Was tun gegen Produktpiraterie?

08.07.2004
Im Urlaub findet man sie häufig: "Rolex-Uhren" für zehn Euro, Marken-Shirts für fünf Euro - billige Plagiate. Die tauchen inzwischen in jeder Branche auf. Wie sich ein IT-Unternehmer vor Plagiaten schützen kann, erklärt Rechtsanwalt Thomas Feil.

Was ist eine Marke? Um ein Bildzeichen, eine bestimmte Tonfolge oder eine besondere Grafik vor "Nachahmern" zu schützen, sollte ein IT-Unternehmer diese Zeichen als Marke eintragen lassen. Nur so kann ein anderweitiger Gebrauch von identischen oder verwechslungsfähigen Zeichen vom Inhaber der geschützten Marke unterbunden werden. Die Eintragung erfolgt nach einem besonderen Verfahren, das im Markengesetz (MarkenG) und der Markenverordnung (MarkenV) geregelt ist.

Als Marke können Zeichen geschützt werden, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Das Markengesetz nennt in § 3 folgende schutzfähigen Zeichen:

- Wörter

- Abbildungen

- Buchstaben

- Zahlen

- Hörzeichen

- dreidimensionale Gestaltung, einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung

- sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen.

Inhaber von eingetragenen und angemeldeten Marken können natürliche Personen, juristische Personen oder Personengesellschaften sein, die Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen können, beispielsweise eine GmbH oder OHG.

Wie entsteht der Markenschutz?

Das Schutzrecht an einer Marke kann auf zwei Wegen erworben werden.

1. Entweder wird die Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister eingetragen oder

2. ein Zeichen erlangt ohne Eintragung durch seine lang dauernde umfangreiche Benutzung im Geschäftsverkehr den Status einer Marke (Verkehrsgeltung).

Bei neu eingeführten Produkten empfiehlt es sich, baldmöglichst die Eintragung in das Markenregister zu erreichen, da der Weg, über eine lang dauernde umfangreiche Benutzung einen Markenschutz zu erreichen, mit einigen Risiken verbunden ist. Die Frage, ob ein Zeichen innerhalb beteiligter Verkehrskreise den Status einer Marke erworben hat, wird anhand des Einzelfalles beurteilt.

Um eine entsprechende Verkehrsgeltung nachweisen zu können, wird in der Regel ein Umfragegutachten erstellt. Der Beweiswert solcher Meinungsumfragen wird von den Gerichten allgemein anerkannt.

Markenschutz durch Eintragung

Um einen umfassenden Schutz zu erlangen, muss die Marke angemeldet werden. Die Anmeldung ist beim Deutschen Patent- und Markenamt schriftlich einzureichen. Jede Anmeldung erfordert nach dem Markengesetz folgende Inhalte:

- die Identität des Anmelders (Firmenbezeichnung et cetera)

- eine deutliche Darstellung, gegebenenfalls eine Beschreibung des Zeichens beziehungsweise

- der Marke

- ein Verzeichnis der Waren oder Dienstleis-tungen, für die die Eintragung beantragt werden soll.

Mit der Anmeldung sind Gebühren an das Deutsche Patent- und Markenamt zu zahlen. Sie setzen sich zusammen aus einer Anmeldegebühr und aus Klassengebühren für die Klassen der gesetzlichen Einteilung, in welche die in der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistung einzustufen sind.

Die Anmeldegebühr beträgt 300 Euro; sie ist eine Pauschalgebühr. Sie umfasst die Kosten für die Eintragung in das Markenregister, für die Veröffentlichung der eingetragenen Marke und eine etwaige weitere Veröffentlichung über den Ausgang eines Widerspruchsverfahrens. Die Höhe der Klassengebühr richtet sich nach der Anzahl der Klassen, für die die Marke eingetragen werden soll. Die Angabe von drei Waren- beziehungsweise Dienstleistungsklassen ist mit der Anmeldegebühr abgegolten, jede weitere verursacht Kosten von 100 Euro.

Vergabe eines Aktenzeichens

Die Anmeldung auf dem vorgeschriebenen Formular mit allen Anlagen geht beim Deutschen Patent- und Markenamt ein und erhält dort ein Aktenzeichen. Das Datum des Eingangs wird sofort festgehalten, da die Anmeldungen einer Marke nach dem Prioritätsprinzip behandelt werden. Dem Anmelder wird dann eine Empfangsbescheinigung übersandt. Die Markenstelle prüft den Antrag auf Mängel und Eintragungshindernisse.

Liegen alle gesetzlichen Erfordernisse vor, so erhält der Antragsteller eine Eintragungsurkunde und eine Bescheinigung über alle eingetragenen Angaben. Darüber hinaus wird die Eintragung im Markenblatt veröffentlicht. Mit dem Erscheinungsdatum beginnt die dreimonatige Widerspruchsfrist zu laufen. Innerhalb der Frist haben Inhaber älterer Eintragungen oder bekannter Marken Gelegenheit, die Veröffentlichung zu prüfen und Widerspruch einzulegen. Wird kein Widerspruch eingelegt, bleibt es bei der Eintragung. Das Deutschen Patent- und Markenamt trägt dann im Register ein und veröffentlicht, dass kein Widerspruch eingelegt wurde. Das Register ist öffentlich und kann von jedermann eingesehen werden.

Überwachung der Marke

Wer seine Marke wirksam verteidigen will, muss den Markt und alle neuen Markeneintragungen überwachen. Für Unternehmen, die nur wenige Marken zu verteidigen haben und nicht über ausreichende Spezialkenntnisse auf dem Gebiet des Markenrechts verfügen, bietet es sich an, einen Rechtsanwalt oder Patentanwalt mit der laufenden Überwachung zu beauftragen. Der beauftragte Anwalt wird seinem Auftraggeber in regelmäßigen Abständen die Kollisionsmeldungen übersenden, verbunden mit einer Beurteilung der Widerspruchsaussichten.

Schutz des Markenrechts

Die häufigsten Verletzungen von Markenschutzrechten sind die Herstellung und der Vertrieb von identischen oder ähnlichen Waren, die unter der Marke vertrieben werden, die Fälle also, die im allgemeinen Sprachgebrauch unter dem Begriff Produktpiraterie zusammengefasst werden.

Dem Markeninhaber stehen verschiedene Ansprüche gegen so genannte "Markenverletzer" zu.

Unterlassungsanspruch

Zunächst besteht die Möglichkeit, den Verletzer seiner Marke auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen, unabhängig davon, ob der Verletzer gutgläubig oder bösgläubig gehandelt hat. Ein solcher Unterlassungsanspruch besteht gemäß § 14 Abs. 5 MarkenG, wenn die Gefahr besteht, dass die Verletzung wiederholt wird.

Nach der Rechtsprechung ist die Wiederholungsgefahr erst dann gebannt, wenn der Verletzer in einer ausdrücklichen Unterlassungserklärung eine eindeutige und durch das Versprechen einer Vertragsstrafe abgesicherte Verpflichtung zur Unterlassung übernommen hat.

Schadensersatzanspruch

Ein Anspruch auf Schadensersatz besteht für den Markeninhaber nur, wenn der Verletzer schuldhaft, das heißt vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat (§ 14 Abs. 6 MarkenG). Hierbei genügt schon eine leichte Verletzung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Sorgfältig im Verkehr handelt, wer zumutbare Nachforschungen anstellt, bevor er eine Marke einsetzt. Wer sich überhaupt nicht erkundigt, handelt immer fahrlässig. Schuldhaft handelt insbesondere, wer die Markenverletzung fortsetzt, obwohl er zuvor abgemahnt wurde.

Ein Schaden, der durch die Markenverletzung entstanden ist, kann auf drei Arten berechnet werden:

1. Der Markeninhaber kann den Gewinn geltend machen, der ihm infolge der Markenverletzung entgangen ist. Ein entsprechender Nachweis ist allerdings schwer zu führen.

2. Er kann verlangen, dass der Verletzer den selbst erzielten Gewinn herausgibt.

3. Der Markeninhaber kann Schadensersatz in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr verlangen, also denjenigen Betrag, den er vernünftigerweise bei einer vertraglichen Benutzungserlaubnis mit einem Lizenznehmer vereinbart hätte.

Auskunftsanspruch

Der Auskunftsanspruch des Inhabers des verletzten Markenrechts dient einerseits zur Berechnung des ihm zustehenden Schadensersatzes und andererseits dem Vorgehen gegen kriminelle Machenschaften von Produktpiraten.

Jeder, der das Markenrecht verletzt, hat dem Markeninhaber unverzüglich Auskunft über Herkunft und Vertriebsweg der Waren zu erteilen; er hat Namen und Anschriften von Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzern, von Abnehmern und Auftraggebern zu nennen sowie Angaben über die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren zu machen (§ 19 MarkenG).

Dieser Auskunftsanspruch richtet sich jedoch nur gegen denjenigen, der im geschäftlichen Verkehr tätig ist. Privatpersonen, die zum Beispiel Piratenware in Besitz haben, sind nicht verpflichtet, ihre Einkaufsquelle anzugeben.

Vernichtungsanspruch

Um sicherzustellen, dass die Plagiate nicht wiederholt in Verkehr gebracht werden, kann der verletzte Markeninhaber, der einen Unterlassungsanspruch hat, zusätzlich deren Vernichtung verlangen (§ 18 MarkenG). Zu vernichten sind alle widerrechtlich gekennzeichneten Gegenstände, wie zum Beispiel Verpackungsmaterial, Etiketten, Druckvorlagen oder Filme.

Löschungsanspruch

Das Gesetz gewährt dem Markeninhaber verschiedene Löschungsansprüche, falls die Eintragung nichtig ist, weil sie wegen entgegenstehender absoluter Schutzhindernisse oder wegen älterer Kennzeichnungsrechte gar nicht hätte eingetragen werden dürfen (§§ 50, 51 MarkenG) oder falls sie wegen fehlender Benutzung oder aus anderen Gründen, die im Laufe des Markenlebens entstanden sind, verfallen ist (§ 49 MarkenG).

Vorgehen

Der Markeninhaber hat verschiedene Möglichkeiten, gegen den Markenverletzer vorzugehen.

Abmahnung/Verwarnung

Unter Kaufleuten ist es Handelsbrauch, denjenigen, der ein Markenrecht verletzt, zunächst außergerichtlich - auch mithilfe eines Anwalts - zu verwarnen.

In dem Verwarnungsschreiben wird der Empfänger aufgefordert, die beanstandete Markenverletzung zu unterlassen und innerhalb einer bestimmten Frist eine durch Vertragsstrafe abgesicherte, schriftliche Unterlassungserklärung abzugeben. Nur durch eine solche Unterlassungsverpflichtung mit Vertragsstrafe wird die Wiederholungsgefahr ausgeräumt, sodass zu einer Klage kein Anlass mehr besteht.

Beschlagnahme

Erlangt der Markeninhaber Kenntnis davon, dass Ware eingeführt oder ausgeführt werden soll, deren Kennzeichnung offensichtlich sein Markenrecht verletzt, kann er bei der Zollbehörde (Oberfinanzdirektion) beantragen, solche Ware gegen Sicherheitsleistung zu beschlagnahmen (§§ 146 bis 150 MarkenG), auch wenn er den verantwortlichen Täter, Importeur oder Exporteur noch gar nicht kennt. Der Antrag hat Wirkung für zwei Jahre und kann wiederholt werden (§ 148 MarkenG).

Zivilprozess

Reagiert der Verletzer auf die Abmahnung nicht oder gelingt es nicht, ihn außergerichtlich zu bewegen, die Markenverletzung einzustellen und eine ausreichende Unterlassungserklärung abzugeben, so bleibt einem IT-Unternehmen nichts anderes übrig, als ein gerichtliches Verbot in Form einer einstweiligen Verfügung zu beantragen und/oder eine Unterlassungsklage einzureichen. Diese Klage wird meist mit einer Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und auf Auskunftserteilung, gegebenenfalls auf Vernichtung der gekennzeichneten Gegenstände und Produktvorrichtungen, verbunden.

Strafverfahren

Gewerbsmäßig betriebene Schutzrechtsverletzungen werden von Amts wegen verfolgt. Hierfür genügt es, dass der Markeninhaber Strafanzeige erstattet oder die Kriminalpolizei auf andere Weise verdächtige Umstände erfährt. Die Höchststrafe beträgt drei Jahre oder Geldstrafe (§ 143 Abs. 2 MarkenG).

Tipp

Nutzen Sie für ihr Unternehmen aktiv das Markenrecht, um originelle Firmennamen und Produktbezeichnungen zu schützen. Sie können so ihre Marken aktiv im jeweiligen Markt durchsetzen und einen entsprechenden Markenwert auch in der Bilanz ausweisen.

Steckbrief

Thomas Feil

Thomas Feil arbeitet seit 1994 als Jurist und ist derzeit in Hannover als Anwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei von Hartmann & Partner tätig. Zu seinen weiteren Schwerpunkten gehören EDV-, Internet- und Wettbewerbsrecht.

Kontakt: www.recht-freundlich.de

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