Unterlassungserklärung von Microsoft

26.06.2004
Im August 2002 kam Compusoft-Chef Zakaria Elhady in Untersuchungshaft. Die Gießener Staatsanwaltschaft klagte ihn wegen des Vertriebs von Raubkopien an. Nun hat Microsoft Einsicht in die Bücher des Software-Distributors erhalten und schreibt alle von der Affäre betroffenen Händler an. Von ComputerPartner-Redakteur Dr. Ronald Wiltscheck

"Das ist mein Ruin, das kann ich nie und nimmer bezahlen!" Dieser verzweifelte Hilferuf erreichte die ComputerPartner-Redaktion in der vergangenen Woche. Wilfried Richter, Inhaber von Computer Concept, hatte gerade ein Schreiben von dem renommierten Frankfurter Anwaltsbüro Willkie Farr & Gallagher bekommen. Dieses forderte ihn auf, eine Unterlassungserklärung zur Zahlung von 37.000 Euro zu unterschreiben.

Und dies war kein Einzelfall: Als rechtliche Vertretung der Firma Microsoft in Deutschland schrieb die Kanzlei mehrere Händler an, die vor Jahren von dem Licher Distributor Compusoft Ware bezogen hatten. Offenbar waren die dabei erworbenen Microsoft-Produkte nicht immer mit dem Echtheitszertifikat ausgeliefert worden.

"Oftmals erhielten diese Händler von Compusoft nur ein Handbuch oder nur den nackten Datenträger", schildert Dr. Thomas Urek, Senior Attorney bei der Rechtsabteilung von Microsoft Deutschland, einige Fälle. Er hält einigen ehemaligen Compusoft-Händlern vor, viel zu blauäugig vorgegangen zu sein: "Sie hätten doch merken müssen, dass man zu diesen Kampfpreisen keine regulären Lizenzen der Microsoft-Produkte erhält."

Nun geht der Softwarekonzern rechtlich gegen die "unehrlichen" Händler vor. Zwar liegen diese als unsachgemäß deklarierten Lieferungen oft mehr als drei Jahre zurück, doch Microsoft Deutschland kann eigenen Aussagen zufolge erst jetzt darauf reagieren, da nun endlich die Auswertung der Compusoft-Bücher vorliegt. Mehrere Monate lang waren unabhängige Wirtschaftsprüfer damit beschäftigt, die Daten des ehemaligen Softwaredistributors genauer unter die Lupe zu nehmen. Nun sickern offenbar erste Details durch, und laut Urek habe sich Microsoft mit etwa 20 bis 30 Ex-Compusoft-Händlern bereits gütlich geeinigt: "Wir haben mit diesen Partnern sehr vernünftige Gespräche geführt."

Doch das ist erst der Anfang der rechtlichen Auseinandersetzungen. Laut dem Microsoft-Anwalt ist eine vierstellige Anzahl von Händlern in die Compusoft-Affäre miteinbezogen worden. Da man aber jede Woche nur etwa zehn Betroffene anschreibt, um die Angelegenheit jeweils individuell aufzuklären, könnte sich diese rechtliche Auseinandersetzung über ein Jahr oder länger hinziehen. Die Schadensersatzsummen, um die es sich dabei handelt, variieren ebenfalls stark: "Es gibt einige wenige schwarze Schafe, die Lizenzbetrug in sechsstelliger Höhe begangen haben", so Urek gegenüber ComputerPartner. Die Mehrzahl der Händler hält der Microsoft-Anwalt aber für ehrlich. Es gilt für ihn nun, sie aufzuklären und besser zu informieren - etwa über Rabattaktionen des Softwarekonzerns. Dazu zählen Volumenlizenzen oder die Option System Builder - ComputerPartner berichtete darüber in Ausgabe 18/2004 auf Seite 14 - da lässt sich auch Geld sparen.

Doch das alles hilft Wilfried Richter nicht recht weiter, wenn auch die Situation bei Computer Concept sich offenbar ein wenig entspannt hat: Die Kanzlei Willkie Farr & Gallagher räumte dem Händler aus Gnarrenburg bei Bremen erst einmal einen dreiwöchigen Zahlungsaufschub ein. Außerdem wurde die Schadensersatzsumme halbiert. Dennoch, Wilfried Richter ist immer noch sauer: "Auch die 18.500 Euro kann ich nicht so einfach aufbringen." Auf seiner Firmen-Website (www.computerconcept.de) ist er jedenfalls nicht mehr als Microsoft-Partner gelistet.

Meinung des Redakteurs

Es ist sicherlich richtig, dass Händler, die mit gefälschten Lizenzen Geschäfte machten, bestraft werden müssen. Doch sollte Microsoft hier mit viel Feingefühl agieren, um nicht einige im guten Glauben handelnde - man könnte auch sagen: naive - Händler in die Pleite zu treiben.

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