Report-Software bereitet Excel Konkurrenz im Mittelstand

24.04.2003
Sage KHK und Microsoft Business Solutions (MBS) haben ihre ERP-Pakete um Report- und Analysefunktionen erweitert. ComputerPartner zeigt, was die beiden Softwarehersteller bieten, damit ihre Kunden im Rating gut abschneiden.

Excel dominiert als Kennzahlensystem in kleinen und mittelständischen Betrieben. Doch die mit der Tabellenkalkulation ermittelten Unternehmenszahlen erfordern viel händische Arbeit und sind somit zeitaufwändig sowie fehleranfällig.

Das kann sich bald niemand mehr leisten. 2006 sollen riskante Kredite wesentlich teurer werden als risikoarme. Die Basel-II-Richtlinien sehen vor, dass künftig Kredite seitens der Banken an Kunden schlechterer Bonität wesentlich höher abgesichert sein müssen. Die neuen Regeln führen dazu, dass Unternehmen versuchen, ihre Eigenkapitalquote zu stärken und die Qualität von Rechnungswesen und Controlling zu erhöhen.

Die damit verbundene Geschäftschance für Softwarehersteller haben auch die ERP-Häuser Sage KHK und Microsoft Business Solutions erkannt. Beide werben mit ihren Report- und Analyseerweiterungen um die Gunst der Kunden. Fachhändler mit betriebswirtschaftlichem Know-how können daran partizipieren.

Hapec entwickelt BI-Module auf Cognos-Basis

Die in die ERP-Pakete "Classic"- und "Office-Line" von Sage KHK integrierten Controlling-Funktionen reichen von anpassbaren vordefinierten Standardreports über die "Chefübersicht" mit grafischen Darstellungsmöglichkeiten bis zur MS-Excel-Anbindung. Als Standardreports ermöglicht die Office-Line neben selektierbaren Umsatz- und Saldenlisten für verschiedene Dimensionen spezifische Berichte für Themen wie die Offene-Posten-Fälligkeitsanalyse oder die Liquiditätsplanung. Mit einem integrierten Assistenten können Anwender eigene Berichte erstellen und speichern. Diese greifen laut Hersteller direkt auf die Datenbank zu und können Selektionen und Gruppierungen enthalten.

Mit der Chefübersicht lassen sich Warenwirtschafts- und Rechnungswesendaten analysieren. Dabei hilft die grafische Darstellung, Trends zu erkennen. Das Tool Bilanzanalyse bietet die Möglichkeit, Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen oder Kennzahlenauswertungen zu erstellen. Mit dem eingebautenFormelgenerator können Anwender auch Kennzahlen definieren. Die Auswertungen umfassen laut Sage KHK bis zu acht Jahre und könnten dabei jeweils auch die Einzelmonate darstellen.

Neben den integrierten Report-Funktionen der Office -Line bindet das ERP-Paket auch das Tabellenkalkulations-Programm Excel an. Es sei möglich, Berichte als Rohdaten direkt an Excel zu übergeben und dort zu analysieren. Aus Excel heraus könne der Anwender über eine ODBC-Schnittstelle auf die Office-Line-Datenbank zugreifen. Damit ergeben sich Möglichkeiten, Berichtsdaten neu zu strukturieren, zu analysieren (Pivot-Tabelle) oder grafisch darzustellen.

Systec-Schnittstelle bindet Classic-Line an SQL-Server an

Für darüber hinausgehende Anforderungen an das Controlling entwickelt der Sage-KHK-Partner Hapec die Module "Reporting" und "Analysis". Bisher allerdings nur für die Office-Line. "Ein Treiber, der die Hapec-Lösungen mit der Classic Line verknüpft, ist noch im April verfügbar", versichert Lutz W. Illbruck, Product- Manager Office-Line/Personalwirtschaft bei Sage KHK.

Laut Perter Wisser, Vorstand beim Sage-Partner Systec, hat sein Unternehmen bereits vor einem Jahr eine Schnittstelle von der Classic-Line zum "SQL-Server" geschrieben, die sich auch von Cognos-Anwendern nutzen lassen. "Wir können alle Daten der Classic-Line auf SQL-Basis abbilden", berichtet Wisser. Die Daten könnten so aus dem SQL-Server gelesen werden, ohne auf die Dateiverwaltung der Classic-Line zuzugreifen.

Die beiden Hapec-Zusatzlösungen basieren dagegen auf der Technologie der vom BI-Spezialisten Cognos entwickelten Produkte "Impropmtu" und "Powerplay". Mit Hapec Reporting können aus vorhandenen Daten Berichte und Reports angefertigt werden. Hapec Analysis ermöglicht es, Daten mehrdimensional zu durchleuchten und die Ergebnisse visuell abzubilden. Beispielsweise kennzeichnet Analysis Daten, die ungewöhnlich oder falsch sind.

Das Konzept der Hapec-Anwendung basiert auf einem Datawarehouse. Um dieses und Datamarts für die Analyse zu erstellen, nutzt Hapec das ETL-Tool (Extrahieren, Transformieren, Laden) "Xstream". Das Extraktionsschema wird in Xstream definiert und kann als XML-Datei gespeichert werden, um das Schema zu portieren. Der Xstream Transaction Coordinator regelt das zeitgesteuerte Laden des Datawarehouses und entsprechender Datamarts für die Analyse. Der Xstream Server führt die Datentransformationen aus.

COM-Objekte der jeweiligen ERP-Systeme lassen sich laut Hersteller anbinden und in die entsprechenden Prozesse einfügen. So sei es möglich, Daten direkt in den Quellsystemen über die dort vorhandene Business-Logik zu manipulieren (Adressen anlegen, Belege erstellen, Buchungen importieren) Zielsysteme können alle vom Xstream-DAL (Data Access Layer) unterstützten Datenquellen sein. Im Sage-KHK-Umfeld sind das zum Beispiel der "SQL-Server" oder "Access" von Microsoft. Um verschiedene Systeme und Datenbanken anzubinden, werden die von den entsprechenden Herstellern zur Verfügung gestellten Zugriffsmöglichkeiten für Xstream in Treibern gekapselt. Die Administrationsoberfläche von Xstream ist wie beim SQL-Server im Stil eines MMC Snapin (Microsoft Management Console) gestaltet.

Das Tabellenkalkulations-Programm Excel dient Cognos-Anwendungen als Datenquelle. So lassen sich beispielsweise in Excel erfasste Planzahlen zu den in ERP- oder CRM-Anwendungen enthaltenen Informationen in den so genannten Cube (multidimensionaler Datenwürfel) schreiben. Zum anderen ist mit Analysis für Excel ein integriertes Olap-Frontend vorhanden, mit dem sich Daten aus den Analysis-Cubes direkt in das Tabellenkalkulationsprogramm einbinden lassen. Jede Zelle, die aus dem Datenwürfel eingebunden wurde, könne auch als Formel umgewandelt und dann an jeder Stelle in jedem Excel-Dokument verwendet werden. Alle mit Reporting oder Analysis erstellten Berichte lassen sich im Excel-Format speichern.

Nachdem das Transformationsmodell in Xstream sowie die Cube-Modelle für die Analyse oder Ka-taloge für das Reporting erstellt wurden, stehen alle definierten Berichte zur Verfügung. "Es ist nicht mehr notwendig, sich die Daten aus verschiedenen Quellsys-temen zusammenzusuchen und diese mittels Excel mühsam zu aktualisieren", betont Illbruck. Die Benutzeroberfläche der Hapec-Module entspricht nicht der Office-Line, sondern den Cognos-Lösungen. "Es ist angedacht, in naher Zukunft Add-Ins für die Office Line zur Verfügung zu stellen, um Berichte direkt in die Oberfläche zu integrieren", teilt der Sage-Manager Illbruck mit. Hapec Reporting kostet 1.330 Euro und Analysis 1.430 Euro (Named ) pro Anwender. Das ETL-Tool Xstream ist bei jeder Lizenz enthalten.

Ampelfunktion kennzeichnet kritische Werte

Auch Microsoft hat das Umsatzpotenzial für über Excel-Funktionalität hinausgehende Report- und Analyselösungen erkannt. Der aus Great Plains und Navision entstandene neue Geschäftsbereich Business Solutions (MBS) bietet zusammen mit seinem OEM-Partner Targit die Business-Intelligence-Lösung "Business Analytics" für seine ERP-Suiten "Axapta" und "Navision" an. Mit dem Analyse-Tool können Anwender Standardreports aufrufen und individuelle Berichte aus den Axapta- und Navision-Datenbanken erstellen. Vorlagen existieren beispielsweise für Finanzen, Vertrieb, Customer-Relationship-Management, Supply-Chain-Management und Projektmanagement. Eine fertige Struktur für Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) ist bereits vorhanden. Kritische Werte kennzeichnet Business Analytics durch eine Ampelfunktion. Anwender können mit Hilfe von Business Analytics Finanzanalysen auch mit eigenen Kennzahlenberechnungen versehen.

Neben der Reportfunktionalität enthält Business Analytics ein eigenes Datamining-Feature, das Handlungsmuster und Beziehungen zwischen Daten analysiert und darstellt. Daneben werden Daten aufgrund ihrer Ähnlichkeit in verschiedene Gruppen aufgeteilt, so dass Benutzer Beziehungen erkennen können, die aufgrund der Datenmengen vorher noch nicht sichtbar waren.

Daten aus einer Analyse lassen sich in Excel exportieren. Umgekehrt können in Excel enthaltene Informationen integriert werden, indem sie in Form einer Textdatei abgefragt und in einen eigenen Cube übernommen werden. Letztere Funktionalität lässt sich innerhalb des Customizing für den Kunden durch Microsoft-Partner implementieren.

ETL-Prozess gliedert sich in vier Schritte

Das tägliche Update der BI-Lösung (siehe Grafik) erfolgt in vier Prozessschritten: Initialisierung, Transfer, Post-Prozess und Prozess-Cubes. Diese Schritte werden bereits während der Installation und Konfiguration vorbereitet und sind in vier Paketen innerhalb der Data Transformation Services (DTS) des SQL-Server-2000 enthalten. Der Initialisierungsprozess bereitet dabei die Datenbank auf die einlaufenden Informationen vor. Das heißt, dass beispielsweise Tabellen geleert werden, die neuerlich mit Daten aus Navision oder Axapta gefüllt werden sollen.

Im Transfer-Prozess erfolgt die eigentliche Extraktion beziehungsweise Migration der Transaktionsdaten aus der Navision- oder Axapta-Datenbank. Als Basis hierfür dienen die Tabellen und Felder, die im Initialisierungsprozess identifiziert wurden. Die Datenauswertung erfolgt im Post-Prozess. So lassen sich Transaktionsdaten reorganisieren, die dann in die Struktur der Data-Mining-Datenbank integriert werden. Daneben initiiert das System in diesem Schritt alle vordefiniertenperiodischen Analysen. Im vierten Prozessschritt erfolgen letztlich die Datenweitergabe und Datenoptimierung an die Analysis-Services-Cubes.

Die Datenwürfel spricht die Software über OLE-DB für Olap an. Bei OLE (Object Link Embedding) handelt es sich um eine Methode von Microsoft, die es ermöglicht, auf Funktionen von Anwendungssoftware zuzugreifen. Durch OLE ist es möglich, aus einer Applikation heraus Features einer anderen Anwendung zu benutzen, ohne diese Funktionen in der benutzten Applikation zu implementieren. Für die native Datenbank von Navision und die Oracle-DB von Axapta verwendet Business Analytics den ODBC-Treiber, der mit Rohdaten arbeitet. Unter SQL erfolgt der Transfer direkt mittels DTS (Data Transformation Services).

Wie bei den Cognos-Modulen für Sage KHK entspricht auch die Benutzeroberfläche von "Business Analytics" nicht derjenigen von Navision beziehungsweise Axapta. "In künftigen Versionen werden wir uns noch stärker dem Navison- beziehungsweise Axap-ta-Look-and-Feel nähern", verspricht Caren-Renée JØrgensen, Produktspezialist bei Microsoft Business Solutions. Business Analytics bietet die Gates-Company seit Februar 2003 in Deutschland an. Eine Online-Hilfe ist in deutscher und englischer Sprache enthalten.

Die Preise für das Modul richten sich nach der im Einsatz befindlichen Business Software - also Navision oder Axapta. Für eine Minimalinstallation unter Navision müsste ein Anwender lautJ?orgensen Folgendes kalkulieren: Ein Windows-Client für Business Analytics kostet inklusive SQL-Server in der Standard Edition 2.200 Euro. Ein Funktionspaket wird mit 650 Euro berechnet, und der Preis pro Anwender beträgt 460 Euro. Insgesamt kostet die Lösung in der einfachsten Variante also 3.310 Euro.

Für das Geld gibt es viele Excel-Lizenzen. Doch die Zeitersparnis bei der Bericht- und Kennzahlenerstellung, die besseren Chancen im Rating gemäß Basel II und das Erkennen neuer Geschäftsmöglichkeiten durch Analysefunktionen führen zu einem schnellen Return on Investment der Report-Erweiterungen von Sage KHK und Microsoft Business Solutions.

www.sagekhk.de; www.navision.de

ComputerPartner-Meinung

Sowohl Sage KHK als auch Microsoft Business Solutions arbeiten für ihre Business-Intelligence-Erweiterungen mit starken Partnern zusammen. Sage KHK hat sich mit Cognos allerdings einen Softwarehersteller ins Boot geholt, der mit Business Objects um die Marktführerschaft in diesem Geschäft ringt. Zudem setzen die Frankfurter bereits seit der Systems 2001 gemeinsam mit Cognos auf erweiterte Controlling-Funktionalität für ihre ERP-Lösungen. Es steht aber außer Frage, dass Microsoft bei der Integration von Produkten aus dem eigenen Haus wie "Excel" oder dem "SQL-Server" immer einen Vorteil gegenüber allen anderen Herstellern hat. (hei)

Glossar zum Funktions-Schema

Native/SQL-Datenbank

Bei der Installation, Konfiguration und Bearbeitung von Business Analytics werden die Datenbanken von Navision oder Axapta als Datenquelle verwendet.

C/ODBC, OLE DB

Offene Standardschnittstelle zur Extraktion der Daten aus der Quelldatenbank. OLE DB wird verwendet, um entweder durch C/ODBC die native Navision- beziehungsweise die Oracle-Datenbank von Axapta oder direkt die SQL- Quelldatenbank anzusprechen.

SQL-Server 2000

Relationale Datenbank, die für das Zurückspeichern und Nachbearbeiten der Daten verwendet wird.

Analysis Services 2000

Multidimensionale Datenbank, in der die Cubes erstellt werden, die auf den gespeicherten Daten des SQL-Servers basieren.

Targit/BA-ANT-Server

Ein Serverteil der Business-Analytics-Architektur, der den Zugriff auf Analysis-Cubes, einen Sprachlayer, Benutzersteuerung und -rechte ermöglicht.

Client-Programme

Analysis und Analysis-Web. Analysis-Web verwendet den Microsoft Internet Information Server IIS, um den Client Service über einen Browser anzubieten.

Zur Startseite