Sony Deutschland GmbH

26.08.1999

MÜNCHEN: Futuristisch sieht sie aus und ist nicht so sehr zum durch- als zum reinblicken gedacht: Sonys "Glastron PLM-S700" gaukelt dem Betrachter durch zwei eingebaute LCD-Panele ein 30-Zoll-Display im Abstand von 1,2 Meter vor. Die Brille kann sowohl ein VGA- als auch ein PAL-Videosignal wiedergeben. ComputerPartner mimte den Brillenträger und sagt Ihnen, was Sie von dem 4.000 Mark teuren Cyber-Spielzeug erwarten können und für wen es geeignet ist.Die Bezeichnung "Glastron" haben die Japaner von ihren erfolgreichen Trinitron-Röhrenmonitoren und -Fernsehern abgeleitet. Wie schon bei der Markteinführung von Trinitron soll auch der Glastron Zeichen setzten.

Die Brille wird nicht einfach auf die Nase gesetzt sondern per Stirnband um den Kopf geschnallt. Für Brillenträger bleibt also Platz für die "normale" Nasenkrücke. Zwar erfordert das Anlegen etwas Übung, dafür überzeugt der Sitz der Brille. Ganze 120 Gramm ist sie leicht und streßt die Nackenmuskulatur auch bei längerem Tragen nicht. Doch wozu der ganze Aufwand, wenn es für gleiches Geld auch einen großen Monitor und einen Fernseher gibt? Gegenfrage: Haben Sie schon einmal einen 21 Zoll-Monitor mit ins Flugzeug genommen? Mit der Brille kein Problem, denn sie ist nicht auf das Stromnetz angewiesen. Mit den leistungsfähigsten Akkus (nicht im Lieferumfang) sind bis zu sechs Stunden Nonstop-Sehgenuß garantiert. Doch keine Angst, es bedarf nicht zwingend des PCs, denn per S-Video- oder FBAS-Eingang lassen sich auch Videoquellen an die Cyberbrille andocken.

Zwar gibt es kein echtes Kinoerlebnis aber mit einer Auflösung von 1,5 Millionen Bildpunkten kann man sich über mangelnde Schärfe nicht beklagen. Da zum Videosignal auch der gute Ton gehört, lassen sich aus dem Brillenbügel Ohrhörer ziehen. Clever gelöst - doch leider ist das Rückhaltesystem der Stöpsel etwas zu schwach geraten, so daß sie beim Transport leicht herausrutschen und dann nur noch am dünnen Käbelchen baumeln.

Ansonsten ist für einen komfortablen Transport des teuren Stücks gesorgt, denn Sony liefert gleich die passende Nylontasche mit. Im Lieferumfang sind außerdem nahezu alle wichtigen Kabel enthalten, doch leider sind alle längenmäßig auf den Einsatz unterwegs abgestimmt. Wer also der Idee verfällt, es sich mit Infrarot-Tastatur und Brille weiter entfernt vom Arbeitsplatz gemütlich zu machen, muß längere Strippen nachkaufen. Für besonders sonnige Plätze legt Sony immerhin Schutzkappen für den seitlichen Lichteinfall bei.

Der praktische Einsatz

Sony stellt die Geduld der Anwender auf eine harte Probe. Vor jedem Start muß man Hinweise auf die Bedienungsanleitung und über Sicherheits- und Gesundheitsrisiken über sich ergehen lassen. Anschließend folgen noch Einstellmenüs für die Bildschirmposition, denn nur wenn beide Displays in der richtigen Position zu den Augen stehen, ergibt sich ein komplettes Bild.

Für den Einsatz am Computer gibt es eine Treiberdiskette für Windows 95/98 und Mac OS. Sie enthält lediglich die notwendigen Inf-Dateien für die Systemsteuerung und ein Testbild für die Justierung der Brille. Das mitgelieferte VGA-Kabel ist gerade mal 20 Zentimeter lang und reicht damit nur für Laptop- oder Desktop-Geräte. Steht der Rechner unterm Tisch ist die Verbindung zum Steuerteil zu kurz so daß die Bedienung der Glastron-Brille schlicht unmöglich wird.

Die VGA-Auflösung ist auf 800 x 600 Pixel beschränkt. Eigentlich sehr bedauerlich, denn auf einem 30-Zoll-Monitor ließe sich sonst hervorragend mit höherer Auflösung arbeiten, zumal die Bildschärfe im Test absolut überzeugte.

Durchblick ist möglich

Witziges Detail: Die Brille läßt sich auf Durchsicht-Modus stellen, so daß quasi hinter dem virtuellen Bildschirm die Realität sichtbar wird. Etwas störend fällt das Geräusch des Lüfters im Steuerteil auf. Allerdings nur dann, wenn die Ohrhörer nicht genutzt werden, und das kommt nur im VGA-Modus vor.

Im Videomodus fällt der Größenunterschied des virtuellen Bildschirms zu den üblichen Fernsehern nicht besonders auf. Das sonst für LC-Displays übliche Nachziehen von schnellen Bewegungen ist hier nicht zu erkennen. Wer mit Glastron beim Fernsehen einen Vorteil haben möchte, sollte besser auf das Modell "PLM-A55" zurückgreifen. Es hat zwar keinen VGA-Eingang, aber die virtuelle Leinwand ist mit 52 Zoll deutlich größer, und für 1.800 Mark ist die Brille dann schon fast ein Schnäppchen.

Die Händlerunterstützung fällt dafür eher übersichtlich aus: Die Produkteinführung wurde von Schulungen der Sony Academy begleitet, die den Teilnehmern die technischen Hintergründe des Gerätes beibrachte. Doch weitere Schulungen sind nicht geplant. Auch in Sachen Marketingunterstützung hat Sony für den Glastron nichts auf Lager. Die Angaben und Informationen im dicken Sony-Katalog müssen dem Fachhändler beim Verkauf reichen. Bei technischen Problemen steht immerhin die Fachhandelshotline unter der Telefonnummer 0 18 05-25 59 50 zur Verfügung.

Bei aller Begeisterung für neue Technik und große Leinwände: Die Brille geht auf die Augen. Bereits nach kürzester Zeit traten beim Tester Kopfschmerzen auf. Das liegt wohl daran, daß das Auge permanent versucht, in die Ferne zu fokussieren und sich von den nahen Panels dabei mächtig durcheinanderbringen läßt. Sicher: Nach einiger Zeit gewöhnt sich das Auge an den Zauber, aber gesund dürfte das wohl nicht sein. (jos)

Luxusbrille: Mit dem Glastron von Sony lassen sich virtuelle Bilder vor das Auge projizieren.

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