Wacom kombiniert Bildschirm und Eingabegerät

10.07.1999

MÜNCHEN: Je näher der Millenniumswechsel rückt, um so heftiger werden die verbalen Ankündigungen und Visionen neuester Technologien. Anstatt ebenfalls nur zu reden, hat die Wacom Europe GmbH mit dem "PL-400" ein Produkt auf den Markt gebracht, welches einen weiteren Schritt in Richtung Büro der Zukunft darstellt. Was die Verschmelzung von Flachbildschirm und Tablett zu leisten im Stande ist, hat ComputerPartner untersucht.Im unscheinbaren Karton sicher verstaut, macht das PL-400 von Wacom überhaupt nichts her. Wenn allerdings Display, Grafikkarte, Stifte und das weitere Zubehör wie externes Netzteil, Treiberdisketten, Handbücher für Grafikkarte, Display und Stiftsoftware sowie Verbindungskabel für PC und Mac ausgepackt sind, zieht das schlichte, edle Design des Displays die Blicke auf sich. Der verglaste Touchscreen mit 13,3 Zoll Bilddiagonale entspricht einer Tablettgröße von 270 x 203 Millimetern und ist an der Vorderseite vollkommen plan in das Gehäuse integriert.

Als System mit der neuen LVDS-Standardschnittstelle für digitale Displays benötigt das Wacom-Produkt eine spezielle Grafikkarte. Beigelegt ist eine 4-MB-Grafikkarte für den PCI-Bus mit Trident-Cyber-9397-Controller. Das Handbuch in englischer und japanischer Sprache - eine deutsche Version sucht man leider vergebens - weist darauf hin, daß die Karte nicht zusammen mit einer anderen Grafikkarte funktioniert. Dennoch gelang es mit den neuesten Treibern der Wacom-Homepage, den Schirm als erweitertes Display zu einer vorhandenen Hauptgrafikkarte unter Windows 98 zu benutzen. Den umgekehrten Versuch, das Tablett als primären Bildschirm zu betreiben, verweigerte das Gerät dagegen mit einem Neustart des Systems.

Eingesetzt als Einzelelement, wird die Grafikkarte vom Bios per Plug & Play erkannt. Anschließend fordert Windows 9x die Diskette an, die auch Treiber für Windows NT 4.0 sowie Mac-OS 7.1 und höher enthält. Das Arbeiten mit zwei identischen Bildschirminhalten ist über den mitgelieferten Adapter möglich. Nach der Installation der Grafikkarte ist nun der Tablettmonitor per Setup von Diskette zu installieren. Nach einem Neustart wartet das Display auf die erste Eingabe des mitgelieferten "Ultra Pen Write".

Die Farbtiefe könnte besser sein

Der Stift verfügt in der für Schreibarbeiten optimierten Spitze über einen Schalter, der der linken Maustaste entspricht. Ein virtueller Radierer am anderen Ende des Schreibgeräts wird von den meisten Grafikprogrammen unterstützt. Zwei weitere Schalter an der Stiftseite sind programmierbar, um beispielsweise den Doppelklick oder die mittlere Maustaste auszuführen.

Die Bildqualität des digitalen 18-Bit-Displays (262.144 Farben) ist bezüglich Schärfe und Stabilität makellos, warum allerdings beim auch für Grafiker gedachten LCD bei der Farbtiefe gespart wurde, ist unverständlich. Gerade bei der Fotonachbearbeitung oder der Kontrolle von Farbverläufen ist eine höhere Farbtiefe unverzichtbar.

Von analogen Displays bekannte Unschärfen oder Schatten waren beim Wacom-Gerät nicht feststellbar. Überhaupt ist das Bild sehr ausgewogen und angenehm, so daß ein Arbeiten im ungewohnten Augenabstand von 30 Zentimetern nicht zur Tortur wird. Doch nicht nur die Entfernung zum Bildschirm ist unkonventionell. Wer mit einem Tablett arbeitet, ist gewohnt, den Mauszeiger oder das Fadenkreuz auf dem Monitor zu beobachten und dabei das komplette Bild vor Augen zu haben, während er mit dem Stift auf dem Tablett agiert. Beim PL-400 kann es passieren, daß ein Teil des Bildes naturgemäß von der Hand oder dem Stift verdeckt ist. Dafür läßt es sich direkter und präziser arbeiten.

Heisses Design und heisses Netzteil

Die Auflösung von 20 Zeilen pro Millimeter genügt den Ansprüchen der Zielgruppe, die Wacom bei Banken und Ärzten, aber auch Point-of-Sale-, Multimediaanwendungen und Grafikdesignern sieht. Die Genauigkeit der direkten Stifteingabe ist mit 0,5 Millimetern - das entspricht ungefähr vier Displaypixel - für handschriftliche Eingaben, Skizzen und Entwürfe mehr als genug. Auch schnelle Striche über die fast A4 große Glasarbeitsfläche bringt der kabel- und batterielose Ultra Pen ohne Aussetzer in den Rechner. Dabei zeigt sich der Vorteil des stabilen, rutschfesten und mehrfach neigungsverstellbaren Ständers des Geräts. An ihm könnte sich so mancher Displayhersteller ein Beispiel nehmen, wie ergonomisch, standsicher und fürs Auge ansprechend ein Panelstand auszusehen hat.

Bei 2,9 Kilogramm Gewicht ist für den Anwender der Reiz vorhanden, das Tablett wie in einer Zeichenschule als Block aufs Knie zu legen und in entspannter Haltung zu skizzieren. Wer in einer Zwangshaltung kreativ sein muß, versteht diese enorme Erleichterung. Bis auf den etwas wacklig wirkenden Helligkeitsregler, neben dem Ein/Aus-Schalter das einzige Bedienelement, gibt es an der Konstruktion des Gehäuses nichts auszusetzen.

Das 15-Volt-Netzteil entwickelt allerdings eine Hitze nahe der Grillgrenze, bei magerer einjähriger Garantie ein Grund zur Besorgnis. Fax und Telefonnummer der europäischen Niederlassung sind im Handbuch angegeben, die Internet-Adresse fehlt

allerdings. Zur erfreulichen Gewinnspanne des Tabletts äußerte sich

Wacom: "Das PL-400 ist ein beratungsintensives Produkt und kein Mitnahmeartikel. Daher liegt die Marge höher als bei anderen Produkten." Die Händler werden es danken. (kew)

Nicht nur schön und praktisch, sondern auch inspirierend: das LCD-Tablett "PL-400".

Für jede Handhaltung läßt sich die passende Tablettneigung einstellen.

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