RFI: Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner

27.06.2002

Die Lage des Distributors RFI ist kritisch. Das Unternehmen leidet nicht nur unter der momentanen Marktschwäche, sondern auch unter der Zugehörigkeit zum Lintec-Konzern (siehe Artikel auf Seite 10). RFI droht im Strudel der heftig schlingernden Lintec-Töchter Pixelnet und Batavia mit in die Tiefe gerissen zu werden. Banken und Kreditversicherer sind extrem nervös. Der Slogan "No risk, no fun" hat bei ihnen derzeit keine Konjunktur. Eigene Fehleinschätzungen des RFI-Managements (Bluetooth) haben die Krise verschärft.

Der RFI-Vorstand macht in diesen Tagen keine besonders glückliche Figur. Unternehmens-Chef Walter Daguhn weilt sogar im Urlaub. Dieser sei ihm natürlich gegönnt, aber muss das gerade jetzt sein? Die Erfahrung, zum Beispiel mit dem Untergang des Systemhauses M+S im vergangenen Jahr, hat gezeigt, wie schnell ein Tanker absaufen kann. Wenn der Kapitän in dieser Zeit nicht auf der Brücke steht, kann sich die Zeit sogar noch verkürzen. Oder hat Daguhn den Ernst der Lage noch nicht erkannt?

Auch das, was man aus RFI-Kreisen hört, klingt nicht nach einem durchgreifenden Plan. Da heißt es unter anderem, man müsse mit den Lieferanten - also den Herstellern - über ein finanzielles Entgegenkommen sprechen. Hier sollte man nicht zuviel erwarten. Auch in diesem Punkt war der M+S-Absturz sehr lehrreich. Die Industrie hat den Untergang des Systemhauses zwar mit Kummer und Besorgnis verfolgt - geholfen aber hat dem Unternehmen niemand, schon gar nicht mit Geld oder dem Verzicht darauf.

Das kann man auch nicht erwarten. Das Risiko, dass eine solche Unterstützungsmaßnahme wirkungslos bleibt und der Lieferant dadurch selber in Schwierigkeiten kommt, ist einfach zu groß. Bekanntlich hört beim Geld die Freundschaft auf. Daher gibt es im wirklichen Leben auch keine "Geschäftsfreunde", der Ausdruck ist ein Widerspruch in sich. Schließlich geht es im Geschäftsleben im Wesentlichen um nichts anderes als ums Geld.

Dennoch ist es zu früh, um das Totenglöcklein über den Spezialdistributor für mobile Lösungen zu schlagen. RFI genießt im Handel und bei den Systemhauskunden einen sehr guten Ruf; die ausgezeichnete Platzierung bei den "Channel-Champions" - Platz drei im vergangenen Jahr - untermauert dies. RFI muss nun, auch als Signal an die Finanzwirtschaft, einen harten Schnitt machen. Alles muss raus, was das Unternehmen belastet und was keine konkrete Aussicht auf kurzfristigen wirtschaftlichen Erfolg hat. Für Experimente, strategische Investitionen, die sich vielleicht einmal auszahlen, vielleicht aber auch nicht, ist derzeit nicht der Augenblick. Und RFI braucht einen Plan und jemanden, der keine Skrupel hat, die notwendigen Maßnahmen auch umzusetzen.

Damian Sicking

dsicking@computerpartner.de

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