"Reine Netware-Verkäufer werden sich schwer tun"

25.05.2000
Bereits zum zehnten Mal fand "Brainshare Europe" statt - die Novell-Veranstaltung für Partner und Kunden. Etwa 1.700 Netzwerkfachleute kamen Mitte Mai nach Nizza, um sich über die künftige Ausrichtung und neue Produkte des Softwerkers zu informieren.

Weg mit der Firewall", forderte Novells Chief Executive Officer Eric Schmidt. Die Vision des "einen Netzes" (One Net) hat es ihm angetan: Eine künstliche Trennung zwischen dem unternehmensinternen Netzwerk (LAN, WAN und Intranet) und dem Internet sei nicht mehr zeitgemäß, um eine problemlose Kommunikation zwischen dem Unternehmen, Kunden und Partnern zu gewährleisten. Für die entsprechende (Abhör-)Sicherheit von möglicherweise vertraulichen Mitteilungen soll die VPN-Technologie (Virtual Private Networks) sorgen.

Auch sonst zeigte sich Novell der Internet-Technologie aufgeschlossen gegenüber. "Unser internes Netzwerk ist weitgehend IPX-frei", vermeldete etwa die oberste ITManagerin Sheri Anderson. Überhaupt setzt der ehemalige Netzbetriebssystem-Anbieter auf Standards. So stellte etwa Novells Se-nior Consultant Gary Hein in einer vielumjubelten Rede die Vorzüge von NDS gegenüber Microsofts Active Directory (ADS) vor. Danach ist Letzteres lediglich ein Betriebssystem-Bestandteil, der nur in einer reinen Windows-2000-Umgebung zufriedenstellend arbeitet. Demgegenüber agiert NDS als Plattform-übergreifender Verzeichnisdienst. Wer unbedingt mit ADS und NDS gleichzeitig hantieren möchte, dem empfahl Hein den Einsatz von "Dirxml", Novells Meta-Directory-Produkt: "Dann können Sie in NDS die E-Mail-Adresse und im Active Directory die Telefonnummer ändern - Dirxml erfasst beides."

Partnern nicht genug zugetraut

Eine andere Frage bleibt hingegen, ob jeder Novell-Händler mit der neuen Ausrichtung des Herstellers klarkommt. Deutschland-Geschäfts-führer Horst Nebgen zweifelt offenbar daran: "Unsere eigenen Consulting-Leistungen sollen den Channel an einigen wichtigen Stellen sinnvoll ergänzen, etwa im Bereich NDS-Design." Dieser Meinung schließt sich auch sein Boss aus Utah an: "Einige unserer konventionellen Partner können mit dem Verkauf von Netware alleine keine großen Margen mehr erzielen. Viele von ihnen werden hier abspringen und sich anderen Bereichen zuwenden." Schmidts Ansicht nach müssen sich die Wiederverkäufer seinem neuen Geschäftsmodell beugen und bei ihren Kunden mehr Integrationsdienstleistungen erbringen. "Dann machen sie auch mehr Umsatz und erzielen höhere Gewinne", meinte der Novell-Chef.

Bei Umsatz und Gewinn sieht es allerdings auch bei Novell nicht besonders rosig aus. So sollen die Einnahmen im zweiten Quartal 2000 von 313 auf 300 Millionen Dollar abgenommen und der Ertrag soll sich auf 56 Millionen Dollar halbiert haben. Fragen zu diesen Zahlen blockte Schmidt völlig ab und verwies auf deren offizielle Bekanntgabe diese Woche (siehe ComputerPartner-Online).

So viel ließ der CEO immerhin verlauten: "Umsätze und Gewinne des vergangenen Quartals blieben unter unseren Erwartungen." Daran hatte vor allem der schleppende Verkauf über den Channel eine große Mitschuld. Deshalb will Schmidt mit verstärkten Marketing- und Trainingsaktivitäten seinen Partnern mehr unter die Arme greifen.

"Spätestens in einem Jahr werden Sie die Ergebnisse unserer Anstrengungen sehen", glaubt Novells Chief Operating Officer Stewart Nelson zu wissen. Dazu soll auch das "Denim" (Directory-Enabled Net Infrastructure Model) genannte Konzept beitragen (siehe ComputerPartner 16/2000, Seite 18). Was das Engagement im ASP-Markt (Application-Service-Providing) betrifft, so hat die Netzwerk-Company bisher lediglich den amerikanischen Spezialisten Just On akquiriert. Weitergehende Pläne wurden nicht spezifiziert.

"Der Netware-5.1-Nachfolger (Code- name: "Sixpack") kommt in der ersten Jahreshälfte 2001 auf den Markt und wird für drahtlose Breitbandkommunikation optimiert sein", verkündete der für Novells gesamte Produktpalette verantwortliche Manager Dave Shirk. Wann eine 64-Bit-Version von Netware erscheinen soll, steht noch in den Sternen.

Partnerstände rar

Auch einige Novell-Partner waren bei dem Branchentreff in Nizza mit von der Partie. Neben dem herkömmlichen Stand in der Ausstellungshalle erhielten sie zusätzlich Gelegenheit, in einem so genannten "Technology Lab" ihre Lösungen online vorzuführen. Hier waren etwa Sun, Epson und der Linux-Distributor Caldera vertreten. Die Berliner Win DMS GmbH stellte ihre Wissens-Management-Software "Saperion" vor, die Schweizer Metastorm präsentierte ihre Workflow-Lösung "E-Work". Besonders intensiver Aufmerksamkeit erfreute die Krakauer Adrem Software. Der nach eigenen Angaben Polens einzig ernst zu nehmende Novell-Partner gewann bereits den Developers-Contest auf der amerikanischen Brainshare. Sein Netzwerk-Perfomance-Analyse-Werkzeug "Server Manager" überzeugte durch eine Vielzahl an Features, die dem Netzwerkadministrator einen raschen Überblick über Datenverkehr und CPU-Auslastung in seinem LAN liefern. In Deutschland fungiert die Hattinger T&A Systeme GmbH als autorisierter Adrem-Wiederverkäufer. (rw)

www.novell.de

www.adrem.com

www.systeme.de

www.saperion.de

www.metastorm.com

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