Triforium 2003 in Berlin: Microsoft haucht seinen Software-Planspielen Leben ein

11.09.2003
Der amerikanische Softwaregigant war in den letzten Monaten viel mit sich selbst beschäftigt. Zahlreiche Firmenaufkäufe und die weltweiteUmorganisation schraubten die Zahl der hausinternen Meetings nach oben. Jetzt glaubt das Unternehmen, sich neu erfunden zu haben, und will sich dem Markt als kompetenter Lösungsanbieter präsentieren. Dazu wurde auch ein neues Partnerprogramm aus der Taufe gehoben.

Für eines ist Microsoft auf alle Fälle Garant: Wenn der weltweit größte Softwareanbieter zu seiner alljährlichen Partner- und Endkundenveranstaltung bittet, wird die Hütte voll. So auch in diesem Jahr. Zum zweiten Mal schlug die Deutschland-Dependance des Softwarekonzerns ihre Zelte für drei Tage in Berlin auf und richtete dort das über drei Tage angesetzte "Triforium" aus. Rund 1.800 Anmeldungen nahmen die Unterschleißheimer entgegen, nach eigenen Zählungen wurden bereits am ersten Tag etwa 1.200 Vertriebspartner am Veranstaltungsort in Europas größtem Hotel - dem "Estrel Berlin - gesichtet.

Mittelstand, Mittelstand und nochmals Mittelstand

Welche Akzente der Veranstalter setzen wollte, zeigte sich angesichts des Tagungsprogramms deutlich: Es war nicht Microsoft-Statthalter Jürgen Gallmann, der die "Triforium"-Eröffnungsrede hielt, sondern sein Geschäftsleitungskollege Wolfgang Ebermann, zuständig für das Mittelstandsgeschäft des Softwareanbieters. Damit ist das Stichwort auch schon gefallen. Nicht nur, dass Microsoft den Start eines Mittelstandsportals bekannt gab, auch fast alle Vorträge kreisten um diesen Themenkomplex. Microsoft will sich anstrengen, um sich seiner Klientel künftig als Lösungsanbieter zu präsentieren. Das ist kaum verwunderlich. Microsoft möchte endlich die Ernte einfahren, die sich das Unternehmen durch den Kauf von Anbietern wie Navision oder Great Plains versprochen hat. "Wir müssen weg vom Produktvertrieb hin zum Lösungsvertrieb", lautet denn auch die klare Ansage von Mittelstands-Direktor Ebermann.

Immerhin lockt dieser Markt mit beachtlichen Potenzialen, wie die Softwerker ausfindig gemacht haben. "Die Marktdurchdringung im Mittelstand bei CRM-Lösungen liegt gerade mal bei 35 Prozent, bei ERP-Systemen bei 40 Prozent", macht Ebermann deutlich. Zudem habe man festgestellt, dass nur etwa 30 Prozent der mittelständischen Firmen Portale einsetzen, um ihre Produktivität zu steigern, weil die Mitarbeiter schnell und einfach auf alle relevanten Informationen zugreifen können.

Auch locke nach wie vor das Ablösegeschäft, denn auf rund 500.000 Servern läuft noch das in den Augen von Microsoft "veraltete" Betriebssystem NT 4.0 oder Novell. Auch gelte es, die geschätzten 4,5 Millionen Office-95/97-Installationen auf den neuesten Stand zu bringen.

Schwächen im Behördengeschäft

In Selbstkritik übt sich Geschäftsleitungsmitglied Ebermann in Sachen Behördengeschäft. "Es ist uns nicht gelungen, unser Anliegen transparent zu machen. Jetzt müssen wir Klarheit darüber schaffen, dass Microsoft berechenbar ist und ein valides Business-Modell vorweisen kann", spielt Ebermann auf die Abfuhr der Stadt München an, die sich dafür entschieden hat, künftig lieber mit Linux zu arbeiten.

Mehr als sechs Milliarden Dollar steckt der Konzern im neuen Geschäftsjahr in die Softwareentwicklung. Microsofts Programmierer werden darauf getrimmt, vor allem Lösungen für Geschäftskunden zur Marktreife zu bringen. "Es wird ein Feuerwerk an Innovationen geben", stellt Ebermann den Vertriebspartnern in Aussicht. Schon in Bälde soll eine ganze Palette an Serverprodukten die Regale der Händler füllen.

Den großen Wurf hoffen die Redmonder mit der für Oktober 2003 avisierten hauseigenen CRM-Suite zu landen, die das Lösungsgeschäft vorantreiben soll. Flankierend hob der Softwerker ein Lead-Vermittlungsprogramm aus der Taufe. Wer als Certified Partner Microsoft potenzielle ERP-Kundschaft meldet, kann bares Geld verdienen. Kommt es durch einen der rund 200 Microsoft-Business-Solution-Partner zu einem Geschäftsabschluss über einen Mindestauftragswert von 20.000 Euro, bekommt der vermittelnde Händler 3.750 Euro ausgezahlt.

Zudem will Microsoft 40 Millionen Euro Marketinggelder in die Hand nehmen, um gezielt Kampagnen rund um das Thema Lösungsgeschäft zu fahren. "Machen Sie sich deshalb schon mal Gedanken darüber, wo denn genau ihre Kernkompetenzen liegen. Denn darüber werden wir in Zukunft viel mit Ihnen sprechen", gab Ebermann der versammelten Schar an Microsoft-Partnern als wohlgemeinten Ratschlag mit auf den Weg.

"Das beste Partnerprogramm der IT-Branche"

Die neue Stoßrichtung des Softwareriesen schlägt sich auch in der künftigen Zusammenarbeit mit den Partnern nieder. Dazu verriet Microsoft-Manager Wolfgang Brehm dem Auditorium erste Details des neuen Partnerprogramms, das offiziell auf der vom 9. bis 11. Oktober 2003 in New Orleans stattfindenden "Worldwide Partner Conference" verabschiedet wird. Klar ist bereits, dass Microsoft die Zahl seiner derzeitigen Partnerprogramme völlig zusammenstreichen wird. "Es ist sehr schwierig für die Händler geworden, das für sie geeignete Partnerprogramm bei uns zu finden", gibt Group Manager Partner Program & Sales Brehm unumwunden zu. Die derzeitigen Programme seien nicht transparent genug, einzelne Teilnahmekriterien nicht mehr zeitgemäß, und für die rund 200 neu hinzugekommenen Microsoft-Business-Solution-Partner sei es ohnehin schwierig genug, sich richtig einzuordnen. Mit dem neuen Partnerprogramm soll sich das ändern.

Derzeit ist die Microsoft-Organisation dabei, ein weltweit gültiges und auf die Bedürfnisse aller seiner Vertriebspartner zugeschnittenes Händlerprogramm festzuzurren. Dreh- und Angelpunkt wird die selbstständige Einordnung eines jeden einzelnen Vertriebspartners in eine oder mehrere Kernkompetenz-Kategorien sein.

Elf unterschiedliche Themenfelder werden dabei vorgegeben, bisher waren es fünf. Immerhin: Auf Druck der Deutschland-Organisation, die im Vorfeld im Rahmen von Qualitätszirkeln einige Vertriebspartner mit an Bord holte, um deren Meinung zum neuen Partnerprogramm zu hören, kam auch die Kategorie "Security" mit auf die Auswahlliste.

Wie bisher auch, sind für die Klassifizierung bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen. Nach erfolgter Prüfung können die Partner Punkte auf einem imaginären Konto sammeln. Neu ist, dass künftig auch der Umsatz mit Microsoft-Produkten in die Punktewertung mit eingehen wird. Das ist in den Augen einiger anwesender Händler nicht ganz unkritisch. Schließlich gibt es Vertriebspartner, die sich ausschließlich auf die Beratung konzentriert haben und selbst keinen direkten Umsatz mit Microsoft tätigen."Das ist noch eine Hausaufgabe für uns. Ich denke aber, dass derartige Partner ihre Punkte in ganz anderen Kategorien sammeln werden. Es muss ja nicht nur das Lizenzgeschäft sein", erklärt Brehm gegenüber ComputerPartner.

Miles & More à la Microsoft

Welche Leistungen, Prämien und Unterstützung der Wiederverkäufer im Gegenzug für seine angesammelten Punkte bekommt, kann er künftig online in Erfahrung bringen. Dazu richtet das Haus Microsoft ein so genanntes "Digital Dashboard" ein. Das virtuelle Armaturenbrett verrätalso "Reisegeschwindigkeit" und "Treibstoffvorrat" des eigenen Microsoft-Vehikels. Als große Erleichterung empfinden es die Partner, dass künftig eine unternehmensweite Profilierung möglich sein wird. Bis dato musste sich jede Filiale eines Handelsunternehmens separat für ein Partnerprogramm einschreiben, was einen hohen Verwaltungsaufwand für beide Seiten zur Folge hat. Obwohl sich durch diese Zusammenlegung die Zahl der Partner reduzieren wird, geht Brehm unter dem Strich dennoch davon aus, dass nach einer gewissen Übergangsfrist Microsoft statt bisher rund 2.500 zertifizierten Partnern auf etwa 3.000 verweisen wird können. Das Ziel ist klar und deutlich: "Wir werden das beste Partnerprogramm im ganzen IT-Markt anbieten."

www.microsoft.com/germany

ComputerPartner-Meinung

Es gibt nicht viele Unternehmen, die es sich über Monate hinweg leisten können, sich weniger um ihre Kunden denn um sich selbst zu kümmern Microsoft kann das. Nachdem der Softwarekrösus von seiner ausgiebigen Einkaufstour im CRM- und ERP-Markt (Navision, Great Plains, Axapta & Co.) zurückkehrte, wurde die einverleibte Ware erst einmal gründlich gesichtet und einsortiert. In der Folge formierte sich der Anbieter zu einer Matrix-Organisation und brütete ein neues Partnerprogramm aus. Microsoft hat viel an sich gearbeitet. Jetzt lässt der Softwareriese die Muskeln spielen und bläst zum Angriff. Die Partner freut's - gute Geschäfte sind so gut wie sicher. (cm)

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