Microsofts Unterstützung des Dokumentformats ODF mit dem Office 2007 Service Pack erntet scharfe Kritik seitens der ODF Alliance, einem weltweiten Zusammenschluss von Regierungsstellen, NGOs, akademische Einrichtungen und Unternehmen an. Aufgrund von Tests ortet die Organisation ernsthafte Mängel in der Microsoft-Umsetzung, welche die sinnvolle Interoperabilität mit anderer ODF-unterstützender Software gefährden.
"Potenziell Millionen an ODF-Dateien in Umlauf zu bringen, die nicht interoperabel und zur ODF-Unterstützung anderer Anbieter inkompatibel sind, ist ein Rezept für eine Fragmentierung", kritisiert Marino Marcich, geschäftsführender Direktor der ODF Alliance. Er sieht den erreichten Grad der Interoperabilität als keineswegs ausreichend für realweltliche Anforderungen. Microsoft betont, dass das Problem nicht nur bei der eigenen Umsetzung liegt. "Es gibt beispielsweise keine einzige Implementation, die exakt dem ISO-Standard für ODF entspricht", meint Gerhard Göschl, Manager strategisches Marketing bei Microsoft Österreich.
Als Microsoft Ende April 2009 das Office 2007 SP2 veröffentlicht und damit eine ODF-Unterstützung implementiert hat, gab sich die ODF Alliance noch erfreut über diesen Erfolg für das offene Dokumentformat. Eine Reihe von Interoperabilitätstests mit anderen Produkten, darunter OpenOffice und Google Docs, sorgte aber für Ernüchterung. "Der Grad der Interoperabilität entspricht bei weitem nicht dem, was Regierungen rund um die Welt fordern", sagt Marcich. Besonders der Umgang von Excel 2007 mit ODF-Spreadsheets musste in den Tests Federn lassen. Insbesondere wurden Formeln zur Berechnung von Zellenwerten beim ODF-Import nicht richtig verarbeitet.
ODF-Plug-ins für Microsoft Office von Drittanbietern haben sich in Sachen ODF-Unterstützung als besser herausgestellt als das Microsoft Office SP2", heißt es in diesem Zusammenhang. Mit Excel 2007 erstellte ODF-Spreadsheets würden ihrerseits nicht dem ODF-1.1-Standard entsprechen, so die ODF Alliance. "Wir haben das vom OASIS-Konsortium abgesegnete ODF 1.1 umgesetzt", sagt dagegen Göschl. Andere Programme würden teils schon auf das noch nicht als Spezifikation abgesegnete ODF 1.2 setzen, was seinerseits Interoperabilitätsprobleme bedingen könne.
Von der ODF Alliance ebenfalls bemängelt wird, dass Microsofts hauseigene ODF-Unterstützung das Nachverfolgen von Änderungen nicht ermöglicht. Diese Funktionalität ist gerade in Sachen Zusammenarbeit sehr wichtig. Dass Microsoft dieses Feature bei ODF nicht unterstützt, schließe eine effiziente Zusammenarbeit von Office-2007-Usern mit Nutzern anderer Pakete aus, darunter OpenOffice, StarOffice und Lotus Symphony, so die ODF Alliance. Ferner kritisiert man auch, dass Microsoft die Verschlüsselung von ODF-Dokumenten nicht unterstützt. Dadurch ist es beispielsweise nicht möglich, passwortgeschützte ODF-Dateien mit Office 2007 zu öffnen.
"Unabhängige Experten, die sich auf Dateiformate spezialisiert haben, bestätigen, dass die ODF Implementierung von Microsoft Standard-konform ist", hält Göschl den ODF-Alliance-Vorwürfen entgegen. Er verweist unter anderem auf eine Analyse, die der Brite Alex Brown in seinem Blog veröffentlicht hat. Er vertritt die Ansicht, dass die Definition ODF 1.1 teils keine präzisen Formulierungen nutzt und daher Interpretationsspielraum bietet. Gegen Microsofts ODF-Umsetzung gerichtete Tirade des IBM-Mitarbeiters Robert Weir seien daher nicht wirklich haltbar. (pte)