T-DSL: "Highspeed"-Kassenrenner in zu engen Schuhen

25.01.2001
Kommt es, oder kommt es nicht? Diese Frage beschäftigt seit Monaten tausende von T-DSL-Interessenten. Das Angebot der Deutschen Telekom klingt verlockend, doch der Weg bis zum Highspeed-Internetzugang ist weiter und steiniger, als viele Kunden jemals gedacht haben.

Richard Zapp* aus München ist sauer. "Im August hab ich DSL bei der Telekom bestellt. Es hieß, im September habe ich den Anschluss," erzählt er. Der September ging vorbei, ebenso der Oktober und der November. Im Dezember bekam Zapp die schriftliche Zusage, dass er ab dem 4.1.2001 endlich mit "Highspeed ins Internet" gehen könne. Pustekuchen - auch der Januar blieb für Z. ohne DSL. "Die haben mir jetzt das zweite Quartal 2001 als Datum genannt. Ich fass das einfach nicht!", schimpft er.

So oder ähnlich ging es tausenden von DSL-Interessenten. Rund 600.000 Anschlüsse bundesweit wurden bislang "vermarktet", berichtet Telekomsprecher Wilfried Seibel. Das bedeutet, dass die Telekom 600.000 Aufträgseingänge verzeichnet hat. Doch wie viele Anschlüsse inzwischen realisiert wurden, darüber ist sich die Telekom anscheinend selbst nicht klar. Seibel erklärt per Telefon, dass bislang "rund ein Drittel", also etwa 200.000 Anschlüsse aufgebaut wurden. T-Online-Geschäftsführer Erik Danke nennt im WDR-Computerclub "über 100.000" und die kürzlich verschickte Werbebroschüre spricht von 300.000 Anschlüssen. Der Grund für die schleppenden Anschluss-Erfolge: "Es gibt Schwierigkeiten mit den Zulieferern. Sowohl bei den Netzknoten als auch bei den Endgeräten gibt es Lieferengpässe," begründet Seibel. Dieses Argument entlockt dem Vorstandsvorsitzenden des Deutschen Verbandes für Post und Telekommunikation, Manfred Herresthal, nur ein müdes Lächeln. "Das haben die auch schon damals gesagt, als sie mit ISDN im Verzug waren. In Wahrheit ist doch die Telekom erschrocken, dass ihr Marketing tatsächlich wieder mal Erfolg hatte", winkt dieser ab.

Die Schuld liegt immer bei den anderen

Einer der Zulieferer ist Siemens. Von dort werden für DSL sowohl D-SLAMs (Digital Subscriber Line Access Multiplexer) für die Vermittlungsknoten als auch sogenannte "Splitter" für die Trennung von Sprache und Daten sowie ein Teil der Endkundengeräte gefertigt. Im Prinzip ist man bei Siemens derselben Ansicht wie bei der Telekom. "Es stimmt, wir haben Probleme die große Nachfrage zu bewältigen", gibt Thomas Schepp, zuständig für die Breitband-Division bei Siemens, zu. Man dürfe aber auch nicht vergessen, dass weltweit eine allgemeine Produktionsknappheit für TK-Komponenten herrsche. "Wir werden unsere Produktionskapazitäten aus- bauen", verspricht Schepp. "Bis Ende diesen Quartals sind die Lieferengpässe von unserer Seite aus behoben."

Auch hier herrscht Erstaunen, dass DSL auf Anhieb so viel Anklang findet. Wie groß die Nachfrage hätte sein dürfen, damit es auch mit der Realisierung klappt, darüber wollte Schepp nichts verlauten lassen. Die Telekom allerdings doch. Von dort wird ein Ziel von 300.000 Anschlüssen bis Ende vergangenen Jahres laut - genauso viele wie eben laut der aktuellen Werbebroschüre als bereits installiert gelten. Wie man es dreht und wendet - anscheinend hat sich jemand kräftig verrechnet. Genau dieser Ansicht ist auch der Verband der Postbenutzer. Das Urteil des Vorstandvorsitzenden Herresthal ist klar und deutlich: "Die Telekom disponiert einfach nicht richtig."

Die Kunden greifen verzweifelt zu Notlösungen

Im Moment bekommen ungeduldige DSL-Kunden meist das zweite oder dritte Quartal von ebenso ungeduldigen Hotline-Mitarbeitern genannt. Die Datenbank im Internet scheint nicht besonders zuverlässig. Viele Kunden, die sich auf die Datenbank im Netz verlassen haben, warten heute noch. "Ich hab damals extra im Netz nachgeprüft, ob DSL bei mir schon funktioniert", wettert Robert Z. "Damals stand drin, es sei für meine Gegend schon verfügbar. Als ich bei der Hotline angerufen habe, wurde mir dann erst mal mitgeteilt, der Anschluss könne erst Anfang Dezember eingerichtet werden, was für mich ja in Ordnung gewesen wäre. Heute steht in der Datenbank das zweite Quartal 2001 drin."

Egal, wie fatal die DSL-Situation derzeit aussehen mag, die Telekom hält dennoch immer noch an den einmal gesteckten Zielen fest: "Unser Versprechen, den superschnellen Internet-Zugang bereits Ende 2001 für knapp 90 Prozent der Bevölkerung verfügbar zu machen, bleibt von Terminverschiebungen mit etwas längeren Wartezeiten unberührt, wir treiben den technischen Ausbau mit Hochdruck voran," heißt es in einem Kundenanschreiben vom 9. Januar 2001. Dem Empfänger dieses Schreibens wurde der Anschluss für August 2000 in Aussicht gestellt. Voraussichtlicher neuer Liefertermin laut Schreiben: "Schon bald." (gn)

*Name von der Redaktion geändert

Facts & Figures

Was ist denn so gut an T-DSL?

T-DSL ist die Abkürzung für Telekom - Digital Subscriber Line. Dahinter versteckt sich die Breitbandtechnologie, mit der sich Dateien mit bis zu 768 Kbit pro Sekunde aus dem Internet laden lassen. ISDN bietet bislang 64 Kbit pro Sekunde. Beim Datenversand bietet DSL 128 Kbit pro Sekunde. Als Equipment braucht der Endverbraucher zum einen ein DSL-Modem, das bekannte ISDN NTBA, und einen Splitter, der zwischen Sprach- und Datensignalen unterscheidet. Daten werden an das DSL-Modem und von dort aus über ein Ethernet-Kabel an die Netzkarte weitergeleitet. Sprache wird entweder über ISDN oder analog an das normale Sprachnetz der Telekom gelenkt. (gn)

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