Was kann der Design-PC?

10.01.1998

MüNCHEN: Mit großem Tamtam setzt Apple den iMac in Szene - auch der deutsche Medien-Auftritt war sehenswert. Die Reinkarnation des All-in-one-Prinzips verspricht alles, was das Anwenderherz begehrt. Der amerikanische Verkaufsstart soll alle Rekorde gebrochen haben. ComputerPartner hat sich das Versprechen-/Leistungsverhältnis genauer angesehen.Die Schachtel geöffnet, den iMac am GehÑusegriff mit einer Hand aus der Schachtel gezogen, Netzkabel angeschlossen, Tastatur und Maus eingesteckt - fertig ist die Basisinstallation des Apple-Neulings.

Bei Bedarf lassen sich zusätzlich USB-Geräte, Soundhardware wie Mikrofon und Lautsprecher sowie Ethernet-Geräte beziehungsweise -Netzwerke mit dem Gerät verbinden. Für die Kommunikation mit Notebooks sorgt eine integrierte Infrarotschnittstelle an der Gerätevorderseite. Intern arbeiten ein G3-Prozessor mit 233 Megahertz, 32 Megabyte Arbeitsspeicher und eine 3D-beschleunigte Grafikkarte.

Über allem thront ein 15-Zoll-Bildschirm, der qualitativ zu den technischen Highlights des Rechners gehört. Die Sektion Massenspeicher wird von einer IDE-Festplatte mit vier Gigabyte und einem 24-fach-CD-ROM- und -DVD-Laufwerk, ebenfalls IDE, bestritten. Das Gehäuse ähnelt einer abgeschnittenen Flugzeug-Nase und wirkt ungemein aerodynamisch.

Nun fragt der (Power-)Mac-User sofort: Was ist mit SCSI- und Apple-Talk-Schnittstelle? Antwort: Nichts. Der PC-User vermißt auf Anhieb den Parallelport. Ein Diskettenlaufwerk oder eine Alternative dazu vermissen alle. Hier setzt Apple vollständig auf den Universal Serial Bus. Eine zweite Möglichkeit ist die Ethernet-Schnittstelle, die sich auf 10 und 100 Megabit pro Sekunde versteht, allerdings nur über einen UTP-Anschluß verfügt. Zugegeben: Für ein Consumergerät ist das nicht so wesentlich. Wesentlich wird es dann, wenn Apple davon ausgeht, man könne über diese Schnittstelle auch Drucken. Nun sind Ethernet-Module für Drucker jedoch ein kaum mit Gold aufzuwiegendes Zubehör. In den meisten Fällen kostet das passende Kit nämlich fast soviel wie der Drucker selbst. In den Staaten macht das allerdings ganz anders Sinn: Dort sind die schnellen Internetanschlüsse einschließlich Kabelmodem-Verbindungen seit jeher Ethernet-Anschlüsse. Wer hierzulande schneller als mit einem 56k-Modem ins Internet will, sollte sich schon Mal nach einem passenden USB-ISDN-Adapter umsehen. Dieser gehört aber derzeit noch zu den exotischeren Geräten - genauso wie etwa der Tintenstrahldrucker "Stylus Color 740" von Epson, der als einer der ersten Drucker über eine USB-Schnittstelle verfügt. Alternativ dazu gibt es einen USB-Parallel-Konverter, den es aktuell aber noch nicht zu kaufen gibt.

Installation: Windows-Like

Was ComputerPartner also getestet hat, ist ein Rechner, der nichts auf Wechselmedien speichern, nichts drucken kann und in Ermangelung eines Modemkabels nicht mal ins Internet gekommen wäre. Laut Hersteller liegen der endgültigen Verkaufsversion sowohl eine deutsche Tastatur (im Test gab es nur eine Englische), als auch ein passendes Modemkabel, jede Menge Software auf CD-Roms und Handbücher zum System bei. Zugegeben war unser Gerät ein Vorserienmuster, daß nach etwa drei Wochen Terminierung bei uns am Tag vor dem Verkaufsstart einging. Böses denkt, wer den deutschen Marktanteil von Apple mit dieser Strategie in Zusammenhang bringt.

In einem US-Werbespot verspricht Apple den Internet-Zugang in knapp neun Minuten nach dem öffnen des Kartons. Wenn man zügig auspackt und sich der gewählte Internet-Provider an die Nomenklatur des Mac OS 8.1-Betriebssystemes hält, läßt sich das vielleicht schaffen. Ein Assistent geleitet, im Prinzip wie unter neueren Microsoft-Betriebssystemen, den Anwender Schritt für Schritt zu einem funktionierenden Internet-Zugang. Selbstverständlich sollte man die IP-Nummer des Nameservers, den Namen des Proxy-Servers und andere Internet-Kennziffern bereithalten. Verwirrend wird es jedoch bei der Konfiguration der E-Mail-Sektion. Hier mußten die Tester die Dialogfelder mehrmals vorwärts und rückwärts durchgehen, bis klar war, wo Mail-Adresse, Mail-Server, POP-Account und gegebenenfalls POP-Kennwort eingetragen werden müssen.

Ansonsten ist der iMac ein prima Mac, der eben ein wenig anders aussieht und ziemlich flott ist. Und obwohl der halbdurchsichtige Kunststoff in weiß und türkis kein Vertrauen erweckt, ist der iMac ein recht solides Gerät. Mit zwei Ausnahmen: Die Aufstellfüße für Tastatur und Monitor sind ziemlich wackelig und die Schublade des CD-Rom-Laufwerks ist so windig, daß es guten Gewissens nicht möglich ist, eine CD mit einer Hand einzulegen. Ansonsten ist die Hardware tadellos.

Apple empfiehlt unverbindlich 2.998 Mark. Der iMac ist sicher in einigen Punkten vergleichbaren PCs überlegen. Allerdings bekommt der Käufer hierzulande für die gleiche Summe problemlos einen ordentlichen PC mit 15-Zoll-Monitor, einer internen ISDN-Karte oder wahlweise einem Analog-Modem, einem hübschen Tintenstrahldrucker und einer Soundkarte nebst Boxen.

Das Gerät ist vernetzt dann aber schneller, druckt und auf Diskette speichert. Bis der iMac mit Zubehör diesen funktionellen Vorsprung einholt, dürften derzeit wahrscheinlich weitere 1.000 bis 1.500 Mark für Zubehör fällig sein, wenn es dieses überhaupt schon gibt.

Zum Thema Händler-Support gibt es bei Apple nicht viel zu melden: Wer für mehr als zwei Millionen Mark an Apple-Produkten umsetzt, darf in den Kreis der derzeit 58 autorisierten Apple-Händler. Hier wird man direkt beliefert und hat auch sonst einen relativ guten Draht zum Hersteller. Unterhalb dieser Grenze geht der Warenverkehr und der gesamte Support ausschließlich über die Distributoren. Diese entscheiden etwa auch, wer Zugang zum Apple-Intranet hat, das zusätzliche Informationen bereithalten soll.

Letztendlich läßt sich schwer sagen, wen oder was der iMac angreift. Auch mit Mac-Bonus ist er jedenfalls zu teuer - spätestens dann, wenn der Kunde ihn zu einem halbwegs vollständigen Rechner aufrüsten möchte. (gr)

Der Apple iMac sucht in Deutschland Anschluß - ist er nur ein optischer Leckerbissen?

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