Senkrechte Magnetfelder

14.11.2006
Der Wandel ist vollzogen: neue Festplatten kommen nur noch mit der Perpendicular Recordíng-Technologie heraus. Nur so lassen sich die gewünschten großen Kapazitäte realisieren. Doch was ist eigentlich Perpendicular Recording?

Von Hans-Jürgen Humbert

Perpendicular Recording ist ein raffiniertes Verfahren um eine höhere Datendichte auf der Festplatte zu erreichen. Doch wie funktioniert eine Festplatte eigentlich?

Das Herzstück einer Harddisk ist eine runde Scheibe mit magnetiserbarer Oberfläche. Ein so genannter Schreibkopf wird dicht über eine diese Fläche gebracht. In dem Kopf befindet sich eine kleine Spule, die mit Strom beschickt wird. Es entsteht ein Magnetfeld, das eine winzige Stelle direkt unter dem Kopf aufmagnetisiert. Die Platte dreht weiter und die nächste Stelle kann magnetisiert werden. Beim Lesen der geschriebenen Daten fliegt der Kopf im Mikrometerabstand über die Platte. Durch die nun schnell wechselnden Magnetfelder wird in der Spule eine winzige Spannung induziert. Nach ausreichender Verstärkung lassen sich die einzelnen Magnetfelder wieder als Datenstrom auslesen.

Grenzen der Technologie

Um die Kapazität zu steigern, müssen die magnetisierbaren "Körner" auf dem Medium immer kleiner werden. Das geht aber nur bis zu einer gewissen Grenze. Denn dann tritt ein Effekt auf, der in der Physik als Superparamagnetismus bezeichnet wird.

Man stelle sich die kleinen magnetischen Bereiche als winzige Stabmagneten mit jeweils einem Nord- und einem Südpol vor, die in einer langen Kette hintereinander liegen (Longitudinal-Recording). Wenn nun die Magneten so aufeinander folgen, dass zwei Nordpole aneinander grenzen, stoßen sie sich ab. Solange die Bereiche, in unserem Beispiel die Stabmagneten, groß genug sind, werden sie durch das Kristallgefüge des Mediums an ihrem Platz gehalten. Macht man sie aber kleiner, reicht schon eine geringe Temperaturerhöhung, um einen der beiden "Stabmagneten" zu drehen. Die Folge: Das Bit kippt. Die Daten dieser Datei sind damit zerstört.

Mit gewissen Tricks, wie beispielsweise verschiedenen Materialien, lässt sich der superparamagnetische Effekt mildern, aber nie ganz ausschließen. Deshalb ist die heutige longitudinale Aufzeichnungstechnologie irgendwann am Ende.

Lösung: Perpenticular Recording

Einen Ausweg aus dieser Klemme soll eine "senkrechte" Aufstellung der magnetischen Bereiche bilden. Da sich nun bei der Aufzeichnung jeweils Nord- und Südpol abwechseln, können sich die kleinen Magnete quasi aneinander "klammern", was die Stabilität der magnetischen Schichten noch einmal steigert. Der superparamagnetische Effekt kann somit bei dieser Aufzeichnungsmethode nicht mehr in Erscheinung treten.

Allerdings müssen nun ein völlig neues Medium und ein neuer Schreibkopf entwickelt werden. Während beim Longitudinal-Recording, das aus dem Luftspalt austretende Magnetfeld, die Umorganisation der Speicherbereiche nacheinander waagerecht erzeugt, müssen nun die Feldlinien senkrecht ins Material eintreten, um eine senkrechte Magnetisierung zu erzwingen.

Der Schreibkopf besitzt deshalb zwei unterschiedlich breite Schenkel (siehe Grafik). Die Feldlinien treten an dem dünneren Schenkel fast senkrecht in die Oberfläche ein. Um sie nun zum breiteren Schenkel zu zwingen, ist unter der eigentlichen magnetischen Oberfläche eine weitere angebracht. Diese "spiegelt" den Schreibkopf unter die zu magnetisierende Schicht. Das Ergebnis: Die Feldlinien verlaufen nahezu senkrecht in dem Material und erzeugen kleine senkrecht stehende magnetische Bereiche. Zum Lesen wird kann ein üblicher Lesekopf verwendet werden.

Durch die Vorteile des Perpendicular Recordings sind Speicherdichten von einem Terabit pro Quadratzoll möglich. Das würde schon in zwei bis drei Jahren eine 3,5-Zoll-Festplatte ermöglichen, die ein ganzes Terabyte an Daten speichern kann. Zum Vergleich: Heutige Festplatten ermöglichen Aufzeichnungsdichten von maximal 100 Gigabit pro Quadratzoll. Nach Meinung der Experten ist eine weitere Steigerung nur bis maximal 120 Gigabit möglich, bevor der superparamagnetische Effekt so stark in Erscheinung tritt, dass die Daten schon bei kleinsten Temperaturschwankungen "umkippen".

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