Tech Data und Karl Pohler: Management auf Zeit

08.03.2000

Karl Pohler ist, wie er immer wieder feststellt, ein Mann, der seine Entscheidungen gut vorbereitet. Auch in diesem Fall, seiner Kündigung als Europachef von Tech Data/Computer 2000, hat Pohler nach eigenen Angaben lange überlegt. Wobei "lange" natürlich ein relativer Begriff ist. Denn lang war sein ganzer Aufenthalt bei Tech Data nicht. Erst im Oktober übernahm er diesen Job, nicht einmal ein Jahr hielt er an ihm fest. Das ist auch in der schnelllebigen Computerbranche eine kurze Zeit. Da muss es schon gute Gründe geben, wenn jemand so schnell wieder geht.

Pohler selbst gibt an, dass er etwas anderes im Bereich New Economy machen will. Genauere Angaben macht er nicht. Ob er bereits einen Vertrag unterschrieben hat, lässt er offen. Branchenbeobachter sagen, dass er noch keinen Vertrag hat. Branchenbeobachter sagen auch, dass Pohler mit dem amerikanischen Tech-Data-Boss Steven Raymund nicht wirklich gut konnte und dass dies der eigentliche Grund für Pohlers Kündigung ist. Beide, Pohler wie Raymund, gelten als Dickköpfe, die das, was sie für richtig halten, durchsetzen wollen und im Konfliktfall ungern nachgeben.

Karl Pohler steht jetzt an einer entscheidenden Weggabel seines Berufslebens. Wenn er die falsche Richtung einschlägt, kann er tief fallen. Hält man sich die vergangenen Stationen im Berufsleben des Karl Pohler vor Augen, so stellt man fest, dass es in Bezug auf die Position zwar immer weiter nach oben ging, dass sich gleichzeitig aber die jeweilige Verweildauer in den Unternehmen rapide verkürzte. So hielt es Pohler immerhin 13 Jahre bei Digital Equipment aus, von 1980 bis 1993. Bei Computer 2000, wohin er 1993 wechselte, blieb er noch vier Jahre. Bei Sony, wo Pohler 1997 das Chefbüro bezog, musste man sich nach zwei Jahren nach einem Nachfolger umsehen. Und den Job bei Tech Data machte er jetzt nicht einmal mehr ein Jahr. Mit anderen Worten: Ausdauerläufer Pohler halbierte bei seinen letzten beruflichen Stationen jeweils seine Aufenthaltsdauer. Wofür Pohler jetzt vor allem sorgen muss, ist, dass diese Tendenz ein Ende hat. Jetzt muss er einmal wieder zeigen, dass er einen langen Atem hat. Andernfalls wird in den Büchlein der Headhunter hinter seinem Namen ein Vermerk stehen: nur als Manager auf Zeit einsetzbar.

Für Tech Data beziehungsweise Computer 2000 kommt die Kündigung des Europachefs Pohlers natürlich viel zu früh. Denn der Umbau des Unternehmens, den Pohler mit viel Engagement in Angriff genommen hat, ist noch nicht abgeschlossen. Lediglich das Gerüst steht. Und jetzt, wenn der Baumeister von Bord geht, wird sich erweisen, ob das Fundament wirklich tragfähig ist. Kritiker werfen Pohler vor, dass er aufgrund seiner mangelnden internationalen Erfahrung bei der Reorganisation von Computer 2000 in Europa - Stichwort: länderübergreifende Kompetenzzentren - einen entscheidenden Fehler gemacht habe: die wichtigsten Schlüsselpositionen mit Deutschen zu besetzen. Das kam in den anderen Landesgesellschaften nicht überall gut an.

Jetzt muss Pohlers Nachfolger Graeme Watt, bisher Geschäftsführer von Computer 2000 UK, zeigen, ob er mit mehr Geschick vorgeht. Umfassende und langjährige internationale Erfahrungen kann Finanzspezialist Watt, der bereits seit 1988 auf der Computer-2000-Gehaltsliste steht, allerdings auch nicht vorweisen. Zwar ist er neben dem UK und Irland auch für die nordischen und die baltischen Staaten sowie für die Aktivitäten im Mittleren Osten verantwortlich. Aber erst seit Anfang dieses Jahres.

Damian Sicking

dsicking@computerpartner.de

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