Vier Bosse ritten nach Texas: Diese Branche ist groß genug für uns alle

25.04.1997
HOUSTON: "Die IT-Investitionen der Top-Unternehmen werden sich in den nächsten zehn Jahren mehr als verdoppeln." Mit diesem Versprechen lockte Compaq-Chef Eckhard Pfeiffer seine Partner und Kunden Anfang April wieder einmal zum Innovate-Forum nach Houston - darunter auch 180 Kunden und Vertriebspartner aus Deutschland. Vor Ort wurden die Vorträge und Seminare dann allerdings unter ein Motto gestellt, das eher sinkende Umsätze befürchten läßt: Runter mit der "Total Cost of Ownership"!Vorträge für Techniker wie Manager, neuestes IT-Spielzeug zum Anfassen sowie fünf Präsentationen von Branchengrößen wie Microsoft-Chef Bill Gates, Intel-Boß Andy Grove, Novell-Präsident Joe Marengi und natürlich Eckhard Pfeiffer höchstselbst: Da sollte man meinen, daß die mehr als 5.000 aus aller Herren Länder zur Compaq-Zentrale nach Houston gereisten Kunden, Partner und sonstigen Eingeweihten in drei Tagen mit ausreichend Ein- und Ausblicken ausgestattet wurden, um daheim die Meinungsführerschaft an den IT-Stammtischen übernehmen zu können - ausreichende Englischkenntnisse vorausgesetzt.

HOUSTON: "Die IT-Investitionen der Top-Unternehmen werden sich in den nächsten zehn Jahren mehr als verdoppeln." Mit diesem Versprechen lockte Compaq-Chef Eckhard Pfeiffer seine Partner und Kunden Anfang April wieder einmal zum Innovate-Forum nach Houston - darunter auch 180 Kunden und Vertriebspartner aus Deutschland. Vor Ort wurden die Vorträge und Seminare dann allerdings unter ein Motto gestellt, das eher sinkende Umsätze befürchten läßt: Runter mit der "Total Cost of Ownership"!Vorträge für Techniker wie Manager, neuestes IT-Spielzeug zum Anfassen sowie fünf Präsentationen von Branchengrößen wie Microsoft-Chef Bill Gates, Intel-Boß Andy Grove, Novell-Präsident Joe Marengi und natürlich Eckhard Pfeiffer höchstselbst: Da sollte man meinen, daß die mehr als 5.000 aus aller Herren Länder zur Compaq-Zentrale nach Houston gereisten Kunden, Partner und sonstigen Eingeweihten in drei Tagen mit ausreichend Ein- und Ausblicken ausgestattet wurden, um daheim die Meinungsführerschaft an den IT-Stammtischen übernehmen zu können - ausreichende Englischkenntnisse vorausgesetzt.

Tatsächlich wurde unter der texanischen Frühlingssonne aber vor allem eines klar: Compaq mausert sich endgültig vom PC- zum Client-Server-Anbieter mit kompletten Netzwerklösungen. Dabei geht das Unternehmen bei der Wahl seiner strategischen Partnerschaften kein Risiko ein: Mit Intel und Microsoft geht es weiter Richtung Mainstream.

Neues für die Zielgruppe ISP

Neben der bereits bekannten Kooperation im Bereich NetPCs lieferte der Kongreß einen weiteren Beleg: Die drei Unternehmen wollen dem vielfach schon totgesagten Hybrid-TV/PC endgültig zum Durchbruch verhelfen. In Zusammenarbeit mit der Medien- und Unterhaltungselektronikbranche will das Trio schon 1998 einen PC auf den Markt bringen, der auch digitale TV-Signale empfangen kann. Dabei würde eine abgespeckte Version des US-Standards ATSC eingesetzt. Angeblicher Vorteil: Die Empfangsgeräte würden nur unwesentlich teurer als herkömmliche Fernseher oder PCs, während die Preismarke beim bislang propagierten HDTV-Standard bei 5.000 Mark aufwärts liegt.

Mit fast vier Milliarden Dollar liquiden Mitteln zum Jahresende 1996 kann Compaq auch frohen Mutes einkaufen gehen. Für 280 Millionen Dollar hat sich Pfeiffer als erstes die Microcom Inc. einverleibt. Mit den Modem- und Connectivity-Technologien des US-Herstellers mutiert Compaq nun auch zum Remote-Access-Anbieter. Weitere Akquisitionen werden folgen. Schon kann sich Pfeiffer wieder über einen Gewinnanstieg von 66 Prozent auf 387 Millionen Dollar im ersten Quartal 1997 freuen.

Auch im Software-Bereich zeigt sich der Hardware-Hersteller zunehmend rührig. In seinem "Rainmaker Development Program" trommelt Compaq bisher 17 ISVs - darunter Microsoft, Lucent Technolgies und Progressive Networks - zusammen, um mit ihnen deren Software an den Proliant-Server anzupassen und Windows-NT-Pilotprojekte durchzuziehen. Große Hoffnungen setzen Pfeiffer & Co. auf die Zielgruppe Internet Service Provider (ISP). Vor allem für sie ist die Acceleration-Server-Technologie gedacht, eine mit Integrated Computing Engines (ICE) entwickelte Kombination von Proxy-Servern, Grafikkomprimierung und spezieller Software. Damit soll der Seitenaufbau im WWW über normale Modems und Standard-Telefonleitungen bis zu dreimal schneller ablaufen als gewohnt. Gemeinsam mit Netcentric hat Compaq ein Protokoll entwickelt, mit dem ISPs die Nutzung von kommerziellen Internet-Diensten messen und abrechnen können.

Der NetPC kommt im Herbst

Das Hauptthema des Compaq-Kongresses war jedoch ein anderes: "Zur Zeit gibt es in unserer Branche einen starken Fokus auf die 'Cost of OwnershipÈ, und ich finde, das ist eine gute Sache. Da können wir noch viel tun", tönte Gates am Rednerpult, obwohl er doch eigentlich eher zu den Leuten gehört, die das Problem mit dem PC-Boom überhaupt erst geschaffen haben. Inzwischen ist der Microsoft-Chef auf den Zug aufgesprungen und reißt mit "Zero Administration Windows" (ZAW) die Initiative an sich. Mit ihr will er die NC-, Java-Station, und Windows-Terminal-Konkurrenz aus der Bahn werfen will (siehe auch Seite 22).

Zwar könnte es Compaq ziemlich egal sein, welche der Thin-Client-Alternativen sich am Markt durchsetzt: "Schließlich machen wir das meiste Geld im Servergeschäft", erklärt Compaq-Desktop-Marketing-Chef Bob Jackson gelassen. Trotzdem hat sich sein Brötchengeber eindeutig der ZAW-Maschine NetPC verschrieben, dessen Spezifikationen gemeinsam mit Intel, IBM und Microsoft gerade endgültig festgelegt werden. Seinen eigenen NetPC beabsichtigt Compaq ab September diesen Jahres unters Volk zu bringen.

Angesichts des in Houston selbstbewußt auftretenden Trios Pfeiffer, Grove und Gates mußte sich der Novell-Chef Joe Marengi beinahe vorkommen, als sei er auf der falschen Party. "Von der einen Million Server, die Compaq bisher verkauft hat, laufen 750.000 mit Novell-Produkten", setzte Marengi dem NT-Trend nostalgisch engegen. Daß das nach einer weiteren Million Server ganz anders aussehen wird, dürfte auch dem Novell-Vormann klar sein. Deshalb schleuderte Marengi der vor seinem Rednerpult versammelten Wintel-Welt trotzig entgegen: "Die Kunden leben noch immer in einer heterogenen Welt, und das ist es auch, was sie wollen - die freie Wahl zwischen vielen Server- und Desktop-Typen. Unsere Branche muß gemeinsam offene Standards für Netzwerkdienste entwickeln, denn eins ist klar: Heterogenität bleibt uns erhalten." (ld)

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