Stellungnahme von Steve Jobs

26.09.1997
Von : Steve Jobs, sjobs@apple.com 2. September 1997

Von : Steve Jobs, sjobs@apple.com 2. September 1997

Lassen Sie mich erklären, warum wir dies tun:

Der vorrangige Grund ist, daß die Lizenzgebühren, welche Apple von den Lizenznehmern erhält, nicht einmal ansatzweise deren Kostenanteil am Betreiben und Vermarkten des MacOS-Betriebssystems decken. Das heißt im Klartext: Apple muß jede lizenzierte Kopie von MacOS mit mehreren hundert Dollar bezuschussen. Unsere Unternehmensleitung ist überzeugt, daß Apple - wenn diese Praxis weitergeführt würde - niemals zu einer Rentabilität zurückkehren wird, gleichgültig, wie gut Apple selbst sich entwickelt. Das gesamte Macintosh-"Ökosystem" würde sich weiterhin verschlechtern und möglicherweise alle beide umbringen - Apple und die Clone-Hersteller. In diesem Szenarium gibt es keine Gewinner. Und die Kunden hätten letztlich gar keine Macintosh-Alternative mehr.

Warum haben wir die Lizenzgebühren nicht erhöht?

Wir haben es versucht, und es ging daneben. Wie Sie wissen, erfüllt Apple alle unterzeichneten Lizenzvereinbarungen. Die Lizenznehmer hätten ihre Lizenzen gerne um die Nutzung von MacOS auf CHIRP und allen tragbaren Computern erweitert. Beides war in den bestehenden Lizenzvereinbarungen nicht vorgesehen. Apple war durchaus willens, die Lizenzverträge um diese Zusatznutzungsrechte zu erweitern, aber nur gegen Anhebung der Lizenzgebühren auf ein Niveau, von dem wir glauben, daß es eine gerechte Kostenteilung für Betreibung und Vermarktung von MacOS widergespiegelt hätte. Power Computing und alle anderen Lizenznehmer haben dieses Angebot abgelehnt. In Anbetracht der Tatsache, daß Power Computing der größte MacOS-Clone-Hersteller ist und bei der Direktvermarktung wie beim Verkauf auf dem Macintosh-Markt Pionierarbeit geleistet hat (das ist übrigens der Weg, dem wir weiterhin auch folgen wollen) fanden wir es die beste Entscheidung, Power Computing zu kaufen.

Was wird künftig mit Power Computing geschehen?

Zu den Aktivposten, die Apple von Power Computing erwirbt, gehört auch das Recht, einige leitende Angestellte zu übernehmen, die Erfahrung im Direktmarketing und im Verkauf haben, um die Fertigung organisieren und die Kundendatenbanken neu aufzubauen. Ebenso gehört die Lizenz zum Vertrieb des MacOS-Betriebssystem dazu. Power Computing wird ein unabhängiges Unternehmen bleiben und den bisherigen Firmennamen beibehalten. Für alle Power-Computing-Kunden wird Apple den Support weiterführen, Power Computing wird weiterhin Hardware verkaufen und Garantieleistungen übernehmen. Wir werden alle Power-Computing-Kunden und leitende Angestellte des Unternehmens herzlich in der Apple-Familie willkommen heißen.

Was wird aus den anderen Clone-Herstellern?

Wir haben nicht vor, irgendeinen anderen Clone-Hersteller oder sein Geschäft zu kaufen. Apple erfüllt alle unterzeichneten Lizenzvereinbarungen. Aber wir haben beschlossen, diese Vereinbarungen nicht auf eine MacOS-Version für CHIRP-Hardware auszuweiten. Diese Clone haben den MacOs -Markt größer werden lassen - wie wird es ohne sie weitergehen?

Diese weit verbreitete Annahme ist nicht richtig. Nur ein Prozent der Power-Computing-Kunden war neu bei MacOS. Die Clone-Hersteller haben den Markt für MacOS-Computer nicht erweitert. Tatsächlich ist im Verlauf der letzten zwei Jahre die Gesamtzahl von verkauften MacOS-Computern um beinahe 20 Prozent gesunken. Jetzt ist es unsere Aufgabe, das Ruder herumzureißen, und einer der ersten Schritte ist es, die wirtschaftliche Gesundheit von Apple wiederherzustellen. Das wäre aber sehr sehr schwierig, wenn Apple weiterhin die Clone-Hersteller bezuschussen würde.

Es geht voran:

Es ist ein emotionales Problem für viele Apple-Angestellte und -kunden. Die Direktoren der Unternehmensleitung haben sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Aber wir sahen keinen anderen Weg als die heute getätigte Aktion, um finanziell wieder auf einen grünen Zweig zu kommen und zudem sicherzustellen, daß unsere Kunden wenigstens eine MacOS-Alternative haben.

Viele Leute glauben, daß Apple die glänzende Gelegenheit verpaßt hat, in den Jahren 1988 bis 1992 seine Macintosh-Betriebssystem-Software per Lizenz für Clone-Hersteller freizugeben. Hätte Apple das damals getan, so wird behauptet, wäre MacOS heute als PC-Standardbetriebssystem ein echter Rivale für Windows. Wir werden nie wissen, ob das stimmt. Unglücklicherweise hat uns die Annahme, daß Apple eine solch riesige Chance verpaßt hätte, seither unerbittlich verfolgt und schließlich zu schlechten Entscheidungen bewogen, wie es sich bei den bestehenden MacOS-Lizenzen zeigt.

Heute verjagen wir die Geister der Vergangenheit und gehen vorwärts, um unsere Zukunft zu entdecken.Steve Jobs

Dieses - ins Deutsche übersetzte - E-Mail verschickte Apple-Chef Jobs anläßlich der Übernahme von Power Computing an seine Geschäftspartner.

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