Transtec, Mensch und Maschine sowie SER packen die Kriegskasse aus

20.08.1998

TÜBINGEN/WESSLING/ASCHHEIM: Die Fusionswelle in der IT-Industrie rollt: Quer durch alle Branchen und alle Länder jagt derzeit eine Firmenübernahme die andere. Auffällig ist dabei vor allem die enorme Beteiligung von jungen deutschen Unternehmen. - Die Börsengänge scheinen erste Früchte zu tragen.Wie sich doch die Zeiten ändern: Kauften früher vor allem US-amerikanische IT-Unternehmen alles, was nicht niet- und nagelfest war, mischen heute auch deutsche Firmen im großen Stil im Übernahmepoker mit. Eine davon ist der Tübinger Direktversender Transtec AG. Schon vor einiger Zeit kündigte Vorstandschef Bernhard Bruscha Firmenaufkäufe in ganz Europa an. Besonders in Skandinavien, Italien, Spanien und Belgien wolle Transtec Fuß fassen, erklärte Bruscha kürzlich. Zumindest in Skandinavien dürfte Bruscha mittlerweile einen Schritt weiter sein: Mit der Übernahme des Systemhauses Exo Data AB ist Transtec nun in Schweden aktiv. Exo Data mit einem Umsatz von zuletzt rund zwölf Millionen Mark beschäftigt sich in erster Linie mit der Herstellung von Storage-Systemen, Unix-Workstations und dem Vertrieb von Windows-NT-Servern an professionelle Endkunden - und paßt daher nach Meinung von Bruscha in vielerlei Hinsicht hervorragend zu Transtec. "Das Know-how der Mitarbeiter ist genau richtig. Auch die Kunden entsprechen exakt dem Profil der Transtec-Kunden in den anderen europäischen Ländern", freut sich der Vorstandschef.

MUM leistet sich Frankreichs Nummer eins

Ermöglicht wurde die Übernahme des schwedischen Systemhauses über den Börsengang der Tübinger Transtec. Immerhin 28 Millionen Mark flossen dadurch in die Kriegskasse des Direktanbieters - und damit jede Menge Kleingeld, um sich das eine oder andere Unternehmen einzuverleiben.

Ähnlich dürfte sich auch die Situation bei Mensch und Maschine (MuM) darstellen: Seit einem Jahr am Frankfurter "Neuen Markt" gelistet, leistete sich der Auto-CAD-Distributor kürzlich den französischen Auto-CAD-Marktführer CAD-France SA. Durch die Übernahme des Pariser Unternehmens erhofft sich der Distributor aus Wessling einen Mehrumsatz von 15 Millionen Mark. Insgesamt werde sich dadurch der Konzernumsatz auf mehr als 150 (Vorjahr: 99) Millionen Mark erhöhen. Zudem beteiligte sich MuM an der Staufen-Akademie in Bad Boll, die sich als Schulungsanbieter einen Namen gemacht hat. Erklärt Vertriebschef Peter Baldauf: "Mit der Beteiligung an der Staufen-Akademie verstärken wir uns gezielt im Dienstleistungssektor und können so unser Schulungsangebot stark ausweiten."

Kräftig vom Börsengang profitiert hat auch die SER Systeme AG. So tätigte der Anbieter von Dokumentenmanagement- und Workflow-Systemen kürzlich bereits die dritte Übernahme innerhalb eines halben Jahres und verleibte sich den englischen Archivierungsspezialisten Patec ein. Zuvor hatte SER bereits die 100 Mitarbeiter zählende französische Dorotech und die amerikanische Doxsyx Inc. aufgekauft.

Auch BEA Systems verstärkt sich

Zwar nicht mit Geldern vom Börsengang, aber dennoch verstärkt hat sich auch Bea Systems GmbH. Das Unternehmen mit Sitz in Aschheim-Dornach bei München hat Entersoft Systems Corp. und damit den Distributor für die Middleware-Suite Top End übernommen. Das Produkt Top End kauften sich die Bayern bereits im Mai dieses Jahres von NCR.

Entersoft, die vor drei Jahren gegründet wurde, hat sich auf Serviceleistungen für Middleware-Kunden spezialisiert. Dazu gehören Middleware Development Services, technisches Design, Konzept-testing und Schulungen für Großkunden.

Daneben gibt es noch weitere weltweite Akquisitionen und Beteiligungen zu vermelden. So beteiligte sich der amerikanische Systemintegrator und Serviceprovider Microage Inc. an der ComIT Information Technology GmbH. Das Essener Unternehmen, das mit 180 Mitarbeitern einen Umsatz von 80 Millionen Mark erwirtschaftete, verdient sein Geld als Serviceprovider und Lösungsanbieter im Back-office-Bereich für Microsoft-Intel-Plattformen. Microage mit Sitz in Phoenix, Arizona, gehört nach Angaben der Zeitschrift Fortune mit einem Umsatz von 5,8 Milliarden Dollar zu den Top-500-Unternehmen.

Last, not least haben außerdem Cisco Systems und Ascend Communications zugeschlagen: Während Cisco eine Minderheitsbeteiligung an der dänischen Belle Systems erworben hat, verleibte sich Ascend für rund 822 Millionen Dollar die auf fehlertolerante High-end-Systeme spezialisierte Stratus Computer Inc. ein. (sn)

Ist in Skandinavien bereits fündig geworden: Transtec Vorstandschef Bernhard Bruscha.

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