Schwenk in die Vertikale

28.11.2002
Die Festplattentechnologie ist noch lange nicht ausgereizt. Forscher von Seagate haben es geschafft, mehr als 100 Gigabit pro Quadratzoll auf einer Festplattenoberfläche zu speichern.

Weltweit steigt der Speicherbedarf immer stärker an. Festplatten sind heute Datenträger erster Wahl, wenn es darum geht, schnell und effizient Daten zu speichern oder abzurufen. Forscherteams in aller Welt arbeiten daran, die Kapazität dieser Datenträger zu erhöhen. Mit heutigen Technologien ist allerdings bald eine Grenze erreicht.

Magnetische Festplatten arbeiten heutzutage nach den gleichen Prinzipien wie ihre Vorläufer aus den Anfängen des Computerzeitalters. Die spezifischen Daten werden auf einer rotierenden Scheibe abgelegt. Dabei magnetisiert ein so genannter Schreibkopf kleine Bereiche auf der Festplattenoberfläche. Ein Lesekopf, der sich über die rotierende Scheibe bewegt, kann die Daten anschließend lesen.

Ende der longitudinalen Aufzeichnung

Auf einer Magnetplatte werden also digitale Informationen, dargestellt als Kombinationen von "0" und "1", in winzigen magnetischen Bereichen geschrieben. Diese wiederum bestehen aus vielen, noch kleineren Körnern. Ein vom Schreib-/Lesekopf erzeugtes Magnetfeld richtet die Magnetisierung des geschriebenen Bits in eine bestimmte Richtung aus - entsprechend einer 0 oder einer 1. Die derzeit hergestellten Festplatten nutzen hierzu die Methode der Longitudinal-Aufzeichnung. Hierbei liegt die Magnetisierung der Bits abwechselnd parallel und anti-parallel zu der Richtung, in der sich der Kopf zur Platte bewegt. Die Flächendichte von Festplatten zu erhöhen ist nicht einfach. In den letzten Jahren wurden bei der Longitudinal-Aufzeichnung Stei-gerungsraten bei der Flächendichte von 100 Prozent pro Jahr erreicht. Aber es wird immer schwieriger, die Flächendichte weiter zu erhöhen, und es wird erwartet, dass diese Raten in Zukunft sinken.

Feldstärke nicht beliebig steigerbar

Um auch die Flächendichte und damit die Speicherkapazität bei Longitudinal-Aufzeichnungen erhöhen zu können, müssen die Daten-Bits verkleinert und dichter angeordnet werden. Hier gibt es jedoch Grenzen: Sind sie zu klein, kann allein die Umgebungswärme ausreichen, um eine Demagnetisierung auszulösen und damit einen Informationsverlust herbeizuführen. Dieses Phänomen ist bekannt als Superparamagnetismus. Um superparamagnetische Effekte zu vermeiden, haben Plattenhersteller durch geeignete Materialien die Magnetkraft (Koerzitivität) der Medien erhöht. Dies bedingt aber eine Erhöhung der Feldstärke, die nötig ist, um ein Bit zu schreiben. Und die kann nicht beliebig gesteigert werden, denn sie wird begrenzt durch die für den Schreib-/Lesekopf verwendeten Materialien. Obwohl Seagate glaubt, dass mit den heutigen Longitudinal-Aufzeichnungsmethoden noch über 100 Gigabit pro Quadratzoll in der Dichte erreichbar sind, erprobt das Unternehmen schon eine neue Technologie.

Die Lösung heißt vertikale Magnetisierung

Mithilfe der neuartigen "Perpendicular Recording Technology" - einer vertikalen Aufzeichnungstechnologie - haben Entwickler von Seagate auf Anhieb bei einer Demonstration eine Flächendichte von mehr als 100 Gigabit pro Quadratzoll erreicht. Dieser "Schwenk in die Vertikale" ermöglicht außerdem Rekordleistungen bei der Datenübertragungsrate von bis zu 125 Megabyte pro Sekunde. Die Vertikalaufzeichnung richtet die magnetischen Partikel senkrecht zur Scheibenoberfläche aus, sodass der Schreib-/Lesekopf mehr Informationen pro Flächeneinheit aufzeichnen beziehungsweise lesen kann.

Unter der Verwendung von standardisierten industrieüblichen Testprozeduren hat Seagate bei der Vertikalaufzeichnung eine Aufzeichnungsdichte von 100 Gigabit pro Quadratzoll erreicht, bei 700 Kilobit, 143.000 Tracks pro Zoll und 330 Megabit pro Sekunde. Dies ist die höchste bislang dokumentierte Flächendichte bei vertikalen Aufzeichnungssystemen und stellt eine deutliche Verbesserung des State-of-the-Art dar. Der bisherige Rekord lag bei 60 Gigabit pro Quadratzoll.

"Die Vertikalaufzeichnung soll langfristig Flächendichten von bis zu 1 Terabit pro Quadratzoll erreichen, was grob der 20fachen Dichte heutiger State-of-the-Art-Festplatten entsprechen würde", so Dr. Mark Kryder, Senior Vice President of Research bei Seagate. "Dies kommt der Speicherung von über 1 Terabyte (1.000 Gigabyte) an Informationen gleich - oder 500 DVD-Filmen auf einer einzigen 3-Zoll-Scheibe."

Kryder glaubt, dass die Vertikalaufzeichnung schon im Kalenderjahr 2004 in den Produkten des Unternehmens zum Einsatz kommen wird.

www.seagate.de

ComputerPartner-Meinung:

Mit der vertikalen Datenaufzeichnung wird es in den nächsten Jahren möglich werden, die Festplattenkapazität in ungeahnte Größenordnungen zu schrauben. Festplatten werden damit auch in den kommenden Jahren nicht aussterben, sondern noch lange als Datentäger Nummer eins im Computer verbleiben. (jh)

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