Third-Party-Komponenten bringen Wettbewerbsvorteile

14.02.2002
Noch im Jahr 2000 schien der Servermarkt für die großen Hersteller eine sichere Bank. Während das PC-Geschäft von einem kaum noch kalkulierbaren Auf und Ab bei den Absatzzahlen und schwindenden Margen geprägt war, glänzte die Serversparte mit hohen Zuwächsen und satten Margen.

Seit dem ersten Quartal 2001 aber schwächelt der Ser-vermarkt weltweit. Für Westeuropa errechneten die Analysten von Dataquest für das dritte Quartal zum dritten Mal in Folge einen Rückgang bei den verkauften Stückzahlen und den Umsätzen. In den Monaten Juli bis September wurden mit 248.000 Maschinen sieben Prozent weniger Server als im Vergleichszeitraum des Vorjahres verkauft. Der Umsatz fiel gar um 21 Prozent auf 3,26 Milliarden US-Dollar. In Deutschland sieht das Bild mit einem Rückgang bei den Stückzahlen um zwei Prozent auf 54.880 Server zwar nicht ganz so düster aus. Aber auch hier sank der Wert der verkauften Maschinen um ganze 15 Prozent.

Die Analysten von Dataquest führen das auffällige Auseinanderklaffen der Werte beim Rückgang der Stückzahlen und der Umsätze auf einen Trend zurück, verstärkt eher in kleinere Maschinen zu investieren. Es dürfte aber nicht minder Ausdruck eines verschärften Wettbewerbs unter den großen Herstellern sein, der nicht zuletzt über den Preis ausgetragen wird.

Die meisten großen Anbieter versuchen, mit einer Änderung ihrer Strategie ihre rückläufigen Umsätze bei Servern und PCs zu kom-pensieren, und setzen verstärkt auf den Ausbau ihres Dienstleis-tungsgeschäfts. Eine solche Strategie scheint durchaus vielversprechend, wie ein Blick auf IBM zeigt, das früher als andere damit begonnen hat. Im ersten Quartal 2001 meldete Big Blue mit einem Volumen von zehn Milliarden Dollar für Serviceaufträge ein Rekordergebnis. Im dritten Quartal 2001 muss-te der Hersteller im Hardwarebereich Umsatzeinbrüche von rund 20 Prozent hinnehmen, verbuchte dagegen bei den Dienstleistungen eine Steigerung von immerhin noch fünf Prozent. Auch andere Hersteller wie HP, Compaq, Sun oder selbst Direktversender Dell bauen ihre Serviceangebote erheblich aus.

Sättigungsgrenze erreicht?

Der Hintergrund einer solchen Strategie ist einleuchtend: Die Märkte für Server wie PCs nähern sich gewissen Sättigungsgrenzen. Das Geschäft mit dem Austausch vorhandener Hardware verspricht für die Zukunft nicht mehr die Zuwachsraten wie in der Vergangenheit das Erstgeschäft. Das umso mehr, als in der gegenwärtigen Krise die Unternehmen eher Upgrades als Neuanschaffungen planen. Dagegen ist beim Service und Support für bestehende Installationen ein wachsender Bedarf zu erwarten, weil viele Unternehmen derartige Dienstleistungen outsourcen wollen, um Kosten zu sparen. Der springende Punkt ist aber, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit die Hersteller das Servicegeschäft machen werden, deren Server beim jeweiligen Anwender in Betrieb sind.

Mit anderen Worten: Wenn die Hersteller heute Server verkaufen wollen, haben sie nicht mehr nur das Projektgeschäft im Blick, sondern auch die daraus möglicherweise resultierenden langfristigen und sehr lukrativen Serviceaufträge. Daher gewinnt der Preispunkt immer größere Bedeutung. Technische Unterschiede nimmt der Kunde, soweit es sich um die großen, renommierten Server-Anbieter handelt, außer allenfalls bei hochspezialisierten Anwendungsbereichen, kaum noch wahr, Preisunterschiede dagegen schon. Wer also ein preislich attraktiveres Angebot machen kann, hat es einfacher, einen Fuß in die Tür zu bekommen.

Freilich lassen sich die Preise für Server nicht nach Belieben verändern. Mag es bei PCs angehen, die eine oder andere No-Name-Komponente zu verbauen, um einen Rechner billiger anbieten zu können, ist dieser Weg bei Servern im High-end-Bereich nicht gangbar. Da auf den Maschinen in der Regel unternehmenskritische Anwendungen laufen, die zwingend sieben mal 24 Stunden verfügbar sein müssen, wäre das Ausfallrisiko von billigen No-Name-Komponenten viel zu hoch.

Alternative: Dritthersteller

Eine Alternative sind Komponenten von so genannten Third-Party-Herstellern. Durch ihre Spezialisierung auf einzelne Komponenten, also etwa Speichermodule für Server von Compaq, HP, IBM, Silicon Graphics oder Sun, können sie ihre Produkte deutlich preisgünstiger anbieten als die Originalhersteller - wenn auch nicht so billig wie No-Name-Anbieter, bei denen der Preis oft zu Lasten der Qualität geht. Diese Alternativhersteller leben aber davon, Produkte auf einem Qualitätsniveau anzubieten, das sich nicht im gerings-ten von dem der Originalhersteller unterscheidet. Denn kein professioneller Anwender würde auch nur in Erwägung ziehen, Komponenten von Drittherstellern in seinen unternehmenskritischen Servern einzusetzen, wenn er nicht hundertprozentig sicher sein könnte, dass diese qualitativ und funktional voll kompatibel sind.

Die Anbieter von Servern haben inzwischen das Potenzial von Third-Party-Komponenten erkannt, ihre Systeme preisgünstiger anbieten zu können, und sie nutzen diese Chance. Es ist noch gar nicht so lange her, dass deren Vertrieb eifersüchtig seine Domäne verteidigte, um Drittanbieter draußen zu halten. So konnte ein Garantieverlust drohen, wenn Fremdkomponenten in Server eingebaut wurden. Oder es wurde der kostenfreie Service bei Störungen verweigert, selbst wenn der Schaden erkennbar nichts mit der Drittkomponente zu tun hatte.

Heute können wir in der täglichen Praxis feststellen, dass sich die Einstellung der Server-Anbieter gegenüber Third-Party-Herstellern deutlich gewandelt hat. Wenn auch in unterschiedlichem Maße: Mit einigen Herstellern haben die Drittanbieter inzwischen formelle Abkommen geschlossen, die Lizenzierungen und Zertifizierungen, zum Teil auch Serviceleistungen beinhalten. Andere sind noch etwas zögerlich, tolerieren aber zumindest die Verwendung von alternativen Speichermodulen.

Allerdings kann dieser Einstellungswandel kaum überraschen. Denn letztlich profitieren in dieser Konstellation alle Beteiligten: Die Anwender bekommen mehr für ihr Geld, die Drittanbieter können ihre Umsätze ausbauen, und die Server-Hersteller erschließen sich mit preisgünstigeren Systemen das lukrative Servicegeschäft.

Pierre Gäng, Geschäftsführer Dataram International Deutschland, Frankfurt.

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