Warenwirtschaft im Kloster

19.02.2004
Wie leistet man Support bei einem Kunden in Schwarzafrika? Mit den heutigen Kommunikationsmitteln ist diese ohne weiteres möglich, beweist der Sage-Partner MS-Consult in Kongo. Von ComputerPartner-Redakteur Dr. Ronald Wiltscheck

Seit fast zehn Jahren setzt bereits der Christusträgerorden die kaufmännische Software von Sage KHK ein. Es begann mit der Office Line 50, die zur Abrechnung von Spesen verwendet wurde. Der erste Sage-Implementierungspartner kam aus Berlin. Auf der Cebit 2001 lernten die Brüder aber die MS-Consult GmbH kennen. Das traf sich gut, denn der damalige Klostersitz Bensheim war gerade mal sieben Kilometer vom südhessischen Lautertal entfernt, dem Standort des Sage-Partners. Außerdem hat sich MS-Consult durch die Internationalisierung der Office Line hervorgetan. Derzeit gibt es die Sprachversionen Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Portugiesisch und Tschechisch.

Internationalisierung als "Unique Selling Point"

Vor allem das französische Frontend hat es der Christusträger Bruderschaft angetan. Mittlerweile nach Triefenstein bei Würzburg umgesiedelt, betreiben die evangelischen Brüder auch eine Missionsstation in Kongo. Dort in Vanga, etwa 500 Kilometer östlich der Hauptstadt Kinshasa, müssen eben auch täglich der Warenein- und -ausgang erfasst, Rechnungen geschrieben und sonstige buchhalterische Vorgänge EDV-technisch abgebildet werden. So dauerten die Verhandlungen lediglich zwei Wochen, bis der Sage-Partner MSC den Zuschlag für das Projekt in Kongo erhielt.

Natürlich war es undenkbar, dass ein Mitarbeiter des Dienstleisters die Software vor Ort installieren und anpassen könnte. So wurde die französische Oberfläche von Office Line eben im Kloster Triefenstein unter Produktionsbedingungen getestet. Bruder Rudi, Leiter der Missionsstation Vanga, hält sich ungefähr zwei Mal im Jahr im Kloster Triefenstein auf, um von dort die Hilfsmittellieferungen nach Kongo zu steuern. Bei einem dieser Aufenthalte wurde er von MS-Consult in die Feinheiten der Sage-Software eingewiesen. "Wir gaben hier sehr viel von unserem Know-how preis", erinnert sich Michael Söhn, Geschäftsführer bei dem Sage-Partner. Er und seine Mitarbeiter passten die Office Line 100 an die in Frankreich übliche Kontenführung und Bilanzierungstechnik - Kongo ist eine ehemalige französische Kolonie - und sie bauten auch die Gewinn- und Verlustrechnung in französischer Sprache und nach kongolesischem Recht in das Paket mit ein. Selbstverständlich musste auch die Währung zum Erfassen von Buchungen umgestellt werden - nun sind Angaben wahlweise in Franc Kongolais oder in US-Dollar möglich.

"Do it yourself" war unumgänglich

Das Ganze konnte bereits in den Räumen des Klosters Triefenstein erprobt werden, Bruder Rudi erhielt so viele Informationen, dass er später die Anwender in Kongo selbst schulen sollte. "Er hat sich hervorragend in die Sage-KHK-Software eingearbeitet", äußert sich Söhn voll des Lobes über den Ordensbruder. "Wenn man bedenkt, dass ein Release-Wechsel die komplette Deinstallation der alten Version und eine Neuimplementierung des Paketes mit sich bringt, dann kann man vor derartiger Leistung nur den Hut ziehen." Bruder Rudi blieb aber auch nichts anderes übrig, als das Heft selbst in die Hand zu nehmen. Ein Support vor Ort seitens des Dienstleisters war und wird nicht möglich sein.

Transport der Dell-Rechner dauerte vier Monate

So brachte eben der evangelische Mönch die CD mit der angepassten Sage-Software nach Kongo mit; die ebenfalls bestellten Dell-Rechner wurden ihm per Schiff nachgeschickt. Erst vier Monate später konnte er die Hardware in Empfang nehmen. Die Remote-Unterstützung durch den Sage-Partner gestaltete sich anfangs etwas schwierig: Bruder Rudi erhielt die Mails von MS-Consult lediglich über eine Funkstrecke aus der Hauptstadt Kinshasa. Dieser Transportweg schränkte den Umfang der dabei versandten Daten auf maximal 20 KB: "Wir mussten also unsere Updates in viele kleine Pakete zerhacken, und diese dann einzeln nach Kongo schicken", schildert MS-Consult-Chef Söhn die anfänglichen Probleme.

Doch im Juli des vergangenen Jahres erhielt die Missionsstation in Vanga eine eigene Satellitenanlage, über die der Internetverkehr jetzt in beide Richtungen fließt. "Nun kann Bruder Rudi die bis zu 7 MB umfassenden Pakete selbst bequem herunterladen und bleibt stets auf dem aktuellen Stand", so Söhn.

So setzt derzeit die Missionsstation die neueste Version der Office Line 100, 3.1 ein. Die sechs Anwender vor Ort, Ordensbrüder, aber auch einheimische Kräfte, arbeiten mit den Modulen Warenwirtschaft und Rechnungswesen. Da geht es hauptsächlich um die korrekte Verwaltung des Medikamentenlagers. Aber auch der Eingang und die Ausgabe von sonstigen Hilfsmitteln muss buchhalterisch exakt erfasst werden. Täglich führen die Angestellten in der Mission diverse Aufträge aus: Sie führen genau Buch über das Lager für die Medikamente in der Apotheke, bei Bedarf bestellen sie die fehlenden Waren, schreiben Rechnungen, Gutschriften und Stornos. Darüber hinaus führen sie auch in regelmäßigen Abständen die Inventur durch und erstellen eine Bilanz sowie weitere betriebswirtschaftliche Auswertungen, um dem Orden, aber auch dem kongolesischen Staat Rechenschaft abzulegen. Bis vor drei Jahren wurden diese Arbeiten nur mit Bleistift und Papier durchgeführt. Nun hat auch in diesem abgelegenen Winkel die EDV Einzug gehalten - in der Gestalt der Office Line 100 von Sage KHK.

Die buchhalterischen Abläufe wurden optimiert und die französischsprachigen Mitarbeiter der Missionsstation können in ihrer Muttersprache mit der Software arbeiten. Auch die gesetzlichen Anforderungen sind erfüllt worden. Dank der genauen Einweisung von Bruder Rudi in die Software durch die Spezialisten von MS-Consult konnte er seine Kenntnisse rasch seinen Mitarbeitern vermitteln. In Kongo wurde bewiesen, dass betriebswirtschaftliche Software ohne die direkte Unterstützung seitens des Herstellers oder des Implementierungspartners auch in Entwicklungsländern erfolgreich eingesetzt werden kann.

Solution Snapshot Kloster Triefenstein

Kunde Kloster Triefenstein, www.kloster-triefenstein.de

Problemstellung Anbindung der französichsprachigen Missionsstation Vanga

Lösung Anwendersoftware: Sage KHK Office Line 100, Version 3,1, Module: Rechnungswesen und Warenwirtschaft, Language Kit Französisch

Dienstleister MS-Consult EDV-Management und Systemberatung GmbH, www.msc24.de

Technologie-Lieferant Sage KHK Software GmbH & Co. KG, www.sage-khk.de

Kontaktaufnahme Messekontakt, MS-Consult bot als einziger Sage-Partner eine mehrsprachige Oberfläche an

Verhandlungsdauer zwei Wochen

größte Herausforderung Support via E-Mail und Internet nach Kongo

unerwartete Schwierigkeiten Lokalisierungen für Kongo; Anpassungen an das dortige Recht

Implementierungsdauer vier Personentage

Arbeitsaufwand des Dienstleisters acht Personentage

Kostenumfang des Projekts 12.000 Euro

Kostenaufteilung jeweils die Hälfte für Softwarelizenzen und Dienstleistungen

Service- und Wartungsverträge Wartungsvertrag für Module und Clients direkt mit Sage KHK; Wartung der Sprachversion durch MS-Consult

Schulung Schulung des Key-Users in Deutschland

Benefit für Kunden einfacheres Arbeiten; einheitliche Software im Kloster und in der Missionsstation

Benefit für den Dienstleister wichtige Referenz für das weit gehend automatisierte Software-Upgrade via Internet

Kommentar

Mit Internationalisierung Kunden gewinnen

Zugegeben, das vorliegende Projekt ist ungewöhnlich. Kunden in Schwarzafrika werden die Ausnahme bleiben. Dennoch zeigt diese Fallstudie, dass man mit geringen Mitteln und viel Kreativität auch in ausweglos erscheinenden Situationen die passende Lösung finden kann. So hat sich MS-Consult mit der Sprachan-passung der Sage-Software eine luktrative Nische geschaffen.

Dr. Roland Wiltscheck

rwiltscheck@computerpartner.de

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