Was den Fachhandel von Heidi Klum unterscheidet

06.05.2004

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Herrn Dr. Karl-Heinz Sebastian

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München, 03.05.2004

Was den Fachhandel von Heidi Klum unterscheidet

Sehr geehrter Herr Dr. Sebastian,

weil die deutschen Verbraucher zu wenig Geld ausgeben, liefern sich Industrie und Handel eine gnadenlose Preisschlacht, um überhaupt noch etwas zu verkaufen. Mit diesem Verhalten schaufeln sich immer mehr Firmen ihr eigenes Grab, denn die Margen bleiben dabei auf der Strecke. Sie, sehr geehrter Herr Dr. Sebastian, gelten als Spezialist für Preisstrategien und haben sich mit der Thematik intensiv auseinander gesetzt. Vor kurzem landete eine Pressemitteilung aus Ihrem Hause auf meinem Schreibtisch, in der Sie fordern: Schluss mit den Tiefpreisen! Industrie und Handel müssen die Preise erhöhen.

Ich fürchte, dieser Forderung ergeht es wie der Empfehlung "Esst mehr Obst" oder "Treibt mehr Sport". Jeder stimmt zu, aber keiner tut es. Pure Theorie. Oder wollen Sie etwa zu - fürchterlich verbotenen - Preisabsprachen aufrufen?

Was mich an Ihren Aussagen mehr interessierte, war der Passus, in dem Sie auf den Fachhandel eingehen. Sie stellen ganz richtig fest, dass es dem Fachhandel nicht gelingt, sich "durch herausragende Servicequalität und zusätzliche Dienstleistungen dem Preiskrieg zu entziehen". Meine Meinung: Natürlich kann sich der Fachhandel dem Preiskrieg nicht entziehen. Würde er dies tun, würde er sich selbst aus dem Wettbewerb herauskatapultieren.

Es ist dies ähnlich, wie wenn sich ein Mann eine Frau sucht. Der attraktive Preis ist gleichzusetzen mit der Schönheit der Frau. Daneben gibt es noch die so genannten "inneren Werte", die, wie wir alle ja wissen, eigentlich viel wichtiger sind. Bei einer Frau zählen zu den inneren Werten unter anderem Humor, Intelligenz, Treue, Zärtlichkeit und so weiter. Im Fachhandel wären die "inneren Werte" zum Beispiel Kompetenz und Freundlichkeit des Personals, Kulanz, Liefer- und Installationsservice et cetera.

Nun ist es so: Eine Frau, die potthässlich ist, hat nur eine sehr geringe Chance, dass man ihre inneren Werte überhaupt wahrnimmt, weil sich nämlich erst gar kein Mann für sie interessiert. Sicher, eine Frau muss nicht aussehen wie Heidi Klum (Foto) oder Naomi Campbell, um eine Chance bei uns Männern zu haben, aber sie darf eben auch kein Gesicht zum Eier abschrecken haben. Genauso ist es beim Fachhandel: Wenn der meilenweit vom geltenden "Schönheitsideal", also den Top-Preisen entfernt liegt, dann hat er von vorneherein nicht die geringste Chance, dass sich jemand für ihn interessiert. Und wie auch nicht jede Frau ein Gesicht haben muss wie ein Model auf der Titelseite der Vogue, muss auch der Fachhandel nicht den absoluten Spezial-Sonderpreis bieten, aber er darf auch keine "Apothekenpreise" verlangen (weil er ja so tolle "innere Werte" hat).

Natürlich hat es eine Frau, die nicht so überirdisch aussieht wie Heidi Klum, schwerer im Kampf um die Aufmerksamkeit der Männerwelt. Aber dafür halten die Beziehungen möglicherweise länger.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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