Vobis und Gateway? Das hat was

26.10.2000

Das einzige, was in Bezug auf bevorstehende Veränderungen bei der Vobis AG derzeit feststeht und von Vorstandschef Jürgen Rakow bestätigt wird, ist, dass es Veränderungen in der Eigentümerstruktur geben wird (siehe Artikel auf Seite 10 dieser Ausgabe). Details sind Geheimsache, können wohl auch noch nicht kommuniziert werden, weil der Zug noch im Bahnhof steht und noch offen ist, wer einsteigen wird. Man verhandelt noch. Was es zu verteilen gibt, ist nicht weniger als die Mehrheit an dem Filialisten aus Aachen. Dabei sind verschiedene Möglichkeiten denkbar, über die spekuliert werden darf.

Ein Name fällt in den Gesprächen von Branchenkennern am häufigsten: der des amerikanischen PC-Herstellers Gateway. Gateway ist, man erinnert sich, derjenige Computerbauer, der in den USA zwar Spitze ist und mit am meisten PCs verkauft, in Deutschland aber in den rund zehn Jahren seines Bestehens immer nur am Katzentisch der Industrie gesessen hat. Gateways Bedeutung am deutschen Markt? Gleich null. Einer der Gründe für den Misserfolg liegt darin, dass die Amerikaner in diesem schwierigsten Markt in Europa immer nur halbherzig aufgetreten sind.

Ganz anders in den USA: Neben dem "traditionellen" Direktvertrieb über Telemarketing und Internet betreibt Gateway in den USA mehr als 300 eigene Ladengeschäfte (so genannte "Country Stores"), darunter zahlreiche "Gateway Business Solution Centers". In der Region Emea, also Europa, Mittlerer Osten und Afrika, unterhält Gateway 27 und im asiatisch-pazifischen Raum 42 Läden (detaillierte Informationen unter www.gateway.com). Doch damit nicht genug: Über die eigenen Ladengeschäfte hinaus ist Gateway noch mit weltweit 670 Shop-in-Shop-Einheiten vertreten, also mit einem eigenen Bereich innerhalb eines größeren Ladengeschäftes. Im Raum Emea sind es allein 275 Shop-in-Shop-Einheiten, davon sind 45 im dritten Quartal entstanden.

Die Amerikaner haben bereits angekündigt, im laufenden vierten Quartal die Zahl ihrer Verkaufsstellen "aggressiv" auszuweiten. Mit der Übernahme von beziehungsweise der Mehrheitsbeteiligung an Vobis würde Gateway in Deutschland auf einen Schlag eine völlig andere Rolle in diesem größten europäischen Absatzmarkt spielen. Geld genug scheint für ein finanzielles Engagement vorhanden. Allein in den vergangenen fünf Jahren hat Gateway einen kumulierten Nettogewinn von 1,3 Milliarden Dollar aufgehäuft. Und in den ersten drei Quartalen des laufenden Geschäftsjahres stand unterm Strich eine weitere Verbesserung des Profits auf 411 Millionen Dollar.

Natürlich: Ein PC-Hersteller kann auch glücklich werden, wenn er nicht in Deutschland vertreten ist. Vielleicht sogar stehen die Chancen dann sogar noch besser. Aber so, wie sich Gateway bisher in Deutschland aufgestellt hat, ist es einfach nur peinlich. Deshalb kann die Empfehlung für den PC-Hersteller aus San Diego nur lauten: Entweder ihr packt die Sache hier jetzt richtig an, oder ihr nehmt die nächste Maschine nach Hause.

Damian Sicking

dsicking@computerpartner.de

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