TK und IT in der Zwickmühle - trotz Insolvenzen bleibt die Hoffnung

22.08.2002
Kaum ein Markt ist derzeit solchen Turbulenzen ausgesetzt wie der Telekommunikationssektor. Er ist einerseits geprägt durch Insolvenzen, Konsolidierung, sinkende Margen, Überkapazitäten und Verschuldung, andererseits ist er Vorzeigemarkt und Hoffnungsträger. Wie und wo in Zukunft Geld verdient werden kann, zeigt die neue PAC-Studie "Telco 2002 Germany".

Es geht heiß her im deutschen Telekommunikationsmarkt. Fast 50 Millionen Euro Verschuldung für UMTS-Lizenzen und sinkenden Margen stehen 15 Prozent Wachstum in 2001 und große Hoffnungen für die Zukunft gegenüber. Die deutschen Telcos befinden sich in einer Zwickmühle zwischen dem Zwang, Kosten zu senken, und der Notwendigkeit, in die Zukunft zu investieren.

Auf der Suche nach neuen Einnahmequellen wenden sich Telekommunikationsanbieter zunehmend ab vom wenig lukrativen Voice-Bereich, in dem seit der Deregulierung des Marktes 1998 kaum noch Zuwächse zu realisieren sind.

Die Zukunft liegt in der Datenübertragung - im Festnetz- wie im Mobilfunkbereich - sowie in darauf aufbauenden Mehrwertdiensten (Enhanced Services) wie Enhanced- und Multimedia-Messaging (EMS, MMS), GPRS- und I-Mode-basierten Diensten. Das Zusammenwachsen der Märkte Informationstechnologie, Telekommunikation und Medien - häufig Konvergenz genannt - lässt hierbei Industriegrenzen verschwimmen und neue Herausforderungen entstehen.

In der Studie "Telco 2002 Germany" beschäftigt sich die MünchenerBeratungs- und Marktanalysegesellschaft PAC intensiv mit der derzeitigen Situation auf dem Telekommunikationsmarkt und untersucht, welche Implikationen die sich ändernde Telco-Landschaft aktuell und künftig auf die IT-Ausgaben der Anbieter hat. PAC erwartet für den deutschen Software- und IT-Services-Markt (SITS) im Telekommunikationssektor einen Anstieg des Marktvolumens von 4,5 Milliarden Euro in 2001 auf fast 6,8 Milliarden Euro im Jahr 2006, was einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 10,3 Prozent entspricht.

Betrachtet man ausschließlich den nicht-kaptiven Markt, also lediglich jene Umsätze, die nicht innerhalb eines Konzerns (wie zum Beispiel im Fall Deutsche Telekom und T-Systems) generiert werden, ergeben sich sogar 16,5 Prozent.

Das Kundensegment, das momentan am stärksten im Umbruch begriffen ist, ist der Mobilfunk. Der überraschende Siegeszug der SMS und der Versuch, diesen Erfolg auf ihre "Nachfolger" EMS und MMS zu übertragen, mobiles Internet via I-Mode, WAP und GPRS, und nicht zuletzt die anfänglich gewaltige, mittlerweile gedämpfte Erwartung an UMTS-basierte Services sind nur einige Aspekte, die dieses Segment laut PAC beeinflussen.

Ab 2004 wird der Festnetzbereich hinsichtlich des SITS-Volumens vom Mobilfunk überholt werden, der nach Analysten-Schätzung ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 2002 bis 2006 in Höhe von 15,2 Prozent verspricht.

Der wichtigste Wachstumstreiber innerhalb der Anwendungssegmente sind die Enhanced Services (ES). Nicht zuletzt, da sie als wichtigster Faktor für den Erfolg der UMTS-Technologie anzusehen sind, prophezeit PAC diesem Segment bemerkenswerte Wachstumsraten.

Waren es anfangs vor allem ServiceProvider und ISPs, die den reinen Handel mit Netzkapazitäten durch Zusatzservices erweiterten, um so den Wert ihres Angebotes zu erhöhen, erkennen nun zunehmend auch die Fest- und Mobilnetzbetreiber den Wert dieser Dienste.

Allerdings sind die viel diskutierten "Killer-Applikationen" augenscheinlich noch immer nicht gefunden, von denen man sich einen Return on Investment der UMTS-Ausgaben erhofft wird. Um ein zweites WAP-Desaster zu vermeiden und Kosten kalkulierbar zu halten, werden nach PAC-Schätzung zunächst einige ausgewählte Dienste angeboten, die jedoch von der Funktionalität bis hin zu einer adäquaten Abrechnungsstruktur optimiert und den Kundenbedürfnissen angepasst sind.

Für wen lohnen sich künftig SITS-Leistungen?

Intern gilt es, die Interessen der an der Wertschöpfungskette beteiligten Parteien zu berücksichtigen und zu integrieren. Im Falle mobiler Services sind dies neben TK-Unternehmen und Endgeräteherstellern auch Content-Anbieter, Banken und IT-Anbieter beziehungsweise -Outsourcer.

PAC sieht jedoch weiterhin die Telcos in der Rolle der Zwischenanbieter, die dem Endkunden als "One-Stop-Shopping"-Instanz dienen. Sie werden es sein, die das Hauptinvestitionsrisiko tragen und trotz finanzieller Engpässe verstärkt in Projekte im Bereich Enhanced Services investieren. Das so genannte "Next Generation Billing" soll die Abrechnung dieser neuen Dienste gewährleisten. Es wird nach Ansicht der Marktbeobachter herkömmliche Billing-Systeme jedoch nicht ersetzen, sondern parallel zu diesen betrieben werden. Waren früher Dauer und Zeitpunkt eines Telefonates ausschlaggebend für die Höhe der Gebühren, werden es künftig Datenmengen, Übertragungsgeschwindigkeit beziehungsweise -bandbreite und genutzte Services sein, die sich in der Rechnung des Kunden niederschlagen.

Um das Erreichen einer "kritischen Masse" zu gewährleisten, kommt der Kundenbindung und damit dem Customer-Relationship-Management (CRM) eine herausragen-de Rolle im Telekommunikationsmarkt zu. Spätestens seit dem Scheitern der WAP-Technologie ist klar, dass sich Kunden ungern als Versuchskaninchen missbrauchen lassen. Für das Marktvolumen im Bereich Customer Oriented Sys-tems (COS: etwa CRM, Billing) erwartet PAC einen Anstieg von 1,8 Milliarden Euro in 2001 auf rund 2,9 Milliarden Euro in 2006. Weiterhin stellt natürlich das Netzwerkmanagement (INM) einen essenziellen Erfolgsfaktor für einen Telco dar. Da aber Festnetz- und GSM-Bereich bereits einen hohen Reifegrad aufweisen, erwartet PAC ein Wachstum durch den Aufbau des UMTS-Netzes sowie durch Wartung und das Upgrade bestehender Netze (zum Beispiel DSL, GPRS).

Da sich hier am ehesten kurzfristig Einsparungen realisieren lassen, werden die Enterprise Resources(ER: zum Beispiel ERP, Corporate Portals) zunächst kein nennenswertes Wachstum aufweisen. Mittelfristig kann ein moderates Wachstum erwartet werden, hauptsächlich getrieben durch die Marktkonsolidierung und das weitere Wachstum kleinerer Telcos.

Differenziert man den Markt nach Produkten und Dienstleistungen, bietet das nicht kaptive Outsourcing (das heißt ohne Umsatz mit Konzernmüttern) das höchste Wachstumspotenzial. Vor allem im Falle nicht strategischer Anwendungen wie ERP, Billing und Plattformbetriebener Anwendungen wie Messaging und Enhanced Services sieht PAC ein hohes Outsourcing-Potenzial. Für das nicht kaptive Outsourcing erwartet PAC von 2002 bis 2006 ein durchschnittliches Wachstum von 27,2 Prozent. Der kaptive Bereich hingegen weist geringes Wachstum auf, da der durch die Telcos ausgeübte Preisdruck zunehmen wird. Außerdem wenden sich Unternehmen wie T-Systems oder Vodafone Information Systems zunehmend dem "freien Markt" zu.

Umsätze mit Softwareprodukten werden vor allem in den Bereichen Next Generation Billing (frühes Wachstum 2003, da 25 Prozent UMTS-Abdeckung gefordert sind), CRM (etwa ein Jahr später) und ES steigen, während das Projektgeschäft in erster Linie getrieben ist durch die Entwicklung von Enhanced Services und die Integration von Billing- und CRM-Systemen in bestehende Landschaften.

www.pac-online.de

ComputerPartner-Meinung:

TK und IT müssen sich wie in einer Ehe sowohl den guten als auch den schlechten Zeiten stellen, dann hat die Beziehung auch auf Dauer eine Chance. Nur durch konsequenten Wandel des Angebots und enge Zusammenarbeit beider Gruppen wird ein profitables Geschäft daraus. Nur dann. (go)

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