Systematics tanzt den finanziellen Eiertanz

10.08.1998

HAMBURG: Eigentlich galt Fritz Borgstedt in der Branche als "Mr. Systematics". Nun ist er seinen Geschäftsführungsposten los, als Gesellschafter bleibt er seinem Unternehmen aber treu. Sein Nachfolger, Jürgen Jarchow, will knallhart kalkulieren, um den Konkurs des Apple-Großhandelsunternehmens abzubiegen.Jürgen Jarchow weiß genau, was ihm in nächster Zeit bevorsteht: "Ich bin kein Eckensteher, ich bin ein Kämpfer", kündigt er sich denn auch als neuer Geschäftsführer des Hamburger Apple-Großhandelsunternehmens Systematics an. Gut so, denn aus der Ecke heraus würden sich die Probleme, vor denen Systematics steht, auch sicher nicht lösen lassen: "Wir hatten 1996 noch einen Umsatz von 120 Millionen Mark. 1997 sank er auf 100 Millionen, und 1998 sind es gerade noch 80 Millionen", beschreibt Jarchow das Übergabeprotokoll. Der langjährige Geschäftsführer des Unternehmens, Fritz Borgstedt, hat Jarchow im April 98 mit ins Boot genommen und ihm das operative Geschäft bereits zu diesem Zeitpunkt angetragen.

Jetzt zieht sich Borgstedt komplett aus dem Chefbüro zurück, bleibt aber als Gesellschafter zumindest indirekt seinem Unternehmen treu. "Wir haben uns im gegenseitigen Einvernehmen geeinigt", versichert Jarchow. Doch er macht unmißverständlich klar, daß die finanzielle Situation des Unternehmens diesen Schritt notwendig machte: "Borgstedt ist ein Visionär - aber jetzt, in diesen Zeiten, ist eher ein Vollblutkaufmann gefragt."

Kein Kistenschieben mehr

Damit die Profitabilität im Unternehmen wieder einsetzen kann, wolle er in den nächsten Wochen die Zügel straff halten und umstrukturieren. Entlassungen sind dabei sehr wahrscheinlich. "Den Vertrieb, den Systembereich und den Service werden wir eher ausbauen - aber das reine Boxenschieber-Geschäft: Da müssen wir die Sinnfrage stellen", beschreibt er. Das Kistenschieben wolle er eher dem Wettbewerb überlassen. Vor allem aber will er seine Leute wieder

"auf den Kunden einschwören", hat er sich vorgenommen. Denn in letzter Zeit hätten sich auch bei Systematics "gewisse Marktarroganzen gezeigt". Man habe es zudem nicht verstanden, einmal erreichte Positionen auch zu halten, kritisiert Jarchow das Systematics-Auftreten in der Vergangenheit.

Finanzpartner gesucht

Doch seine Strategie geht über das laufende Jahr hinaus: In einem oder eineinhalb Jahren will er die europäische Ausweitung des Geschäftes in Angriff nehmen. Die Infrastruktur dazu sei von der Größe des Unternehmens her gegeben, bisher habe man sie nur einfach noch nicht genutzt.

"Doch zuerst muß Systematics wieder zu den wirtschaftlichen Realitäten zurück", zügelt er seinen Expansionsdrang wieder. In der Branche, das weiß er, wird derzeit viel von Konkurs gemunkelt, und aufgrund der bevorstehenden Entlassungen wird es auch in naher Zukunft weiter Gerüchte geben.

"Wir sind derzeit ganz sicher in einer schwierigen Situation, und die geplanten Umstrukturierungen müssen von Banken und unseren Gläubigern getragen werden", analysiert er den Ist-Zustand. Aber zum einen habe er von Apple das Signal erhalten, daß man Systematics nach Kräften unterstützen will. Zum anderen sucht Jarchow eifrig finanzkräftige Partner für das Handelsunternehmen. "Man muß auch teilen können", lacht er. "Aber nach einem Ausverkauf in Raten, wie viele Wettbewerber das gerne hätten, sieht es doch nicht aus, oder?" (du)

Fritz Borgstedt machte den Systematics-Chefsessel frei für

Jürgen Jarchow.

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