VARs sollen Kunden von ATM überzeugen

14.06.1996
MÜNCHEN: Der ATM-Markt wartet immer noch auf den Durchbruch. Um ihm dazu zu verhelfen, legen einzelne ATM-Hersteller jetzt VAR-Programme auf. Ihr Ziel: VARs sollen mögliche ATM-Kunden von den Vorzügen von ATM-Workgroups überzeugen.Der Asynchrone Transfer Modus (ATM) verspricht, bandbreitenintensive Anwendungen wie Video-, Sprach- und CAD-Übertragungen frei skalierbar, also bedarfsorientiert, in Firmennetzen transportieren zu können. So können etwa in LANs Desktops mit bis zu 155 MBit/s adressiert werden, in Back-bone ist die Rede von Gigabitbreiten - Datendurchsätze, von denen herkömmliche LANs und WANs weit entfernt sind.

MÜNCHEN: Der ATM-Markt wartet immer noch auf den Durchbruch. Um ihm dazu zu verhelfen, legen einzelne ATM-Hersteller jetzt VAR-Programme auf. Ihr Ziel: VARs sollen mögliche ATM-Kunden von den Vorzügen von ATM-Workgroups überzeugen.Der Asynchrone Transfer Modus (ATM) verspricht, bandbreitenintensive Anwendungen wie Video-, Sprach- und CAD-Übertragungen frei skalierbar, also bedarfsorientiert, in Firmennetzen transportieren zu können. So können etwa in LANs Desktops mit bis zu 155 MBit/s adressiert werden, in Back-bone ist die Rede von Gigabitbreiten - Datendurchsätze, von denen herkömmliche LANs und WANs weit entfernt sind.

Als weiteres Argument für ATM und gegen herkömmliche Netze wird vorgetragen, daß in LANs und WANs sich alle Geräte die verfügbare Bandbreite applikationsorientiert teilen müssen. Das führt unweigerlich zu Engpässen und Datenverlust im Netz. Kommen außerdem noch Hardware-bedingte Flaschenhälse, etwa bei Servern und Workstations, dazu, mutiert der Datenexpress unweigerlich zur sattsam bekannten Bimmelbahn.

Zwar gibt es mittlerweile das relativ teure Switching im Netz, und folglich die Möglichkeit, einzelnen Rechnern dezidiert die volle Bandbreite des Netzes zuzuweisen. Doch auch das reicht nach Ansicht der zirka 20 ATM-Anbieter, die auf der CeBIT die ATM-World ausrichteten, keineswegs aus, um komplexe oder auch zeitkritische Anwendungen realisieren zu können. "ATM ist die erste Verbindung, mit der man alle Daten, seien sie Video-, Ton- oder zeichenorientiert, zusammen übertragen kann", zeigt sich beispielsweise Martin Taylor, Vice-President Networks Architecture von dem englischen Netzwerkanbieter Madge Networks, überzeugt und spricht damit der ATM-Zunft aus dem Herzen. Diese nämlich weiß sich dabei einig, daß in Zukunft immer mehr komplexe Anwendungen entweder die Netze langsam machen werden - oder man installiert eben ATM.

ATM-Schwierigkeiten: Preis und Akzeptanz

Aber auch beim Preis fehlt es nicht an Schwierigkeiten. Im Moment ist jede ATM-Installation teuer. Verglichen etwa mit Fast-Etherent-, 100T-Base-Netzen oder FDDI zu teuer. So kostet eine ATM-Switch-Schnittstelle zwischen 30.000 und 50.000 Mark. Ein ATM-Anschluß eines Desktops kostet wenigstens 1.400 Mark. Das treibt den ATM-Herstellern die Kunden nicht in Scharen zu.

Infolge dessen ist der mangelnde Wettbewerb bei ATM ein Handikap. "Es gibt kein wirkliches Pricing von ATM. Die Technologie ist neu, teuer und deshalb mit anderen Produkten nicht vergleichbar", erklärt Matthias Hein, Marketing Manager bei Bay Networks in Wiesbaden. Er wird vom Marktforscher IDC bestätigt: ATM-Produkte kosten verschieden viel, und verläßliche Kosten-Nutzen-Rechnungen können gegenwärtig nicht gemacht werden.

Trotzdem bleiben ATM-Hersteller dabei: Der Markt wird kommen. "Unsere Kunden verlangen ATM", berichtet Michael Frey Peters, Geschäftsführer der deutschen Olicom GmbH in Frankfurt. Nur ist es so, daß die vorsichtigen Kunden erstmal testen. Das geschieht in kleinen überschaubaren Installationen, wie sie eine ATM-Workgroup anbietet.

Auch für VARs steckt ATM in der Pilotphase

Um aber das Einstiegsprogramm ATM-Workgroups zu verkaufen, fehlt den meisten Herstellern die geeignete Vertriebsstruktur. Denn da der ATM-Vertrieb von Key Account-Managern geprägt ist, die ATM, wenn überhaupt, bisher in Backbones zu installieren versuchten, visieren die Hersteller für die neue Strategie der ATM-Workgroups jetzt den indirekten Kanal an. Und hier besonders den VAR.

Der VAR erscheint nämlich als erfolgsversprechend. "Der VAR verkauft Lösungen und ist nahe am Kunden", erkennt Jan Bause, Market Development Manager bei Madge. So gut wie jede Firma, die ATM-Workgroups propagiert, legt auch ein VAR-Programm auf.

Infolge dessen können interessierte VARs zwischen ATM-Herstellern wählen. Das Symptom des "Early Adopters", das in der Computer-Branche generell bei neuen Technologien üblich ist und seit einem Jahr Standard im Internet-Bereich, ist jetzt bei ATM gang und gäbe. "Es heißt nichts anderes als daß Hersteller VARs ködern wollen, um diese in die ATM-Schlacht zu schicken. Wenn sie Erfolg haben, können die ATM-Hersteller sagen: wir haben bereits Kompetenz in Sachen ATM", ließ sich ein ungenannt bleiben wollender ATM-Experte auf der CeBIT skeptisch vernehmen.

Auch bei DEC bezweifelt man diese Strategie. "Das ist dann sinnvoll, wenn Kunden eine definierte Umgebung testen wollen. Aber es gibtnoch keinen Markt dafür", erklärt Uwe Becker, Sales Engineer bei DEC in München.

Vorsichtige VAR-Strategie bei ATM ist angebracht

Beabsichtigt der VAR also, sich bei den ATM-Herstellern umzusehen, sollte er es gründlich tun. Das Angebot reicht von ATM-Starterkits, wie sie Madge anbietet, bis hin zu kompletten ATM-Workgroup-Lösungen, wie sie etwa 3COM, Fore System oder der dänische Anbieter Olicom offerieren, und ATM-Light-Switchen, wie sie von DEC und IBM kommen.

Wichtig dabei ist, die ATM-Strategie der Hersteller im Auge zu behalten, da gerade bei ATM viele Unternehmen dazu tendieren, bei einem Hersteller alles zu ordern.

VARs sollten also bedenken: Das jetzige Stadium von ATM erlaubt so gut wie keine überprüfbaren Marktaussagen zu ATM. Deshalb sollten sie die ATM-Workgroup-Strategien der einzelnen Unternehmen prüfen. Zum Beispiel die Migrationspfade von Netzkomponenten, die Unternehmen für den Übergang zu ATM vorgesehen haben. Das sind neben VLAN-Strategien insbesondere Switches, Hubs, Router und entsprechende Management-Software, womit die Komponenten im Netz überwacht werden können.

Des weiteren sollten VARs bei ATM-Workgroups darauf achten, daß sie genügend Kompetenz besitzen, um die ATM-Workgroups in den bestehenden Token-Ring- und Ethernet-Netzen installieren zu können. Als dritter Punkt gilt, daß für VARs die Installation mehrerer ATM-Workgroups heißt, "die Infrastruktur der Kunden umzubauen - nämlich auf ATM", schildert Hein von Bay Networks die mögliche Konsequenz einer ATM-Installation. Erst wenn sie festgestellt haben, daß "die Ausrichtung stimmt, können VARs bei ATM bald gute Geschäfte machen", erklärt Jan Bause von Madge.

Der ATM-Markt muß erst geschaffen werden

Daß ein vorsichtiger Einstieg von VARs bei ATM lohnen könnte, belegen Marktprognosen. So soll der gesamte ATM-Markt nach einer Fortune-500-Studie von Marktforscher IDC in den USA auf rund drei Milliarden Dollar im Jahr 2000 anwachsen. Zum Vergleich: Derzeit bewegt er sich in der Größenordnung von zirka 350 Millionen Mark, und es sei daran erinnert, daß LAN-Installationen so gut wie nicht vorhanden sind.

Der Grund: Mit den Fast-Ethernet- und Token-Ring-Lösungen wird der Bandbreitenbedarf in fast allen Fällen abgedeckt. "Wir rechnen damit, daß sich daran in etwa eineinhalb Jahren etwas ändert", erklärt DEC-Manager Becker.

Angesichts der Gesamtperspektive aber ist es nur verständlich, daß alle Netzwerker, die sich von dem ATM-Kuchen ein dickes Stück reservieren wollen, bereits jetzt der Startschuß zu ATM erfolgt ist. "Nur wenn wir den Markt jetzt aktiv angehen, werden wir in Zukunft ernsthafte Player sein", erklärt Harald Zapp, Channel Manager bei der Cisco Systems GmbH in Frankfurt.

Bei Madge schließlich setzt man voll auf ATM. "Wir sind uns sicher, daß für Unternehmen der PC das Kommunikationsgerät schlechthin werden wird. Daten-, Sprach- und Videoübertragung werden zentrale Bestandteile des PCs sein. Und das ist nur mit Bandbreiten zu schaffen, wie ATM sie bietet", erklärt Madge-Manager Martin Taylor. So sieht das Unternehmen in der Ausrichtung auf ATM seine Zukunft im Netzwerkmarkt. Kühne Töne angesichts der ATM-Realität.

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