Die Zukunft des Handy-TV liegt in der Verbreitung per Satellit, geht aus einer Marktanalyse des Unternehmensberaters Frost & Sullivan hervor. Hier würden sich die optimalen technischen Voraussetzungen für ein Boom-Geschäft finden. Sobald eine effiziente Übertragung und Distribution von Mobil-TV-Diensten möglich ist, wird der Europamarkt für Handy-Fernsehen erheblich an Fahrt gewinnen, prognostizieren die Experten, die in der Sat-Technologie in Verbindung mit der terrestrischen Ausstrahlung die Basis für eine große Verbreitung sehen. Andere Branchenkenner wiederum kritisieren das Fehlen von Inhalten, die auf das Format zugeschnitten sind.
Derzeit liegen die Umsätze mit Handy-TV bei 1,92 Millionen Euro, bis 2014 sollen sie jedoch auf 3,2 Milliarden Euro anwachsen. "Mit der zunehmenden Verbreitung von Handy-TV-Diensten in ganz Europa wächst der Anspruch von Kunden und Betreibern an die technische Zuverlässigkeit und breitflächige Verfügbarkeit der Angebote genauso wie an ihre inhaltliche Qualität", sagt Natalie Bentz, Research Analyst bei Frost & Sullivan. Hybridnetze, die Satelliten mit terrestrischer Ausstrahlung kombinieren, gewährleisten einen sicheren Empfang sowohl in städtischen als auch ländlichen Regionen, im Innen- wie im Außenbereich. Die unbegrenzte Netzabdeckung ohne Qualitätsverlust wird über das S-Band möglich, dessen Inbetriebnahme in nächster Zeit EU-weit geplant sei, so die Unternehmensberater. Der Standard DVB-SH wurde vor einem Jahr auf der IFA erstmals im Echtbetrieb demonstriert.
Doch auch der Einsatz von Backhaul-Diensten über Satellit biete erhebliche Vorteile für Handy-TV-Anbieter. Backhaul hat sich sowohl für Daten- als auch für Videoanwendungen bewährt und ist im Gegensatz zur Hybrid-Infrastruktur via S-Band-Satellit nicht von der Standardisierungsproblematik betroffen, so die Analystin. Da die Lösung außerdem nicht auf einer Direktverbindung vom Satelliten zum Endnutzer basiert, erfordert sie keine spezifischen Geräte oder Chipsets. Gewisse Herausforderungen ergeben sich jedoch für die Anbieter beider Lösungen, schränkt Bentz ein. So müssen sich beispielsweise Hybridnetze wie auch Backhaul-Dienste gegen die Konkurrenz von Seiten terrestrischer Netze behaupten. "Bis das Satellitensegment für die Hybridlösung verfügbar ist, dürften sich die terrestrischen Lösungen zumindest in einigen Märkten bereits fest etabliert haben", meint Bentz. "Bei den Backhaul-Diensten sind die Probleme eng mit dem so genannten Bandbreitenhunger für Handy-TV-Anwendungen verbunden."
Für Torsten Schollmayer, Marketing Strategist Telecommunications & Media Continental Europe beim Consulting-Unternehmen Sapient, ist die Diskussion über Erfolgschancen von mobilem Fernsehen zu sehr auf die technische Ebene konzentriert. "In der Tat verspricht Handy-TV über Satellit via S-Band eine bessere Verfügbarkeit und Qualität, allerdings ist das Fehlen dieser Attribute nicht der ausschlaggebende Grund für das schleichende Wachstum von Mobile TV", meint Schollmayer. Viel wichtiger hingegen sei, dass dem Nutzer ein Mehrwert aus dem Angebot entsteht. "Es gibt derzeit keinen wirklich interessanten Inhalt, der die Bedürfnisse des mobilen Kunden deckt. Erst zugeschnittener mobiler Inhalt 'on demand' oder 'on event' wird zum Markterfolg führen", so Schollmayer gegenüber pressetext. "Denn damit sich Handy-TV in Deutschland durchsetzt, müssen die Content-Anbieter neue mobile Inhalte produzieren. Nur wenn diese in einem kurzen und prägnanten Format geboten werden und der Informationswert der mobilen Umgebung angepasst ist, wird sie der Nutzer akzeptieren", sagt Schollmayer.
Der Experte nennt aus inhaltlicher Sicht zwei Anwendungsanlässe, auf die sich Anbieter konzentrieren sollen: Langeweile und Event. "Man bietet also entweder einen spezifischen 'Long-Tail'-Inhalt, der bei Langeweile persönliche Vorlieben bedient - beispielsweise Daily Soap - oder die Übertragung etwa des Fußball-WM-Finales, um den gesellschaftlichen Anspruch zu gewährleisten. Erst die Symbiose aus interessantem "mobilen" Inhalt und technischer Einfachheit wird zum Markterfolg führen", ist Schollmayer überzeugt. (pte) (wl)