Was Innovation ist, bestimmt in Zukunft der Kunde

24.10.2002
Wie jedes Jahr auf der Systems trafen sich die Big Player der IT-Branche am Mittwoch mit "Computerwoche"-Chefredakteur Christoph Witte zur so genannten "Elefantenrunde". Dabei gingen sie der Frage nach, ob sich im Bereich ITK das Innovationstempo verlangsamt.

Verlangsamt sich das Innovationstempo?" Dieser Frage stellten sich im Sys-tems-TV-Studio in Halle B1 die Schwergewichte der deutschen IT-Industrie. Mit dabei waren Microsofts Deutschland-Geschäftsführer Kurt Sibold, dessen Oracle-Pendant Rolf Schwirz, Mathias Schädel, seines Zeichens Vice President und Geschäftsführer Central Europe bei Direktanbieter Dell, Jürgen Frischmuth, Bereichsvorstand von Siemens Business Services (SBS), und Luis Praxmarer, Managing Director der Meta Group. Moderiert wurde die so genannte "Elefantenrunde" am Systems-Mittwoch von Christoph Witte, Chefredakteur der ComputerPartner-Schwesterzeitschrift "Computerwoche". Gleich zu Anfang gab er das richtige Stichwort, das von allen Diskutanten dankbar aufgenommen wurde: "Hat sich die Innovation vielleicht nur in der Wahrnehmung verlangsamt?"

Verlangsamt hat sich das Wachstum, nicht, aber die innovative Kraft der Branche, darin waren sich alle einig. Microsoft-Chef Sibold wies darauf hin, dass Themen wie Trust-Worthy-Computing, Sicherheit und Interoperabilität sich natürlich nicht so in den Vordergrund drängen wie so manche Hype-Themen in der Vergangenheit. Dell-Zentraleuropachef Schädel wartete mit etlichen Zahlen und Fakten auf. So verbreiteten sich gute Technologien wie die DVD wesentlich schneller als früher. Die Server-Dichte sei in den letzten drei bis vier Jahren um das 20fache gesteigert worden. Letztes Jahr wurden 55 Milliarden Dollar weltweit in die Forschung und Entwicklung gesteckt, wobei der Anteil der proprietären Technologien von 40 auf 15 Prozent zurückgegangen sei. Der Trend gehe zu offenen Standards, welche die Hersteller zwingen, gemeinsam gute Lösungen zu entwickeln, die dann vom Markt angenommen werden. "Die Value- und Prozessintegration, wie sie heute in den Unternehmen forciert wird, ist auch eine Art Innovation und bringt langfristig einen starken Schub an neuen Innovationen", erklärt Praxmarer von der Unternehmensberatung Meta Group.

SBS-Bereichsvorstand Frischmuth zufolge dürfe die Industrie den Anwender nicht mit ständig neuen Entwicklungen konfrontieren, sondern ihm auf Grundlage der bestehenden Innovationen Gelegenheit geben, ihre Prozesse zu verbessern und Nutzen zu generieren. Große deutsche Unternehmen hätten sich über Jahre mit den besten Produkten eingedeckt, die es auf dem Markt zu kaufen gebe, und dabei versäumt, ihre Daten zu konsolidieren und Prozesse zu automatisieren, meint Oracle-Chef Schwirz. Im Zuge der Konsolidierung sei es nun an der Zeit, einige "heilige Kühe" zu schlachten, an denen die Firmen aus Interesse des Investitionsschutzes festhalten, was wiederum Mittel für echte Innovation freisetzen werde. Auch Service sei Innovation, könne aber nicht, wie vielfach der Eindruck entsteht, als Fluchtmöglichkeit herhalten, um überhaupt noch dauerhaft Geld zu verdienen, erklärt Dell-Manager Schädel. Kritik, dass sein Unternehmen den Service-Anteil gerade erhöht hat, weist er aber von sich.

Auch in dem waren sich die Herren weit gehend einig: Was Innovation ist, das wird in Zukunft viel stärker als bisher vom Kunden entschieden werden, wobei die Trennlinie zwischen privater und geschäftlicher Nutzung immer unschärfer wird. Themen wie Mobilität, Spracherkennung und Wireless sind Innovationen, die auch auf andere Branchen ausstrahlen. Insofern sei ITK noch immer die Zukunftsbranche schlechthin. Das Wichtigste sei aber, den Kunden von dem Nutzen und Mehrwert zu überzeugen und ihn nicht mit Versprechungen hinzuhalten, sondern dafür zu sorgen, dass sich die getätigte Investition auch möglichst bald amortisiert.

Ein Mitschnitt der ganzen Debatte befindet sich auf der folgenden Web-Seite:

www.systems-tv.com

ComputerPartner-Meinung:

Auch wenn der Eindruck entsteht, dass die ITK-Industrie gerade in einem Innovationsstau steckt, zahlt sich so manche Entwicklungsleistung erst Jahre später aus und trägt ihre Früchte in einer Ecke, in der man sie gar nicht erwartet hätte. Bestes Beispiel ist der Erfolg der SMS. Begrüßenswert ist, dass die Großen der Branche endlich erkannt haben, dass sie gemeinsam an einem Strang ziehen müssen, um die Forschung für die Zukunft voranzutreiben, statt jeder für sich in proprietären Gefilden herumzuwurschteln. (kh)

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