Spontankäufe sind out - im Internet wird nur gezielt gekauft

23.03.2000
Die Transaktion alleine macht noch keinen E-Commerce. Wie sich die deutschen Online-Nutzer derzeit verhalten, und wie sich Einzelhändler am besten für den Online-Handel wappnen, stellt Jupiter Communications in einer Studie vor.

Seit der Jahreswende ist das Internet in Deutschland zum Massenmedium geworden", sagt Anja Stemmer, Analystin bei Jupiter Communications. Nach Berechnungen des Beratungsunternehmens sind knapp zehn Millionen deutsche Haushalte online. In fünf Jahren soll sich die Zahl bereits verdoppelt haben. "Mit der steigenden Nutzerzahl entwickelt sich Deutschland zu einem attraktiven Markt für E-Commerce", so die Analystin. Zwischen 18 und 20 Mal pro Monat loggt sich der Durchschnitts-User ein, eine Surfsession dauert 30 Minuten. Dass die Telekoms in den meisten europäischen Ländern keine Flatrate (unbegrenztes Surfen gegen eine Grundgebühr) anbieten, sei derzeit noch das Haupthindernis für das Shoppen im Netz. Generell gelte, so Stemmer, je länger ein Nutzer bereits mit dem Medium Internet vertraut ist, desto leichter kauft er darüber auch ein. Derzeit bewegt sich schon jeder zweite länger als zwei Jahre durch das Netz.

Ein Drittel der von Jupiter Communications Befragten gab an, schon einmal Ware über das Internet bestellt zu haben. Ein weiteres Drittel sucht Informationen zum Produkt und vergleicht Preise, kauft aber noch traditionell. Das letzte Drittel hält hingegen gar nichts vom Online-Shoppen.

Wer sich einmal zum Einkauf über das Netz entschlossen hat, weiß genau, was er will. Nur 15 Prozent machen einen Schaufensterbummel online. Keiner der von Jupiter Befragten hat spontan etwas gekauft, über das er beim Surfen "gestolpert" ist. Nur 13 Prozent kaufen das gesuchte Produkt gleich beim ersten Anbieter. Über 60 Prozent schauen sich bei mehr als einem Händler um. In diesem Jahr werden deutschlandweit 1,2 Milliarden Euro über den Vertriebskanal Internet umgesetzt, glauben die Marktforscher von Jupiter Communications. In drei Jahren sollen es 7,3 Milliarden Euro sein. Die Ausgaben für Bücher, Software-, PC-Peripherie und Musik-CDs überwiegen. In drei Jahren stehen Reisbuchungen an erster Stelle, gefolgt vom Hardware- und Buchkauf. Software folgt erst auf Platz vier.

Harter Wettbewerb im Online-Handel

Die Wettbewerbssituation für Online-Händler wird so hart, glaubt Stemmer, dass der Einzelne schlechte Karten hat. Wer immer mit Innovationen aufwartet, um Kunden anzuziehen, muss damit rechnen, dass das Konzept schnell kopiert wird. Sich über den Preis zu differenzieren, sei in Deutschland zum einen wegen des strikten Wettbewerbsrechts schlecht möglich, zum anderen ergebe diese Strategie langfristig keinen Sinn.

Ausgezeichneter Service ist das einzige Mittel, um Neukunden zu Stammkunden zu machen. Guter Service hat viele Facetten: Ist der Weg zur Kasse im Online-Laden einfach? Wie oft muss der Kunde klicken, bevor das Produkt bestellt ist? Über die Hälfte der von Jupiter untersuchten Online-Shops verlangen vier bis fünf Reaktionen des Kunden. Da passiert es leicht, dass der Käufer vorher abspringt. Ist der Kunde dann bereit zum Zahlen, sollten ihm alle Möglichkeiten offen stehen. Die Deutschen zögern zwar immer noch, ihre Kreditkartenangaben dem Netz anzuvertrauen, trotzdem sollte die Bezahlung per Kreditkarte auf jeden Fall angeboten werden. Ein Fünftel aller Shops verweigert die Bezahlung per Kreditkarte.

Um das Vertrauen der Käufer nicht zu verscherzen, sollte der Besucher umfassend informiert werden, was mit seinen Daten passiert. 53 Prozent der heutigen Shops machen dazu laut der Jupiter-Studie keine klare Aussage. Vertrauen wird auch dadurch aufgebaut, dass auf den Internet-Seiten die reale Adresse mit Telefonnummern deutlich sichtbar ist.

Nur wer schnell auf eingehende Bestellungen oder Anfragen reagiert, behält die Kunden. Eine Antwortzeit von einem Tag sei "best practice", zwei Tage seien gerade noch akzeptabel, meint Stemmer. Während heute rund 30 Prozent der Online-Läden innerhalb eines Tages auf Anfragen und Bestellungen reagieren, halten es ebenfalls 30 Prozent nicht für nötig, überhaupt zu antworten, hat Jupiter herausgefunden. Zum guten Service zähle auch, viele verschiedene Anfragemöglichkeiten zu bieten, nicht nur per E-Mail, sondern auch per Telefon erreichbar zu sein. Und zu guter Letzt ist schnelles Liefern unabdingbar, wenn der Kunde mehr als einmal kaufen soll.

Nach diesen Pflichtübungen kommt dann die Kür. Wie bewegt man die Kunden dazu, wiederzukommen? Die Antwort von Jupiter lautet: Auktionen und Bonusprogramme. Als Faustregel für Auktionen gilt: Wenn ein Produkt eine schnelle Verfallszeit hat und gut verfügbar ist (zum Beispiel Rechner mit einem älteren Chip), gehört es in eine Auktionsplattform mit hoher Präsenz wie Ebay oder Atrada. Ist das Produkt nur spärlich vorhanden, kann es zu einem höheren Auktionspreis auf der eigenen Site angeboten werden. Dann machen sich die Kunden die Mühe, auch kleinere Händler ausfindig zu machen. Bonusprogramme (Stichwort "Meilensammeln") sind ebenfalls gut geeignet, die Kundengunst zu sichern. Jeder Händler muss sich selbst überlegen, welche individuellen Incentives er seinen Kunden bietet.

Jupiter hat die Konsumenten im letzten Teil der Studie befragt, ob sie einen Web-Zugang über digitales Fernsehen wünschen und herausgefunden, dass die Befragten daran nicht sehr interessiert sind. Der mobile Internet-Zugang werde sich in Deutschland viel schneller durchsetzen als die Konvergenz von PC und Fernsehen. (is)

www.jup.com

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