Vom HiFi-Laden zur Distribution

12.08.2004
Die Firma Mediencenter Oberhausen arbeitet seit Februar 2004 offiziell als Distributor. Die Händler profitieren dabei auch von der langjährigen Erfahrung des IT-Einzelhändlers. Von ComputerPartner-Redakteurin Beate Wöhe

Im November 1994 öffnete das Mediencenter Oberhausen (www.mcversand.de) als HiFi-Ladengeschäft mit zwei Mitarbeitern und einer Halbtagskraft seine Tore. "Es hat gerade einmal ein Jahr gedauert, bis wir uns praktisch von unseren Kunden in den Hardwaresektor treiben ließen", erzählt Frank Jaeger, Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens von den Anfängen. Obwohl sein Ladengeschäft in der Umgebung nicht alleine auf weiter Flur steht, kämen doch etwa 90 Prozent der Endkunden, die sich beraten ließen, zum endgültigen Einkauf wieder. "Unser Erfolgsrezept war und ist die Kundennähe - wir verkaufen in erster Linie uns und erst in zweiter Linie ein Produkt", erklärt Jaeger sein Erfolgsrezept.

Für seinen IT-Einzelhandel kaufte Jaeger bereits seit Jahren zum Beispiel Gehäuse oder Motherboards in größeren Mengen ein und belieferte auch andere Fachhändler mit den Produkten.

Im Februar dieses Jahres machte der Firmenchef dann aus seiner Not eine Tugend. Nachdem in seiner Umgebung in den vergangenen beiden Jahren immer mehr Distributoren die Tore geschlossen hatten, hat sich das Mediencenter dazu entschlossen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und das Distributionsgeschäft professionell auszubauen. Ein Ansporn dazu kam auch hier wieder von außen: "Wir sind von vielen kleineren Händlern angesprochen worden, die Distribution doch im größeren Stil aufzuziehen", sagt Jaeger.

Jeder packt an, wenn Not am Mann ist

Mittlerweile zählt das Oberhausener Unternehmen sechs Mitarbeiter und jeder "packt" im wahrsten Sinne des Wortes mit an. Wenn nämlich das Einzelhandelsgeschäft zwischen 13:00 und 15:00 Uhr die Türen zwei Stunden lang für die Endkunden schließt, packt die ganze Mannschaft gemeinsam die Distributionsbestellungen vom Vormittag. Nach Laden- und auch Annahmeschluss im Distributionsbereich um 18:30 Uhr wird der zweite Teil gepackt. "Wir arbeiten hier an allen Fronten", witzelt Jaeger.

Derzeit bestellen deutschlandweit zwischen 250 und 300 Fachhändler bei dem Mediencenter Oberhausen. Beschafft werden könne im Grunde alles. Die meisten Produkte seien von einem auf den anderen Tag verfügbar. Und sollte ein Produkt einmal defekt sein, verspricht Jaeger eine RMA-Bearbeitungszeit von maximal einer bis eineinhalb Wochen. Diese Fälle hielten sich allerdings derzeit mit maximal fünf RMAs pro Woche noch relativ in Grenzen.

Zu schätzen wissen die Kunden nach Aussage des Geschäftsführers, "dass wir aus unserer Einzelhandelserfahrung unsere Ware sehr genau kennen und auch mit deren Krankheiten vertraut sind. Dieses Wissen geben wir auch gerne an unsere Kunden weiter", so Jaeger. Böse Bemerkungen bezüglich des Einzelhandels habe es vonseiten der Händler noch nie gegeben.

Lücken füllen und Fehler vermeiden

Das noch einen ziemlich familiären Eindruck erweckende Distributionsgeschäft soll langsam wachsen. "Wir versuchen die Lücken, die im Ruhrgebiet enstanden sind, aufzufüllen, wollen aber nicht die gleichen Fehler machen, die andere Distributoren gemacht haben", gibt Jaeger seine vorsichtige Zukunftsprognose ab. Am Jahresende werden die Distributionszahlen auf dem Prüfstand stehen. "Unser oberstes Ziel ist es, dass unsere Mitarbeiter ihr tägliches Brot haben und wenn etwas übrig bleibt, freuen wir uns riesig", sagt Jaeger.

Seit Beginn, im Februar, ist dieses Ziel zumindest schon erreicht. Noch arbeite das Distributionsgeschäft ebenfalls in den schwarzen Zahlen. Da das Mediacenter Oberhausen keine großen zusätzlichen Investitionen in die Distribution stecken musste, reichte in den vergangenen Monaten ein einstelliger Gewinn, um die Kosten zu decken. Nach der diesjährigen Anlaufphase hat sich das Mediacenter für das kommende Jahr ein Ziel von 7 Millionen Euro Umsatz im Großhandelsbereich gesetzt.

Um Mitbewerber macht sich der Distributionseinsteiger auch keine großen Sorgen. "Haben wir Wettbewerber?" fragt Jaeger seine Mitarbeiter im Raum. Allgemeines Kopfschütteln ist die prompte Antwort.

Meinung der Redakteurin

Für einen Distributor ein Einzelhandelsgeschäft zu eröffnen, ist relativ einfach, wenn auch vom Fachhandel nicht gerne gesehen. Das Mediacenter Oberhausen geht den umgekehrten Weg und spielt seinen Distributionskunden gegenüber mit offenen Karten. Mit dem Einzelhandelsumsatz im Hintergrund hat der Distributionseinsteiger in jedem Fall für seine Mitarbeiter gesorgt, sollte die Großhandelsschiene langfristig nicht den gewünschten Erfolg bringen.

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