UPDATE: Deutschen Solarherstellern lacht die Sonne - noch

10.06.2010
(NEU: Zusammenfassung, weitere Manageraussagen, Studien)

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Von Martin Rapp DOW JONES NEWSWIRES

MÜNCHEN (Dow Jones)--Der Markt für Sonnenstrom kocht auf hoher Flamme. Ein Ende des Wachstums ist nicht in Sicht, und momentan spielt sich der Großteil der Aktivitäten immer noch in Deutschland ab. Davon profitieren nicht zuletzt die einheimischen Unternehmen, doch Branchenbeobachter prophezeien, dass ihre Bedeutung in Zukunft weiter abnehmen wird.

Das Wetter hätte zur Branchenmesse Intersolar, die am Donnerstag in ihren zweiten Tag ging, nicht passender sein können. Strahlender Sonnenschein, 30 Grad Lufttemperatur - ideale Bedingungen für die Solarmodule auf den Dächern der Messehallen. Während aber der Deutsche Wetterdienst schon für die kommenden Stunden aus Südwesten kommende Gewitter prognostiziert, droht den deutschen Herstellern von Solartechnik das Unwetter aus dem Osten.

Noch genießen die Unternehmen die Segnungen stark wachsender Nachfrage. In Deutschland wird auch in diesem Jahr rund die Hälfte aller weltweit installierten Photovoltaikanlagen errichtet werden. Das sagen die Marktforscher von EuPD Research und auch der Vorstandsvorsitzende des Solartechnikhändlers Phoenix Solar, Andreas Hänel, voraus.

Nachdem in der ersten Hälfte des vergangenen Jahres der Markt wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise regelrecht eingebrochen war, haben der dadurch ausgelöste Preisverfall und die Diskussion um eine Kürzung der Fördersätze für Sonnenstrom für einen enormen Nachfrageschub gesorgt. Der deutsche Markt hat sich 2009 mehr als verdoppelt und soll in diesem Jahr nochmal um rund 50% auf 5,5 Gigawatt (GW) wachsen, schätzt EuPD.

Die hohe Nachfrage hält die Preise stabil. Der ehemalige Solarzellspezialist Q-Cells, der nun auch auf Module setzt, hat im zweiten Quartal den Kunden sogar etwas mehr abverlangt und schließt weitere Anhebungen nicht aus. Phoenix Solar will in diesem Jahr in jedem Quartal außer dem dritten neue Rekordwerte bei Umsatz und Ertrag erzielen.

Dazu kommt der schwache Euro. Zuletzt hatte die europäische Gemeinschaftswährung im Vergleich zum US-Dollar, in dem die meisten nichteuropäischen Hersteller rechnen, ein Fünftel an Wert verloren. Verschiedene chinesische Unternehmen mussten und müssen Phoenix-Solar-CEO Hänel zufolge deshalb die Preise erhöhen, um ihre Marge zu halten.

Das gibt den deutschen Herstellern etwas Luft, weil sich die Preislücke zu der Konkurrenz aus Fernost verkleinert. EuPD beziffert sie auf 10% bis 15%. Dennoch sagt Marktforscher Markus Hoehner voraus, dass sich der Marktanteil der Chinesen in Deutschland in diesem Jahr auf über 50% von zuvor 40% erhöhen wird.

Das wäre solange nicht problematisch für die einheimischen Hersteller, sofern nur der Markt genug wächst. Doch das bezweifelt Hoehner. Er rechnet damit, dass das starke Wachstum derzeit vor allem durch die geplante zusätzliche Absenkung der Einspeisevergütungen getrieben ist und die regulär vorgesehene zum Jahreswechsel. EuPD prognostiziert für 2011 einen Rückgang des Marktvolumens auf gut 3 GW.

Die Bedeutung des deutschen Marktes im Weltmaßstab würde somit schwinden, was sich mit der Einschätzung von Jerry Stokes deckt, der beim weltgrößten Produzenten kristalliner Solarmodule, Suntech Power aus China, für die Strategie zuständig ist. Er hebt besonders die Wachstumsaussichten in Nordamerika hervor. Dort rechnet Stokes mit einer von Kalifornien ausgehenden zunehmenden politischen Unterstützung und erwartet, dass die Wahlen zum US-Kongress im Herbst einen Katalysator darstellen.

Worin sich alle einig sind, egal ob Hersteller, Händler oder Beobachter: Sonnenenergie muss sich weiter verbilligen, um mit herkömmlichen Energieträgern konkurrieren zu können. Dabei setzen die Marktführer auf Größe und bauen ihre Kapazitäten kräftig aus. So haben die drei großen chinesischen Modulhersteller, neben Suntech sind das Trinasolar und Yingli, für dieses Jahr den Anstieg auf über 1 GW angekündigt. Von den deutschen Produzenten hält da nur Solarworld mit, wo ebenfalls diese Marke angestrebt wird.

EuPD erwartet, dass die Kostenführer über den Preis ihre Produkte in den Markt drücken werden. Und auch die Unternehmensberatung Roland Berger rechnet damit, dass die hohen Kapazitäten für Preisdruck sorgen werden, der pro Jahr auf bis zu 15% beziffert wird.

Fraglich wird dann sein, wer das von den Herstellern verkraftet. Hoehner von EuPD etwa glaubt, dass die weitere Absenkung der Einspeisevergütungen in Deutschland ab 2011 nicht durch entsprechende Kostensenkungen der deutschen Produzenten aufgefangen werden kann.

Auch dabei herrscht Konsens unter den Beteiligten: Es wird zu einem Ausleseprozess kommen. Torsten Henzelmann von Roland Berger sieht von den 50 größeren deutschen Unternehmen nur die Hälfte noch in fünf Jahren am Leben. Hänel glaubt, dass das Aussieben weltweit stattfinden wird und erwartet künftig nur noch ein Dutzend großer Hersteller.

Auch Stokes vom Marktführer Suntech aus China rechnet mit einer Konsolidierungswelle. Die europäische Konkurrenz ist dabei für Stokes nicht chancenlos. "Es gibt keinen fundamentalen Grund, dass in zehn Jahren nicht einer unserer Wettbewerber aus Europa kommen sollte", sagte er. Damit macht Stokes zum einen klar, dass Suntech seiner Ansicht nach dabei ist. Und er wirft für Europäer die Frage auf: Hätte er nicht wenigstens "zwei" sagen können?

-Von Martin Rapp, Dow Jones Newswires; +49 (0) 211 13 87 214; martin.rapp@dowjones.com DJG/mmr/jhe Besuchen Sie auch unsere Webseite http://www.dowjones.de

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