Wann springt Chinas Drache?

01.04.2004
Vor über drei Jahren hat Chinas PC-Riese Legend angekündigt, künftig nach Europa zu expandieren. Bisher wurden nur Spanien und Italien "angetestet". Der große Sprung blieb jedoch aus. Von ComputerPartner-Redakteur Klaus Hauptfleisch

Seit der Cebit 2001 macht immer wieder Chinas PC-Riese Legend von sich reden. Viele werden sich fragen, wann der chinesische Drache nun endlich, wie damals angekündigt, zum großen Sprung nach Europa ansetzt.

Gemeint ist nicht das Business mit der Mainboard-Marke QDI, die in diesem Teil der Welt schon seit geraumer Zeit etabliert ist, sondern das Geschäft mit Notebooks und Desktop-PCs. Um den Sprung auf den Weltmarkt wird Legend als PC- und Notebook-Anbieter nicht herumkommen, meinen Mitbewerber aus Taiwan hinter vorgehaltener Hand.

Nicht umsonst hat sich das Unternehmen im vorigen Jahr mit dem französisch angehauchten Markennamen Lenovo geschmückt. Und nicht umsonst ist der früher ein wenig verstaubt wirkende Cebit-Stand, damals unter der QDI-Fahne, von der letzten Komponenten-Ecke vor dem Ausgang West in Halle 1 aufgerückt. Darüber prangte die neue Marke, während QDIs-Mainboards und Accessoires ganz untergingen im Glanz neuer Notebooks, PDAs und Handys. Tatsächlich gehen Legend beziehungsweise Lenovo und QDI seit 2003 getrennte Wege.

"Wir haben mit unseren Notebooks Spanien und Italien angetestet, sind aber in Europa immer noch in der Beobachtungsphase und geben uns ganz relaxt", erklärt Mike Chan, Business Development Director für das internationale Geschäft. Und er fügt hinzu: "Wir wollen es perfekt machen und aus den Prozessen lernen." Doch wann ist es nun endlich so weit? "Nicht mehr lange", verrät Chan.

Den Nutzen über die Technologie stellen

Seit 15 Jahren im Ausland tätig und seit fünf Jahren in Europa weiß er sehr wohl um die kulturellen Unterschiede nicht nur zwischen China und Europa, sondern auch zwischen den USA und Europa und zwischen den einzelnen Ländern. Diese zu erkennen und daraus Lehren zu ziehen, darauf komme es im Wesentlichen an.

"Um sich als neue Marke etablieren zu können, muss man die eigenen Stärken herausstellen. Vor dem Hintergrund, dass wir uns als A-Brand aufgestellt sehen wollen, ist das sicherlich auch kein leichtes Unterfangen und eine besondere Herausforderung", räumt der Europa-Manager ein.

Stärke und Erfolgsrezept von Legend in China sei die Entwicklung von PC-Oberflächen, die es auch dem völlig unbeleckten Benutzer ermöglichten, sich gleich ans Werk zu machen. "Viel wichtiger als die Technologie ist der Nutzen, der für den End-User dahinter steckt", erklärt Chan und sieht die Zukunft in "kollaborativer Technologie", in der alle Anwendungsebenen zusammengeführt werden. "Was wir dem Kunden anbieten wollen, sind kollaborative Systeme, die es erlauben, ohne Konfiguration gleich loszulegen", verspricht Chan. "Der Multimedia-PC hat Zukunft", so seine Überzeugung.

Ganz chinesisch-diplomatisch Chans Antwort auf die Frage, ob der große Stand auf der Cebit als Aufbruchsignal für den "Generalangriff" auf Europa zu verstehen sei: "Wir haben viele Freundschaften geschlossen: Freundschaften zu Distributoren, zu möglichen Service-Partnern und zum Fachhandel, die wir stetig ausbauen und vertiefen. Denn gut ist für uns nicht gut genug. Wir wollen besser sein."

Meinung des Redakteurs

Chinas PC-Riese Legend lässt sich viel Zeit mit der Eroberung des europäischen PC-Markts. Der will aber gar nicht erobert werden, denn er hat keinen Mangel an PC-Anbietern. Das ist die heutige Wahrheit. Wie es morgen oder in zwei, drei Jahren aussieht, steht auf einem anderen Blatt.

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