Und doch papierlos: Kodak setzt auf den Dokumenten-Management-Markt

03.06.1998

MüNCHEN: Nicht nur digitale Kameras und Scanner: Unter dem Etikett "Document Management" präsentiert sich Kodak als Anbieter eines breiten Spektrums von Hardwarekomponenten. Neben neuen Kameras werden auf der CeBIT unter anderem neue CD-Medien, eine CD-Jukebox sowie ein Mid-Volume-Dokumenten-Scanner vorgestellt.Nachdem der Begriff Multimedia mittlerweile viel von seiner Faszination verloren hat, sind die Marktstrategen auf der Suche nach neuen lukrativen Marktsegmenten fündig geworden: "Document-Management-Systeme" (DMS) heißt für viele das neue Zauberwort, das der Branche in den nächsten Jahren zu Wachstum und Wohlstand verhelfen soll. Nicht nur in den Büros, auch in den Privathaushalten sollen nach Ansicht der Anbieter in fortschreitendem Maße traditionelle papierne Informationsmedien durch elektronische Medien ersetzt werden.

Das Angebot dafür benötigter Hardware- und Softwarekomponenten ist groß. Dennoch: Vielen potentiellen Kunden vom Großunternehmen bis zum Heimanwender blieben die Notwendigkeit und der echte Nutzen von elektronischen Document-Management-Systemen bisher weitgehend verborgen. Parallelen zum Schlagwort Multimedia drängen sich auf.

Durchbruch mit Megapixel-Kameras

Capture, Manage, Store, Output", lautet der Workflow für das Digital-Imaging, einer Untergruppe des Document-Management. Im Gegensatz zu Büroumgebungen, wo der Schwerpunkt der Dokumentenverarbeitung bei schriftlichen Unterlagen liegt, erwarten Marktforscher, daß im Privatbereich die Verwaltung und Bearbeitung digitaler Bilder zukünftig eine wichtige Rolle spielt.

Voraussetzung ist ein Durchbruch der auf der letztjährigen CeBIT mit großem Aufwand präsentierten digitalen Fotografie im Konsumentenmarkt. Daß sich die hohen Umsatzerwartungen in diesem Marktsegment bisher noch nicht erfüllt haben, überrascht Pierre Schaeffer, den zuständigen Regional General Business Manager bei Kodak, nicht. "Eine VGA-Auflösung, wie sie die meisten derzeit am Markt erhältlichen digitalen Kameras aufweisen, ist kein akzeptabler Standard." In erschwinglichen "Megapixel-Kameras", die eine Auflösung von mehr als einer Million Bildpunkten ermöglichen, sieht er den Ausweg aus der Flaute.

Lag der Preis für Produkte dieser Güteklasse Mitte letzten Jahres noch bei 2.500 Mark, erhofft sich Kodak mit der DC200 eine deutliche Belebung der Nachfrage. Zu einem Preis von weniger als 1.300 Mark soll die Kamera ab April verfügbar sein. Interpretiert man die Äußerungen führender Kodak-Manager, wird der drastische Preisverfall in diesem Marktsegment weiter anhalten. Preise unter 1.000 Mark für Megapixel-Kameras im Jahresendgeschäft scheinen mehr als wahrscheinlich.

Mit der DCS 520, einer Kamera mit Zwei-Megapixel-Sensor auf Basis der Canon EOS 1n, demonstriert Kodak, daß sich alle wesentlichen Funktionen einer Profikamera mittlerweile digital realisieren lassen. Selbst einen dramatischen Preisverfall vorausgesetzt wird es allerdings einige Zeit dauern, bis dieses Flaggschiff digitaler Fototechnik seinen Weg in die Regale von PC-Händlern und Mediamärkten findet. Mit einem Endkundenpreis von etwa 32.000 Mark stellt die mit Canon gemeinsam entwickelte Kamera derzeit noch eine echte Alternative zu einem Automobil der Mittelklasse dar. Als Zielgruppe definiert Gerd Bayard, Verkaufsleiter für den deutschsprachigen Raum, dementsprechend professionelle Anwender im Bereich Bildjournalismus und Industriefotografie.

CD wird wichtigstes Speichermedium

Als Speichermedium zur Langzeitarchivierung großer Datenmengen bietet sich das Medium CD an. Ob sich die einmal beschreibbare CD-R weiterhin behaupten kann, oder mittelfristig durch die mehrfach beschreibbare CD-RW abgelöst wird, da mag sich Kodak-Manager Schaeffer nicht festlegen. Als weltweit größter Produzent von CD-R-Medien mit einem europäischen Marktanteil von 26 Prozent, fährt Kodak bewußt zweigleisig. "Schätzungen gehen davon aus, daß sich die Anzahl der mit CD-R beziehungsweise CD-RW ausgestatteten Desktops 1998 europaweit auf neun Millionen erhöhen wird. Wir haben die notwendige Expertise, um von diesem Boom zu profitieren."

Das Kodak-Produktspektrum wird deshalb um zwei neue CD-Medien ergänzt. Neben einer CD-RW wird erstmalig eine "Thermal-Printable-CD" vorgestellt. Die weiße Oberfläche kann vom Anwender individuell mit Firmen-Logo, Bildern oder Referenzinformationen bedruckt werden. Durch eine spezielle Beschichtung werden Beschädigungen der Oberfläche deutlich vermindert. Nach Aussage von Kodak kann der Anwender davon ausgehen, daß - normale Lagerbedingungen vorausgesetzt - die Datensicherheit 100 Jahre und länger gewährleistet ist.

"Immer mehr Unternehmen wird die Bedeutung der CD-Technologie für das Dokumenten- und Informationsmanagement bewußt", bekräftigt Friedrich Wolf, Leiter der Kodak-Business-Imaging-Systems in Zentraleuropa. An die Zielgruppe der Klein- und Mittelstandsunternehmen wendet sich Kodak daher mit einer neuen CD-Jukebox. Der modular aufgebaute CD-Wechsler kann alternativ mit einem oder zwei Schreib- und Leselaufwerken bestückt werden und ist in der Lage, maximal 72 CDs zu verwalten; das bedeutet eine Kapazität von bis zu 46,8 GByte. Um potentiellen Kunden eine hohe Investitionssicherheit zu gewährleisten, ist die CD-Library 54 so aufgebaut, daß eine Umrüstung auf zukünftige DVD-Medien möglich ist.

Angriff im Scanner-Markt von unten

Einen Schlüsselbereich innerhalb des DMS-Marktes stellt das Marktsegment der Dokumenten-Scanner dar. Mit einem Paukenschlag möchte Kodak seine Position hier weiter ausbauen. Digital Science Scanner 3500 heißt die neue Geheimwaffe, die erstmalig auf der CeBIT zu sehen ist und den Wettbewerbern das Fürchten lehren soll. Analog zur fortschreitenden Marktöffnung wendet sich das Gerät sowohl an Großunternehmen, die neuerdings eine dezentralisierte Datenerfassung betreiben, als auch an die steigende Zahl von Anwendern in kleinen und mittleren Betrieben.

Nachdem Kodak in der oberen Scanner-Kategorie, den zentral betriebenen High-Volume-Modellen, bereits einen Marktanteil von 70 Prozent repräsentiert, soll mit dem 3500 langfristig eine ähnlich dominierende Stellung auch bei Low-Volume-Scannern realisiert werden. Mit Hilfe einer sehr aggressiven Preisgestaltung soll laut Wolf Kodaks Marktanteil von 13 Prozent im Jahr 1997 auf 21 Prozent im Jahr 1998 gesteigert werden. Da Kodak in diesem Geschäftsbereich keine direkten Vertriebsaktivitäten verfolgt, sieht er überdies gute Perspektiven für autorisierte Kodak-Vertriebspartner.

Auf 4,5 Milliarden Mark beziffert der Manager den europäischen DMS-Markt im Jahr 1996. Etwa ein Drittel der Summe entfiel auf den deutschsprachigen Raum. Etwa 20 Prozent sollen nach Erwartungen der Experten die jährlichen Wachstumsraten bis ins Jahr 2000 betragen.

Neue Chancen für Integratoren und VARs

Während Document-Management-Lösungen in der Vergangenheit größtenteils im Bereich der reinen Datenarchivierung lagen, sehen Befürworter heute elektronisches Dokumentenmanagement als Basis zur effizienten Kommunikation mit Kunden und Partnern. Angetrieben durch Internet- und Intranet-Anwendungen liegt das größte Potential im DMS-Bereich bei den Dienstleistungen. Systemintegratoren und VARs sind nach Ansicht von Wolf gefordert, neue Anwendungsbereiche zu erschließen. Bleibt abzuwarten, ob es den Anwendungsentwicklern von DMS-Lösungen gelingt, mit den euphorischen Prognosen der Marketingabteilungen Schritt zu halten. (sd)

Halle 1, Stand 6d

Nicht Großbanken, Versicherungen und Behörden, sondern kleine und mittlere Unternehmen möchte Kodak mit dem Scanner 3500 ansprechen.

Megapixel für die Masse? Kodaks Digitalkamera DC200 soll dem Consumer-Markt auf die Sprünge helfen.

Das größte Entwicklungspotential haben Anbieter maßgeschneiderter DMS-Lösungen.

Mit einem breiten Angebot unterschiedlicher CD-Medien will Kodak Eindruck machen.

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