Schultze: "Wir bezeichnen uns heute nicht mehr als Distributor"

05.04.2000
"Der Channel ist tot", tönt es aus allen Richtungen. Der direkte Vertrieb über das Internet lasse die Totenglocken für Zwischenhändler läuten. Ganz im Gegenteil, meint Axel Schultze, CEO von Internet 2000. Je mehr Internet-Nutzer weltweit online gehen und einkaufen, desto stärker sind Handelspartner gefragt.

Seit ich in diesem Geschäft bin, wurde der indirekte Kanal bestimmt schon dreimal für tot erklärt", meint Schultze. Und im Geschäft ist er schon eine ganze Weile. Schließlich gründete er als einer von dreien bereits 1983 den Broadliner Computer 2000. Mangelnde Branchenkenntnis kann ihm also nicht vorgeworfen werden.

Mit seiner Meinung, dass das Internet keine Bedrohung für Zwischenhändler sei, widerspricht Schultze der gängigen Lehrmeinung der IT-Analysten. Seine Logik ist einfach: "Der Channel muss ins Netz." Und die Internet 2000 AG will dabei assistieren. Auf Neudeutsch heißt das dann "Channel Enabling Company" ("enabling" heißt ermöglichen).

Im traditionellen Business-to-Business-Vertrieb via Internet bleibt der indirekte Kanal bisher außen vor. Die Geschäftsbeziehung spielt sich zwischen Hersteller und Kunde ab, vielleicht darf gerade noch ein Großhändler mitspielen. Wenn aber in einigen Jahren mehr als eine Milliarde Internet-Nutzer online sind, brauchen die Hersteller Partner, die die Auftragsflut und Support-Nachfrage für sie übernehmen, meint der Internet-2000-Gründer. "Deswegen wird der indirekte Kanal auch in Zukunft ein wichtiges Instrument bleiben, um den Markt zu erreichen", glaubt Schultze.

Die Rolle von Internet 2000 sieht er darin, mit bestimmten Werkzeugen den Wiederverkäufern ihre Rolle in der Internet-Ökonomie zuzuweisen (siehe Kasten). Der reine Produktverkauf tritt für das Ober-hachinger Unternehmen zunehmend in den Hintergrund. Mittlerdienste zwischen Herstellern und Handelspartnern, wie etwa als Zertifizierungsstelle in der elektronischen Software-Distribution zu fungieren oder einen Masterstore zu hosten, an dem die Shops der Kunden hängen, werden immer wichtiger. "Wir würden uns heute nicht mehr als Distributor bezeichnen", sagt Schultze. Im vergangenen Jahr entfiel zwar erst ein Viertel des Umsatzes von 25 Millionen Mark auf solche Dienstleistungen. Doch Schultze rechnet damit, dass genau solche Mittlerrollen in fünf Jahren die Haupteinnahmequelle seiner Company sein werden.

Wie hoch der Anteil der Value-Added-Services am diesjährigen Umsatz (geplant sind 52 Millionen Mark) sein wird, will Schultze nicht sagen. Im Herbst wird Internet 2000 übrigens an die Börse gehen.

Nicht ersetzt, aber verändert

Nicht ersetzt, aber verändert wird der Channel durch das Internet. "Web-Integratoren und E-Com-merce-Dienstleister wachsen stark in die klassische EDV hinein", stellt der Internet-2000-Chef fest. Seiner Meinung nach wird es noch viele Übernahmen geben, Web-Integratoren werden sich klassische IT-Häuser einverleiben. Denn sie hätten bisher ja auch nichts anderes gemacht, als das Geschäft ihrer Kunden mit EDV-Lösungen zu unterstützen. Und nachdem sie die Kunden zuerst mit Mainframes, dann mit PCs und schließlich mit internen Netzwerken ausgerüstet haben, würden die Rechner jetzt eben global vernetzt. Systemhäuser, die keine E-Commerce-Kompetenz aufbauen, werden es zukünftig schwer haben, ist Schultze überzeugt.

Die deutsche Systemhauslandschaft wird sich, getrieben vom Thema E-Business, stark verändern. Dennoch steht für Schultze fest: "Der Gewinner ist der Channel, weil er immer noch schneller und näher am Kunden ist als jeder andere." (is)

www.internet2000.de

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