SMS-Schnüffelei der Polizei im Visier von Datenschützern und Staatsanwälten

08.04.2003
Heimlich, still und leise werden immer mehr Normalbürger zur Zielscheibe eines polizeilichen Ermittlungsverfahrens, das laut Paragraph 100 a der Strafprozessordnung eigentlich nur bei äußerst schweren Verbrechen wie Mord, Hochverrat und sexuellem Kindesmissbrauch zum Einsatz kommen darf. Gemeint ist die Personenüberwachung über das Handy, genauer über eine von dem Besitzer des Mobiltelefons unbemerkte „stille" SMS. Nicht nur die Datenschützer sind alarmiert. Auch Richter und Staatsanwälte monieren eine zunehmende Aufweichung der Gesetze zur Telekommunikationsüberwachung. Dabei berufen sich die Ermittler laut „Der Spiegel" in der aktuellen Ausgabe auf die Paragraphen 100 g und h, die letztes Jahr nach dem 11. September 2001 im Rahmen der Anti-Terror-Gesetzgebung wirksam wurden. Demnach sind Netzbetreiber bei dringendem Verdacht einer „Straftat von erheblicher Bedeutung" angehalten, „unverzüglich Auskunft" über die Verbindungsdaten einschließlich Standortkennung einer Zielperson zu erteilen. In den Paragraphen ist aber eindeutig geregelt, dass eine solche Überwachung nur bei tatsächlicher Verbindung eines Handys, nicht aber beim Stand-by-Modus erlaubt ist. Als Überwachungsinstrumente kommen dem Nachrichtenmagazin zufolge Programme wie „SMS Blaster" oder „Smart SMS" zum Einsatz, die eigentlich für den Massenversand von Kurznachrichten per PC gedacht sind. Beide Programme bieten zudem eine „Stealth Ping" genannte Funktion, mit denen Mobilfunkbetreiber durch unbemerktes Anklopfen („Pingen") feststellen können, ob der Kunde in fremden Roaming-Partnernetzen erreichbar ist. Gerade dieses „Pingen" sei schon zum Lieblingsspielzeug von Dorfpolizisten anvanciert, schreibt „Der Spiegel". Für Thilo Weichert, Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Datenschutz, ist die Personenüberwachung per SMS ein Beweis, „wie sehr der Gesetzgeber den Strafverfolgern hinterherhinkt". Er fordert eine verstärkte parlamentarische Kontrolle und Offenlegung der polizeilichen Fahndungspraktiken: „Die müssen endlich die Hosen runterlassen!" Solange sich auf jener Front aber nichts tut, bleibt dem Handy-Besitzer, der vermuten muss, dass er per SMS überwacht wird, nur Eines: abschalten. Immerhin hat die Stuttgarter Oberstaatsanwaltschaft in einem Schreiben an den Generalstaatsanwalt schon darauf hingewiesen, dass sie die Erstellung eines Bewegungsprofils nur im strengen Rahmen des Paragraphen 100 a der Strafprozessordnung für zulässig halte und die Polizeikräfte angehalten, entsprechend zu verfahren. (kh)

Heimlich, still und leise werden immer mehr Normalbürger zur Zielscheibe eines polizeilichen Ermittlungsverfahrens, das laut Paragraph 100 a der Strafprozessordnung eigentlich nur bei äußerst schweren Verbrechen wie Mord, Hochverrat und sexuellem Kindesmissbrauch zum Einsatz kommen darf. Gemeint ist die Personenüberwachung über das Handy, genauer über eine von dem Besitzer des Mobiltelefons unbemerkte „stille" SMS. Nicht nur die Datenschützer sind alarmiert. Auch Richter und Staatsanwälte monieren eine zunehmende Aufweichung der Gesetze zur Telekommunikationsüberwachung. Dabei berufen sich die Ermittler laut „Der Spiegel" in der aktuellen Ausgabe auf die Paragraphen 100 g und h, die letztes Jahr nach dem 11. September 2001 im Rahmen der Anti-Terror-Gesetzgebung wirksam wurden. Demnach sind Netzbetreiber bei dringendem Verdacht einer „Straftat von erheblicher Bedeutung" angehalten, „unverzüglich Auskunft" über die Verbindungsdaten einschließlich Standortkennung einer Zielperson zu erteilen. In den Paragraphen ist aber eindeutig geregelt, dass eine solche Überwachung nur bei tatsächlicher Verbindung eines Handys, nicht aber beim Stand-by-Modus erlaubt ist. Als Überwachungsinstrumente kommen dem Nachrichtenmagazin zufolge Programme wie „SMS Blaster" oder „Smart SMS" zum Einsatz, die eigentlich für den Massenversand von Kurznachrichten per PC gedacht sind. Beide Programme bieten zudem eine „Stealth Ping" genannte Funktion, mit denen Mobilfunkbetreiber durch unbemerktes Anklopfen („Pingen") feststellen können, ob der Kunde in fremden Roaming-Partnernetzen erreichbar ist. Gerade dieses „Pingen" sei schon zum Lieblingsspielzeug von Dorfpolizisten anvanciert, schreibt „Der Spiegel". Für Thilo Weichert, Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Datenschutz, ist die Personenüberwachung per SMS ein Beweis, „wie sehr der Gesetzgeber den Strafverfolgern hinterherhinkt". Er fordert eine verstärkte parlamentarische Kontrolle und Offenlegung der polizeilichen Fahndungspraktiken: „Die müssen endlich die Hosen runterlassen!" Solange sich auf jener Front aber nichts tut, bleibt dem Handy-Besitzer, der vermuten muss, dass er per SMS überwacht wird, nur Eines: abschalten. Immerhin hat die Stuttgarter Oberstaatsanwaltschaft in einem Schreiben an den Generalstaatsanwalt schon darauf hingewiesen, dass sie die Erstellung eines Bewegungsprofils nur im strengen Rahmen des Paragraphen 100 a der Strafprozessordnung für zulässig halte und die Polizeikräfte angehalten, entsprechend zu verfahren. (kh)

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