Die Grenzen zwischen Maschinenbau, Software, Medizin, Bionik, Simulation, Bauwesen oder Brandschutz verschmelzen immer mehr. Hinzu kommen neue Anforderungen in Projektmanagement, Vertrieb oder Mitarbeiterführung. Damit sich junge Studenten wie ältere Fachkräfte leichter tun beim Qualifizieren für die unzähligen Schwerpunkte, können sie ihr Wissen inzwischen einfacher vertiefen: Mit Modulen an Akademien und Hochschulen, die auf konkrete Projekte zugeschnitten werden.
Denn der Markt und viele andere Faktoren definieren, welche Spezifikationen gebraucht werden: Jörg Walden etwa ist Softwareentwickler und hat 2001 seinen eigenen Betrieb aufgemacht. Nach dem Abitur hatte er allerdings Automatisierungstechnik studiert. Und jobbte beim Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung als Softwareentwickler. Seiner Meinung nach birgt die Selbstständigkeit für IT-Ingenieure auch ein Risiko: "Die Präzision, die ein Ingenieur hat, kann gefährlich sein: Zu viel Detailverliebtheit und zu wenig Außensicht."
Deshalb ist es für Techniker wie ihn wichtig, sich Führungskompetenzen anzueignen. Also vor allem Team- und Kommunikationsfähigkeit, Flexibilität und soziale Kompetenzen. Viele firmeneigene Akademien bieten Mitarbeitern dazu Einsteiger-Seminare und Vertiefungs-Workshops für später an. Doch an Universitäten suchen Menschen wie Walden danach vergeblich oder die bürokratischen Hürden sind nur schwer zu überwinden.
Immer mehr private Hochschulen
"Da die Hochschullandschaft auf diesen Trend vielfach zu langsam oder gar nicht reagiert, entstehen immer mehr private Hochschulen", sagt der Geschäftsführer des Festo Lernzentrums Saar, Peter Speck. Als Direktor des Steinbeis Transfer Instituts "Corporate Educational Process" an der Steinbeis Hochschule Berlin hat er einen gewissen Überblick. An privaten Akademien könnten schneller neue Module entstehen, wenn etwa ein Softwareingenieur nach dem Bachelor in ein Simulationsbüro geht, das auf thermodynamische Prozesse spezialisiert ist.
"Dort hat er dann mit Fragen des Brandschutzes zu tun, auf die es an der Hochschule auf die Projekte zugeschnitten keine Antworten gibt", erklärt der 58-Jährige. Meist schildere ein Unternehmer oder Verband einem Professor sein Problem, wo es Qualifizierungslücken gibt, und die Doktoranden des Wissenschaftlers recherchieren dann Marktbedarf, benötigte Inhalte und schnitzen daraus einen 24-monatigen berufsbegleitenden Aufbaustudiengang zum Master.
Nicht nur etwas für junge Leute
Es sind nicht nur junge Bachelor-Absolventen, die so den Master machen. Zunehmend kommen auch Ingenieure über 40, die arbeitslos wurden und nun mit neuen Kompetenzen nochmals durchstarten. Oder die sich auf diesem Weg weiterbilden. Um einen Überblick über die unterschiedlichen Richtungen zu bekommen, die Ingenieure einschlagen können, hat der ehemalige Festo-Personalleiter zusammen mit Detlef Jürgen Brauner das Buch "Berufsziel Ingenieur 2014" herausgebracht. Seit Ende Februar liegt das Werk standardisiert in jedem Berufsinformationszentrum der Bundesagentur für Arbeit für angehende Ingenieure aus.
Im Buch versuchen 80 Autoren, das gesamte Spektrum abzudecken, um Einsteiger über Berufszugänge, Perspektiven und die verschiedensten Tätigkeitsbereiche zu informieren: Vom beratenden Ingenieur in der IT- und Energiewirtschaft bis zum Vertriebs-, Entwicklungs- oder Softwareingenieur.
Modularisierte Studiengänge mit spezifischen Vertiefungsrichtungen können auch die Bewerbung vereinfachen. Weil der Abgleich zwischen erforderlichem Know-how und Gelerntem durch die Module eher einfacher wird. "Spannender ist die Frage, was die Firma zu bieten hat, damit der begehrte IT-Spezialist zu ihr kommt. Denn mittelfristig werden bundesweit dauerhaft 100.000 Ingenieure fehlen", sagt Speck. Das stark modularisierte Studium soll diesen Mangel reduzieren.