Von Gehaltsabrechnung bis Preisauszeichnung: Euro spielt bald überall mit

26.09.1997
MÜNCHEN: Der Euro - wenn er denn kommt - bedeutet für jeden Geschäftsmann eine Veränderung in seinem Unternehmen: Einkauf, Gehälter, Warenwirtschaftssystem bis hin zur simplen Preisauszeichnung wollen neu konzipiert werden. Worauf man achten sollte, welche Vorgaben einzuhalten sind und wo Probleme lauern, haben wir in Auszügen der Broschüre "Die Europäische Währungsunion" des Münchener Software-Entwicklers PeopleSoft entnommen, die sich als Info-Lektüre nicht nur für Entwickler und mögliche Kunden eignet.Das größte Problem bei der Einführung des Euro ist die verlängerte Übergangsphase der Währungsunion. Würde der Euro durch Festsetzung eines Stichtags gleichsam mit einem ,,Urknall" eingeführt, müßte sich jeder umgehend mit dieser Thematik auseinandersetzen. So aber blickt die gesamte IT-Branche gebannt in Richtung Jahrtausendwende und Zeitumstellung; dabei vernachlässigt sie die Auswirkungen des Euro auf die bestehende und zukünftige technische Infrastruktur. Das zeigt sich auch an der allgemein spärlichen Berichterstattung in den Medien und insbesondere im überraschenden Mangel an Problembewußtsein seitens der Softwarehersteller, die doch eigentlich um die architektonischen Beschränkungen ihrer Systeme wissen. All das zusammen läßt eine schwierige Lösungsfindung für den "Fall Euro" erwarten.

MÜNCHEN: Der Euro - wenn er denn kommt - bedeutet für jeden Geschäftsmann eine Veränderung in seinem Unternehmen: Einkauf, Gehälter, Warenwirtschaftssystem bis hin zur simplen Preisauszeichnung wollen neu konzipiert werden. Worauf man achten sollte, welche Vorgaben einzuhalten sind und wo Probleme lauern, haben wir in Auszügen der Broschüre "Die Europäische Währungsunion" des Münchener Software-Entwicklers PeopleSoft entnommen, die sich als Info-Lektüre nicht nur für Entwickler und mögliche Kunden eignet.Das größte Problem bei der Einführung des Euro ist die verlängerte Übergangsphase der Währungsunion. Würde der Euro durch Festsetzung eines Stichtags gleichsam mit einem ,,Urknall" eingeführt, müßte sich jeder umgehend mit dieser Thematik auseinandersetzen. So aber blickt die gesamte IT-Branche gebannt in Richtung Jahrtausendwende und Zeitumstellung; dabei vernachlässigt sie die Auswirkungen des Euro auf die bestehende und zukünftige technische Infrastruktur. Das zeigt sich auch an der allgemein spärlichen Berichterstattung in den Medien und insbesondere im überraschenden Mangel an Problembewußtsein seitens der Softwarehersteller, die doch eigentlich um die architektonischen Beschränkungen ihrer Systeme wissen. All das zusammen läßt eine schwierige Lösungsfindung für den "Fall Euro" erwarten.

Wir haben für unser Euro-Konzept sieben Schlüsselbereiche ermittelt, die eine Lösung fordern:

- Anwendungsübergreifende Währungsumrechnung

- Rechnungslegung

- Vertrieb

- Beschaffung

- Treasury

- Anlagenverwaltung

- Personalmanagement

Die Umrechnung

Bei der Grundkonzeption gingen wir von der Tatsache aus, daß in der Regel selbst Systeme mit Client-Server-Architektur auf nur eine oder zwei Basiswährungen pro Unternehmenseinheit beschränkt sind. Notwendig sind allerdings Architekturen, die auf Detail-transaktionsebene mehrere Basis- beziehungsweise Bilanzwährungen zulassen.

Die Wechselkurse unter den Euro-Mitgliedstaaten müssen mit maximal sechs Stellen verwaltet werden und werden am 1. Januar 1999 unwiderruflich festgelegt.

Es wird von 0,005 aufgerundet und von 0,0049 abgerundet.

Beispiel:

1 Euro = 6,58001 FRF

1 Euro = 0,765435 GBP

1 Euro = 1,92003 DEM

Umrechnungsfaktoren dürfen im Umrechnungsprozeß nicht gerundet oder abgeschnitten werden, das heißt: 0,77 ist nicht zulässig, es muß der Faktor 0,765435 verwendet werden.

- 10 Euro werden in 7,65435 GBP umgerechnet und auf 7,65 GBP gerundet.

- 1000,00 Euro (man beachte die zwei Dezimalstellen) werden in 765,435 GBP umgerechnet und auf 765,44 GBP gerundet.

Bei der Umrechnung von Euro in Pfund Sterling oder eine andere Währung wird der Euro-Betrag mit dem Umrechnungsfaktor multipliziert, bei der Umrechnung von Pfund Sterling in Euro wird durch den Umrechnungsfaktor dividiert. Die Multiplikation beziehungsweise Division mit dem reziproken Wert ist nicht zulässig.

Beispiel:

- 1000 Euro werden mit der Formel 1000 x 0,765435 umgerechnet und ergeben 765,44 GBP

- 1000 GBP werden mit der Formel l000:0,765435 umgerechnet und ergeben 1,306,446661048 Euro, aufgerundet auf 1306,45 Euro.

Die Umrechnung zwischen einzelnen teilnehmenden Währungen muß über den Euro erfolgen. Dies setzt jedoch voraus, daß jeder Währungsschlüssel gekennzeichnet wird, insbesondere da die teilnehmenden Währungen erst Mitte 1998 bestimmt werden und sich im Laufe der nächsten Jahre ändern könnten.

Das Umrechnungsverfahren ist wie folgt:

Die erste Währung wird in Euro umgerechnet (Division durch den Umrechnungskurs). Das Ergebnis muß auf mindestens drei Dezimalstellen gerundet werden und wird in die zweite Währung umgerechnet (Multiplikation mit dem Umrechnungskurs). Das Resultat wird auf die nächste Dezimalstelle der zweiten Währung gerundet, zum Beispiel auf Pfennige in Deutschland oder Centimes in Frankreich, oder auf die letzte Stelle, falls keine Dezimaleinheiten existieren, wie beispielsweise bei der Lira oder bei Peseten.

Im Vordergrund steht dabei das Ergebnis des Verfahrens, nicht das Verfahren selbst. Es ist daher nicht notwendig, das Zwischenergebnis physikalisch zu speichern. Das Umrechnungsergebnis muß jedoch dasselbe sein wie bei Anwendung dieses Verfahrens. Möglicherweise wird die Verfahrensanwendung als obligatorisches Prüfungskriterium verankert, so daß es eine optimale Lösung wäre, den Transaktionsbetrag zusätzlich in Euro abzuspeichern.

Rechnungslegung

Zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieses Dokumentes (Juni 1997) standen die genauen Offenlegungspflichten nach Einführung des Euro an die nationalen Behörden oder die EZB noch nicht fest.

Interessanterweise ist nicht zu erwarten, daß sich die Anforderungen an die Rechnungslegung kurzfristig ändern werden. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge werden einige Behörden auf den Euro lautende Abschlüsse erst zum 1. Januar 2002 zulassen, wie beispielsweise die deutschen Steuerbehörden. Als wahrscheinlich gilt, daß sich kurz- bis mittelfristig keine Änderungen bei den derzeit geltenden Rechnungslegungsrichtlinien ergeben oder zumindest die Option besteht, Erklärungen in der jeweiligen Landeswährung einzureichen.

Vertrieb

Zwei wichtige Aspekte müssen im Rahmen des Auftragsverarbeitungszyklus in Betracht gezogen werden:

- Verwaltung von Preislisten in zwei Währungen.

- Optionen für die Fakturierung in einer anderen Währung als die Auftragswährung beziehungsweise für Zahlungseingänge in einer anderen Währung als der Rechnungswährung.

Mit der Einführung des Euro wird grundsätzlich kein Arbitragespielraum zwischen den Währungen während der Auftragsverarbeitung möglich sein. Preise in einer teilnehmenden Währung müssen zum offiziell festgesetzten Wechselkurs in Euro angegeben werden.

Dieser Grundsatz kommt insbesondere im Einzelhandel zum Tragen. In diesem Bereich haben deshalb bereits mehrere Unternehmen, wie beispielsweise die Handelskette Marks & Spencer in Großbritannien, angekündigt, daß sie ab dem 1. Januar 1999 ihre Waren in zwei Währungen auszeichnen. In der Praxis wird sich wohl zeigen, daß - vorausgesetzt das Pfund Sterling ist eine der teilnehmenden Währungen - der Preis in Pfund Sterling attraktiver ist als in Euro. Beispielsweise sind ú9,99 ein attraktiver Preis, der äquivalente Euro-Betrag von 6,83 Euro jedoch nicht unbedingt.

Eine weitere wichtige Voraussetzung ist die Bereitstellung von Funktionen für Transaktionen, bei denen sich die Rechnungswährung von der Zahlungswährung unterscheidet. Dies gehört heutzutage zu den üblichen Geschäftsgebaren, da viele Kunden sich zumeist aufgrund von Erwägungen der Finanzabteilung dafür entscheiden, Zahlungen in einer anderen als der Rechnungswährung zu leisten.

Da in der Übergangsphase 3A der Endstufe zur Währungsunion keine Vorschriften und Verbote gelten sollen, ist es durchaus möglich, daß die jeweiligen Zeitpläne für die Umstellung der Geschäftspartner nicht übereinstimmen. Dies kann je nach Art der geschäftlichen Beziehungen zu einem Problem werden. Nimmt beispielsweise ein Partner eine dominante Stellung auf dem Markt ein, sieht sich der andere gezwungen, beispielsweise Zahlungen in Euro zu akzeptieren beziehungsweise Forderungen in Euro zu begleichen, bevor sein eigenes Finanzsoftware-System derartige Vorgänge verarbeiten kann. Eine Lösungsmöglichkeit besteht darin, diese Aufgabe den Banken zu überlassen.

Denn ab dem 1. Januar 1999 sind Banken verpflichtet, Zahlungen und Überweisungen in Euro auch auf Konten zu verbuchen, die nicht auf Euro lauten. Allerdings müssen Banken diese Leistungen nicht unentgeltlich anbieten! Um die Bearbeitungsgebühren zu sparen, werden die Unternehmen es vermutlich vorziehen, Zahlungen in mehreren Währungen selbst verarbeiten zu können.

Beschaffung

Für die Beschaffung existieren im Prinzip dieselben Regeln wie für den Vertrieb. Doch in der Praxis ist es seltener erforderlich, unterschiedliche Währungen für Bestellungen und Rechnungen zu verarbeiten als bei der Auftragsabwicklung und Fakturierung.

Ähnlich wie beim Vertrieb kann der Euro im Grunde als eine weitere Transaktionswährung angesehen werden.

Für den Bereich Beschaffung müssen jedoch noch weitere Aspekte in Betracht gezogen werden, wie etwa die Gültigkeit langfristiger Verträge. Bei Aufwendungen besteht gegebenenfalls die Notwendigkeit, Forderungen in verschiedenen Währungen zu verarbeiten, das heißt beispielsweise Lohn- oder Gehaltsforderungen in der nationalen Währung des Mitarbeiters zu begleichen, jedoch in Euro zu verbuchen.

Treasury

Die Währungsunion wird aller Wahrscheinlichkeit nach die spürbarsten Auswirkungen auf den Treasurer (Kassenverwaltung) im Unternehmen haben, da die Gesamtkosten der Treasury-Verwaltung aufgrund des Wegfalls des hohen Währungsrisikos, das heutzutage einkalkuliert werden muß, erheblich sinken werden.

Zudem werden die Interbankenmärkte voraussichtlich sehr rasch den Euro als Hauptwährung im Zahlungsverkehr annehmen. Zahlungsmittel, die bislang auf eine nationale Währung lauten, werden voraussichtlich erst am 1. Januar 2002 in Euro umgerechnet; dies wird derzeit noch überprüft. Für die Übergangsphase ist es umstritten, ob im Falle einer Neubewertung der Zahlungsmittel diese beibehalten oder neue ausgegeben werden. Im Falle neu ausgegebener Zahlungsmittel sollte es zulässig sein, das ursprüngliche Zahlungsmittel zu schließen und ein neues zu öffnen.

Anlagenverwaltung

Eine einheitliche Währung sollte weder in steuerlicher Hinsicht noch unter Gewinn-Verlust-Aspekten Auswirkungen auf die Anlagenbewertung beziehungsweise andere bilanzielle Bewertungsverfahren haben. Dies ist auch eine der wichtigsten offiziellen Vorgaben bei der Einführung des Euro. Deshalb ist es sinnvoll, darauf zu achten, daß das eigene Anlagenverwaltungssystem Anlagen parallel sowohl in Euro als auch in der ursprünglichen Währung verwalten kann.

Personalmanagement

Vorrangiges Aufgabengebiet des Personalmanagements ist die Personalabrechnung. Auch in diesem Bereich kann der Euro - beispielsweise bei der Gehaltsanweisung an Mitarbeiter - einfach wie eine Transaktionswährung behandelt werden.

Fazit: Aufgrund der komplexen Problematik, die sich aus Faktoren wie Umrechnung, Rundung und Wechselkursgenauigkeit ergibt, kann zu diesem Zeitpunkt kein Softwarehersteller die Behauptung aufstellen, alle durch die Währungsunion entstandenen Anforderungen mit seinen Softwaresystemen heute bereits zu erfüllen.

Jeder, der dies von sich behauptet, ist unserer Meinung nach entweder naiv, erfaßt nicht die ganze Tragweite des Problems oder, was noch schlimmer wäre, er nimmt es mit der Wahrheit nicht so genau. Zielsetzung unseres Dokumentes war lediglich, den von uns gewählten Ansatz für die Währungsunion darzulegen. Wir sind aktives Mitglied der zu diesem Thema eingerichteten Arbeitsgruppe des britischen Software-Entwickler-Verbandes BASDA (Brithish Application Software Developers' Association); dadurch bietet sich uns auch der privilegierte Zugriff auf aktuelle und einschlägige Informationen der am Entwicklungsprozeß beteiligten Behörden und Organisationen.

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