Trotz toller Verkaufszahlen aus dem Takt geraten

21.10.1999

ISMANING: Umsatzwachstum, beeindruckende Profitabilitätskurven - Apple macht wieder richtig was her. Doch mit der Entscheidung, die von Vertriebspartnern bestellten Systeme schlechter ausgestattet zu liefern als ursprünglich geordert und trotzdem den alten Preis zu verlangen, stoßen sie auch die friedfertigsten Partner vor den Kopf.Das muß doch nicht sein: Obwohl Apple wieder auf klarem Erfolgskurs fährt (siehe Kasten), vergrätzen die "Kreativen der Computerbranche", wie sie sich selber gerne sehen, derzeit wieder ihre Vertriebspartner. Der Hintergrund: Der Hersteller Apple reagierte just in der letzten Woche mit einer Herabstufung der Taktfrequenzen seiner G4-Modelle auf die Lieferprobleme seines Zulieferers Motorola und die technische Probleme mit den 500-MHz-Versionen, senkte dabei aber nicht - wie vom Handel erwartet - die Preise entsprechend.

Im Klartext heißt das: Hat ein Händler oder Distributor tausend 500-MHz-G4-Rechner bei Apple geordert, bekommt er statt dessen jetzt tausend 450-MHz Rechner zum Preis für die höhere Taktfrequenz. Die 500-MHz-Version wird es voraussichtlich sowieso erst im Jahr 2000 geben. Das betrifft auch die anderen Modelle: Statt mit 400, 450 und 500 MHz sollen diese nur mit 350, 400 und 450 MHz geliefert werden. "Nicht mit mir, Freunde", kann da nur ein Handelspartner nach dem Partner-Kick-off Ende letzter Woche den Kopf schütteln. "Das wird rechtliche Konsequenzen haben. Die oberste Heeresleitung in den USA, die das angeordnet hat, soll bitte erst mal die deutschen Verträge lesen und die lokale Rechtsprechung beachten", grollt er. Schon während der Ankündigung dieses Schrittes gab es Proteste: "Wie kann man sich auch nur so abhängig von einem Zulieferer machen?" fragte sich so mancher anwesende Partner. Doch zumindest da kann Apple Entwarnung geben: "IBM wird innerhalb der ersten sechs Monate des kommenden Jahres ebenfalls G4-Chips fertigen", beschwichtigte Apple-Deutschland-Chef Peter Dewald die aufgebrachten Gemüter.

Demogeräte teuer - nicht aber für Retailer

Insgesamt war die Stimmung auf der Partnerveranstaltung "sehr angespannt", wie einige Teilnehmer bestätigen. "Da kommen dann solche Ankündigungen wie: Apple gibt uns keine besseren Konditionen für Demogeräte mehr, aber den Retailketten schon", ereifert sich die Geschäftsführerin eines Apple-Partnerunternehmens. Oder: "Herr Dewald erwähnt so nebenbei, daß sie schon seit drei Wochen die neuen 350-MHz-Systeme bauen - sie lassen uns aber uninformiert weiter Bestellungen für die 400-MHz-Systeme entgegennehmen, die sie nicht liefern können." Im nachhinein vermutet so mancher: "Da auch die Wellen der Empörung in den USA schon hochschlagen, wird Apple sich gut überlegen müssen, ob es seine Preispolitik so weiterfahren will."

Schwarz sieht so mancher Apple-Händler auch für das kommende Weihnachtsgeschäft: "Seien wir mal ehrlich: Wann konnte Apple jemals zu Weihnachten liefern? Das wird jetzt - mit dem immensen Auftragsbestand, den wir schon haben - nur noch viel schlimmer", ist einer der Anwesenden hin- und hergerissen zwischen der Freude über seine ellenlange Orderliste und der Panik darüber, wie die Liefersituation gemeistert werden soll. Doch auch da gibt sich Apple zuversichtlich. "Wir können jetzt in jedem Fall die Vorbestellungen und auch die erwarteten Orders zum Weihnachtsgeschäft im nächsten Quartal abarbeiten", versichert Marketingleiter Stefan Heimerl und bekommt dabei Rückendeckung von Apple-Partner Gravis. Der Geschäftsführer des Unternehmens, Archibald Horlitz, der ebenfalls die G4-Megahertzgeschichte eher zähneknirschend zur Kenntnis nimmt, ist zuversichtlich: "Nachdem wir jetzt drei Monate recht knapp mit Produkten waren, bin ich zuversichtlich, daß wir ab November wieder Luft haben. Es sei denn, es passieren wieder irgendwelche Katastrophen wie Erdbeben oder ähnliches ..." (du)

Apple-Deutschland-Chef Peter Dewald beschwichtigt: "IBM wird im nächsten Jahr ebenfalls G4-Chips fertigen."

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