Trend bei Ethernet: erst LAN- dann WAN-Technik

18.11.1999
MÜNCHEN: Wer sich noch vor wenigen Jahren beim Ethernet-Standard im Geschwindigkeitsrausch wähnte, empfindet die Technologie im Zuge immer komplexer werdender und speicherintensiverer Anwendungen heute als lahme Krücke. Nach Fast Ethernet und Gigabit-Ethernet stehen die Zeichen nun auf 10-Gbit-Ethernet.

Mitte Juli hat sich die "802.3 Highspeed Study Group" des Normengremiums Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) erstmals über Grundlagen wie Übertragungsmedien, -längen und -geschwindigkeit beraten. Laut Plan soll noch im November ein Projektautorisierungsvorschlag fertig werden, welcher die Eckpunkte des zukünftigen 10-Gbit-Ethernet-Standards festzurrt. Die Startfreigabe für erste Feldversuche soll dann in der zweiten Jahreshälfte 2000 erfolgen. Als Anwendungsbereiche für die Hochgeschwindigkeitstechnologie werden das Clustering von Supercomputern der nächsten Generation sowie virtuelle Echtzeitumgebungen genannt. Zur Verdeutlichung der Geschwindigkeit: Mit 10 Gbit lassen sich die Inhalte einer Festplatte mit 10 GB in 10 Sekunden oder 156.250 Telefongespräche mit jeweils 64 Kilobit zur selben Zeit übertragen.

10-GBIT-ETHERNET IST DAS OBJEKT DER BEGIERDE

Anbieter von Fernmeldediensten werden bei der neuen Übertragungsart besonders hellhörig, denn die stabile LAN-Technik gilt in bis zu 100 Kilometer langen Metropolitan Area Networks (MAN) als preiswerte Alternative zur ATM-Übertragungs- und Vermittlungstechnik (Asynchronous Transfer Mode).

Auch Internet-Service-Provider sind heiß auf 10 Gbit, denn mit dieser Technik wäre man erstmals in der Lage, mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten am Arbeitsplatz auf dem Server oder im MAN zu arbeiten. Nicht zuletzt würde dadurch auch die Netzwerkadministartion stark vereinfacht werden. Gute Chancen also für das Ethernet, zu jener übergreifenden Technik zu werden, für die eigentlich ATM vorgesehen war.

WO VIEL LICHT IST, IST AUCH SCHATTEN

Vieles spricht für 10-Gbit-Ethernet, doch wo sind die Nachteile? Die Ethernet-Technik ist im Vergleich zu ATM weniger fehlertolerant, und ihr fehlt für eine optimale Servicefreundlichkeit eine integrierte Verwaltungsoption für Diensteanbieter zur Nachverfolgung von Verbindungsproblemen. Gestritten wird in der IEEE-Kommission außerdem darüber, ob die Geschwindigkeit nun genau 10 Gbit oder 9,58464 Gbit pro Sekunde betragen sollte. Ungeklärt ist außerdem die Frage, ob die Daten mit einem Laser über eine Glasfaserleitung oder über vier Laser per Multiplexfaserleitung übertragen werden. Nachteil beider Systeme: Sie sind teuer. Ebenfalls diskutiert wird die Übertragungsmöglichkeit über Kupferkabel. Sicher scheint, daß 10-Gbit-Ethernet ausschließlich im Vollduplexmodus arbeiten wird (beide verbundenen Stationen können zur gleichen Zeit senden und empfangen). Bis zum Start der ersten Feldversuche im kommenden Jahr gibt es für das IEEE-Gremium also noch viel zu entscheiden. (akl)

Zur Startseite