SAP profitiert von der Schlacht zwischen Peoplesoft und Oracle

12.06.2003
Der ERP-Markt spielt verrückt. Mitte vergangener Woche kündigte Peoplesoft an, seinen Wettbewerber J.D. Edwards zu übernehmen. Jetzt will der Datenbankgigant Oracle den ERP-Spezialisten Peoplesoft kaufen.

"Ein scheußlich schlechtes Verhalten von einem Unternehmen mit einer Geschichte von scheußlich schlechten Verhaltensweisen", kommentiert Craig Conway, CEO bei Peoplesoft, das feindliche Übernahmeangebot seines Wettbewerbers Oracle. Andererseits fühlt sich Conway bestätigt: "Falls irgendjemand noch eine Bestätigung für die Bedeutung der Übernahme von J.D. Edwards benötigt, haben wir diese von Oracle gehört."

Anfang vergangener Woche hatte Peoplesoft angekündigt, J.D. Edwards zu kaufen. Am vorigen Freitag schlug der dadurch unter Druck geratene Datenbankgigant Oracle zurück.

Peoplesoft-Produkte sollen eingestellt werden

Für 5,1 Milliarden Dollar will Larry Ellison, Gründer und CEO von Oracle, Peoplesoft schlucken. Doch Craig Conway denkt gar nicht daran, die feindliche Übernahme kampflos hinzunehmen, wie er gegenüber der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" mitteilte. Seinen Aussagen zufolge gäbe es keine Summe, zu der er Peoplesoft an Oracle verkaufen würde.

Das Angebot von Larry Ellison von 16 Dollar pro Aktie bereitet Conway die wenigsten Sorgen. Bei der Bekanntgabe lag es nur knapp einen Dollar über dem Kurs der Peoplesoft-Aktie. Die IT-Analysten von AMR Research sehen für Aktionäre erst einen Preis von 25 Dollar als lohnend an. Vielmehr dürfte es Conway ärgern, dass es Ellison gelang, den Markt zu verunsichern.

Sollte Oracle tatsächlich Peoplesoft übernehmen, hat Ellison bereits angekündigt, die Anwendungen seines Wettbewerbers nicht mehr aktiv anzubieten, sondern nur noch Support für Stammkunden zu leisten. Nach Angaben des Oracle-CEOs sollen Entwickler von Peoplesoft Features der Software in Oracles "E-Business-Suite" integrieren, um eine Migration zu erleichtern. "In der nächsten Generation bieten wir ein kombiniertes Produkt an", erklärte Ellison.

SAP bleibt die Nummer eins bei Unternehmenssoftware

Davon würde auch SAP profitieren. Alle Peoplesoft-Kunden wären auf einen Schlag wieder am Markt. Oracle kämpft mit SAP zwar um die Krone im Markt für Unternehmenssoftware, doch die Walldorfer können das muntere Übernahmetreiben ihrer Wettbewerber gelassen von der hohen Warte des Marktführers aus betrachten. Sie profitieren von der Unsicherheit bei den Kunden ihrer Konkurrenten.

Allerdings laufen die meisten SAP-Installationen nach wie vor auf Oracle-Datenbanken. Gelänge Ellison die Peoplesoft-Übernahme inklusive J.D. Edwards, und könnte er deren Kunden durch lukrative Angebote von seinen ERP-Anwendungen überzeugen, würde auch SAPs Spitzenposition etwas wanken. Vorsichtshalber empfehlen die Walldorfer schon seit längerem die IBM-Datenbank "DB2" für ihre Anwendungen. Big Blue hat sich weit gehend aus dem Anwendungsgeschäft zurückgezogen.

J.D. Edwards hofft auf Wettbewerbshüter

Bezüglich des Übernahmeangebots von Peoplesoft an J.D. Edwards teilte der Oracle-Chef mit: "Unser Angebot gilt Peoplesoft." Erst wenn diese Akquisition abgeschlossen sei, werde man darüber nachdenken, ob und zu welchen Bedingungen der ERP-Hersteller aus Denver attraktiv sein könnte.

Robert Dutkowsky, CEO bei J.D. Edwards, gibt sich ob der Ankündigung von Oracle gelassen. Die feindliche Übernahme von Peoplesoft würde von europäischen und amerikanischen Kartellämtern unter die Lupe genommen, weil dadurch einer der größten Konkurrenten von Oracle eliminiert würde. "Eine definitive Übernahmevereinbarung ist geschlossen und Integrationsplanungen sind bereits aufgenommen", zeigt sich auch Rick Allen, CFO bei J.D. Edwards, zuversichtlich. Doch das letzte Wort haben so oder so die Aktionäre von Peoplesoft.

www.oracle.de

www.peoplesoft.de

www.jdedwards.de

www.sap.de

ComputerPartner-Meinung

Der Kampfjetflieger Larry Ellison liebt den Nervenkitzel. Er liebt es aber gar nicht, wenn ihm seine Konkurrenten (sei es im Sport oder in der Wirtschaft) überholen. Genau das hat der Her-steller von Unternehmenssoftware Peoplesoft versucht, als deren CEO Craig Conway Mitte vergangener Woche ankündigte, den WettbewerberJ.D. Edwards zu übernehmen. Der Zusammenschluss der beiden ERP-Hersteller bedrohte den Oracle-Gründer im Kampf gegen seinen Erzfeind SAP, die Nummer eins in diesem Markt. Nach drei schlaflosen Nächten hat sich der in die Defensive gedrängte Ellison zum Befreiungsschlag entschlossen. Dass er Peoplesoft zum Schnäppchenpreis für 16 Dollar pro Aktie bekommt, ist eher unwahrscheinlich. Ein Ziel hat der Kalifornier aber in jedem Fall erreicht: Er hat durch seinen Schachzug den Druck zum Handeln von sich auf seine Wettbewerber verlagert und dadurch Zeit gewonnen, sich strategisch auf die neue Situation einzustellen. Bislang profitiert von dem ganzen Wirbel allerdings nur SAP. Bis entschieden ist, wer gegen den Softwareriesen aus Walldorf in den Ring steigen darf, kann sich dieser in aller Ruhe auf den Kampf vorbereiten. (hei)

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