Rechtsschutz: die Versicherung gegen Versicherungen

11.09.2000
Auch kleinere und mittlere Unternehmen können eine Rechtsschutzversicherung abschließen, die ihnen bei den nicht seltenen Streitigkeiten mit den eigenen Versicherungen die Kosten erstattet.

Das Klima bei der Schadenregulierung von Versicherungsfällen hat sich nach den Erfahrungen des Bundes versicherter Unternehmer (BvU) in Parsberg in den letzten Jahren immer mehr verschlechtert. "Bei so gut wie allen Brandfällen", so erklärt ein Experte des Bundes, "die wir in der letzten Zeit bearbeitet haben, wurde vom Versicherer zuerst einmal die Entschädigung mit dem Hinweis auf Vertragsverletzung, den Verdacht auf Brandstiftung durch den Versicherungsnehmer, grobe Fahrlässigkeit oder mit anderen Einwänden völlig abgelehnt." Der Geschädigte sollte nach Meinung der Berater des BvU soweit eingeschüchtert werden, dass er später mit Bruchteilen seiner tatsächlichen Ansprüche abgefunden werden könnte. Erst nachdem die Versicherten den drohenden Ruin ihrer Firmen vor Augen hatten, ließen sich die Versicherungen auf Verhandlungen ein.

Hohe Prozesskosten beim Streit mit Versicherung

Diese nach Angaben des Bundes nicht selten anzutreffende Praxis von Versicherungsgesellschaften dringt geradezu auf eine Absicherung gegen die hohen Prozesskosten bei Schadensregulierungen. Denn die meisten geschädigten kleineren Unternehmen können sich nach einem durch Feuer, Betriebsunterbrechung, Haftpflicht oder Krankheit erlittenen Schaden einen aufwendigen Prozess - möglicherweise noch über mehrere Instanzen - gar nicht mehr leisten. Nach den Beobachtungen des BvU werden deshalb viele durchaus aussichtsreiche Fälle allein aus Kostengründen vorzeitig aufgegeben.

Der BvU ist deshalb mit einer Idee von der "Versicherung gegen Versicherungen" hausieren gegangen und hat tatsächlich bei einem Rechtsschutzversicherer eine offene Tür gefunden. Bei der Auxilia Rechtsschutzversicherungs-AG in München kann neuerdings ein Versicherungsvertrags-Rechtsschutz für Firmen mit bis zu 50 Mitarbeitern, Selbstständige und Freibe-rufler abgeschlossen werden. Die Prämien für diese Kundschaft aus praktisch allen Branchen sind günstig und standardisiert. Für größere Betriebe werden auf Anfrage besondere individualisierte Angebote spezial und genau ausgearbeitet.

Der Versicherungsumfang wird so beschrieben: "Versichert ist die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Versicherungsverträgen des Versicherungsnehmers, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der im Versicherungsschein bezeichneten selbstständigen oder freiberuflichen Tätigkeit stehen. Versichert sind auch rechtliche Interessen aus Verträgen, die der Versicherungsnehmer oder eine im Versicherungsschein genannte Person im Hinblick auf eine mögliche Einschränkung der beruflichen Tätigkeit für sich abgeschlossen hat."

Der BvU hat aus seiner aktuellen Praxis einige Beispiele zusammengestellt, bei denen der Firmenrechtsschutz gegriffen hätte, wenn er schon vorhanden gewesen wäre: Bei Firma A lag ein Brandschaden in einem zu der Zeit unbewohnten Gebäude vor. Die Versicherung wimmelte den Anspruch zunächst total ab. Sie erklärte sich wegen grober Fahrlässigkeit leistungsfrei. Zu der Brandzeit sei ein Heizstrahler in dem Gebäude gelaufen - wie sich herausstellte von einem illegalen Nutzer der leeren Räume aufgestellt -, und der Leerstand des Gebäudes sei nicht gemeldet worden, das Gebäude sei zum Abbruch bestimmt, deshalb sei der Wert praktisch gleich null, und es sei zudem nicht richtig versichert gewesen. Nach heftigen Auseinandersetzungen wurden dann in einem Vergleich doch noch 200.000 Mark gezahlt. Mit der Versicherung gegen Versicherungen hätte der Geschädigte nach eigener Auskunft einen Rechtsstreit geführt, der mit großer Wahrscheinlichkeit zum kompletten Ersatz des Schadens geführt hätte.

Der Inhaber der Firma B erlitt beim Ausräumen seiner Firmenhalle nach einem Brand eine schwere Rückenverletzung. Eine Maschine war umgestürzt und hatte ihn unter sich begraben. Die Unfallversicherung weigerte sich zu zahlen, weil sich der Versicherungsfall im Zusammenhang mit einer "selbstständigen Tätigkeit" ereignet habe und dafür keine Deckung bestehe. Seinen Anspruch auf 300.000 Mark Invaliditätsentschädigung aufgrund der Feststellung des behandelnden Krankenhauses konnte der Versicherte nicht durchsetzen. Mit dem Versicherungsvertrags-Rechtsschutz wäre ihm das sicher gelungen.

Das gilt auch für den Fall von Frau C., die selbstständig arbeitet. Sie hatte eine Krankentagegeldversicherung abgeschlossen, die sich aber weigerte zu zahlen, als die Versicherte krank wurde. Zunächst mauerte die Krankenversicherung mit der Behauptung, dass verschiedene Vorerkrankungen und "Operationen" nicht angegeben worden seien. Die Antragstellerin hatte jedoch alle Beschwerden, obwohl es sich bei denen nur um Lappalien handelte, dem Vermittler der Police mitgeteilt. Als die Versicherung mit diesen Argumenten nicht weiterkam, lehnte sie auch in diesem Fall das Krankentagegeld pauschal ab, weil der Versicherungsfall im Zusammenhang mit einer "selbstständigen Tätigkeit" stand. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Auch Frau C. hätte dringend den Vertrags-Rechtsschutz gebraucht.

Rechtsschutz mit bis zu 50 Mitarbeitern möglich

Die Versicherung gegen Versicherungen ist bei der Auxilia bei 1.000 Mark Selbstbeteiligung je Rechtsschutzfall auch für Computerhändler mit bis zu sechs Mitarbeitern schon für 240 Mark Jahresbeitrag zu haben. Für Firmen bis zu 20 Beschäftigte kostet es 360 Mark und bei maximal 50 Mitarbeitern 480 Mark im Jahr. Die Versicherungsgesellschaft empfiehlt, den Versicherungsvertrags-Rechtsschutz mit einem Spezial-Rechtsschutz für Firmen, Selbstständige und freiberuflich Tätige zu kombinieren. Diese Police enthält nach Angaben des Auxilia-Vertriebs-Managers Markus Hefner eine gewerbliche und eine private Komponente. In letzterer ist der Firmeninhaber mit seinen privaten Belangen abgesichert. In der gewerblichen Abteilung besteht Rechtsschutz für alle betrieblichen Belange. Ausgeschlossen ist jedoch zum Leidwesen einer ganzen wichtigen und großen Branche des Handel der Rechtsschutz für den Verkauf eines Computers. Dazu Hefner: "Da sich dieser Baustein als nicht kalkulierbar erwiesen hat, wird er seit rund 20 Jahren am Markt nicht mehr angeboten."

Wer Versicherungsvertrags- und Spezialrechtsschutz als Bündel zeichnet, fährt sogar noch besser als in den zwei Einzelfällen. Die Kombination, wieder mit den 1.000 Mark eigenem Anteil pro Rechtsfall, kostet dann in den drei Größenordnungen bis sechs, bis 20 und bis 50 Beschäftigte im Jahr 160, 240 und 320 Mark Prämie. Wenn dazu dann noch der Spezial-Strafrechtsschutz kommt, ist die Rundumdeckung ziemlich perfekt. Dafür wird es dann aber auch teuer. Straftaten ohne Vorsatz mit wiederum den 1.000 Mark Selbstbeteiligung kosten bei bis zu drei Mitarbeitern jährlich 246 Mark und bei höchstens 50 Beschäftigten stolze 1.322 Mark. Mit Vorsatz kann der Versicherungsschutz ebenfalls abgeschlossen werden, wird aber so naturgemäß noch teurer. Zwischen 341 und 1.573 Mark Jahresprämie werden dann verlangt.

Weniger umfassende Versicherungsangebote für Firmen und Selbstständige gibt es auch bei anderen Gesellschaften. So ist bei der Advocard Rechtsschutzversicherung der Volksfürsorge die Rechtsschutz-Kombination Privat-, Berufs- und Verkehrsrechtsschutz jetzt auch für Betriebe mit bis zu 50 Beschäftigten versicherbar.

Besonderer Rechtsschutz für Top-Manager

Bei der R+V Versicherung gibt es die Top-Manager-Rechtsschutzversicherung. Sie ist für Vorstände, Geschäftsführer, Beiräte, Aufsichtsräte und andere Führungskräfte bestimmt und hat drei Bausteine:

- Der Strafrechtsschutz umfasst die Kosten eines Strafverfahrens gegen den Manager. Dabei werden auch alle Anwaltskosten erstattet.

- Der Vermögensschadenrechtsschutz deckt an den Manager gestellte Ansprüche auf Schadenersatz bis zur Höhe von einer Million Mark.

- Der Anstellungsvertrags-Rechtsschutz springt bei allen Auseinandersetzungen zwischen der Führungskraft und dem Unternehmen ein.

Diese Rechtsschutzversicherung kann der Manager bei voller steuerlicher Absetzbarkeit als Privatmann abschließen. Den Baustein Vermögensschadenrechtsschutz kann auch das Unternehmen für den Manager versichern. Auch die Arag kennt einen Comfort-Rechtsschutz für Unternehmer und eine Rechtsschutz-Police für Selbstständige.

Für Firmeninhaber und Manager, die keine Rechtsschutzversicherung abschließen wollen, bleibt im Falle eines Falles noch ein anderer Ausweg. Wenn um Ansprüche vor Gericht gestritten werden muss und hohe Anwalts- und Gerichtskosten anfallen, kann sich der Geschädigte, der gute Aussichten, aber nicht das nötige Geld hat, um diese durchzusetzen, an einen so genannten Prozesskostenfinanzierer wenden. Anbieter sind beispielsweise die Foris AG in Berlin und die DAS Profi AG in München. Sie fechten für ihre Kunden auf eigene Kosten Erfolg versprechende Fälle vor Gericht aus, notfalls durch alle Instanzen, und erhalten dafür einen Teil des erstrittenen Betrages. Das waren in den Anfangszeiten dieser neuen Branche 50 Prozent. Inzwischen ist die Konkurrenz größer geworden, so dass die beiden großen Anbieter ihre Konditionen verbessern mussten. Sowohl Foris als auch Profi verlangen jetzt bei Streitwerten bis zu einer Million Mark eine Erfolgsbeteiligung von nur noch 30 Prozent. Wenn es um mehr als eine Million geht, begnügen sich beide Anbieter für den über die Million hinaus erstrittenen Betrag mit nur noch 20 Prozent Anteil. (pw)

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