1995 erschienen "Der Weg nach vorn" auf den Punkt gebracht: Informationsgesellschaft. Geld beherrscht die Medien, diese den Konsumenten.Wird heute schon ein Großteil jeglicher Information über Werbung bezahlt, wird sich dies in den nächsten zehn Jahren weiter verdichten. Für die kommende Informationsflut benötigt die Gesellschaft Transportmittel. Leitungen, Kanäle, Satelliten - und die gibt es bei AT&T und der Telekom. Sich durch eine Beteiligung die Ressourcen zu sichern ist nicht nur vorausschauend und clever, sondern schlicht genial. Anstatt mit MSN gegen Telekom wird Mr. Gates zusammen mit den Telefongesellschaften dieser Welt - es werden noch einige folgen - beim Vermieten von Kapazitäten dabei sein. Und ob dann die Konkurrenz noch freie Leitungen erhält, kann ihm als Miteigentümer egal sein. Die Versorgung seiner Kundschaft ist gesichert. Ob er nun die Weltherrschaft anstrebt, wie einige seiner Kritiker zynisch behaupten, oder einfach nur eine Entwicklung vorantreibt, die tatsächlich eine neue Epoche auf unserer Erde bedeutet, sollten wir nicht nur beobachten, sondern mitgestalten. Dazu hat er uns schon mehrfach aufgefordert.

Mein Fazit: Auch wir sollten uns Gedanken machen, wie wir unser Geschäft in den nächsten Jahren führen wollen. Ansonsten werden uns die Umstände zwingen.

Bis demnächst

Euer Querschläger

Der ComputerPartner-Autor Querschläger ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz.

Zur Startseite